Die Fankurven versuchten sich mit Choreographien und Anfeuerungsboykott gegen die von der DFL neu anvisierten Anstoßzeiten zur Wehr zu setzen. "Das wird es aber auch zu Beginn der neuen Saison geben", sagt Mathias Radowski, Mitarbeiter des Bündnisses aktiver Fußballfans (BAFF). "Allerdings werden viele erst jetzt aufwachen", glaubt der Fanarbeiter. Denn die wenigsten Fans seien sich darüber im Klaren, wie die konkreten Ansetzungen der DFL im Zuge der Änderungen nun wirklich aussehen und werden es erst beim Ticketkauf realisieren.
Dabei kommt die 1. Liga mit ihren Anstoßzeiten noch relativ gut weg. Einzig das Topspiel am Samstagabend 18:30 Uhr ist neu, zudem wird ein Sonntagspiel auf 15:30 Uhr vorgezogen. Für viele treue Anhänger ist hier jedoch die Schmerzgrenze schon längst überschritten. "Sonntagspiele können die meisten sowieso nicht ab, und jetzt müssen sich viele Fans entscheiden: Amateurfußball oder ins Stadion. Aktive Fußballer und gleichzeitige Dauerkarteninhaber haben immer mehr den schwarzen Peter", erläutert Philipp Markhardt vom Aktionsbündnis "ProFans".
Noch schlimmer sehen die Faninitiativen die Ansetzungen der 2. Bundesliga. »Das ist natürlich unmöglich, die ganze Aufsplittung von Freitag bis Montag«, meint Axel Pannecke vom BAG-Fanprojekt Berlin. Mit 13:00 Uhr und 13:30 Uhr gibt es nun zwei verschiedene Anstoßzeiten für die sonntägliche 2. Liga. Besonders die kurzfristigen Ansetzungen der Spieltage durch die DFL seien den meisten Fans ein Dorn im Auge. Das Pay-TV will sich immer die aktuell attraktivsten Partien reservieren. Dadurch bestimmt es die Anstoßzeiten der jeweiligen Klubs.
Der Fangroll geht ins Uferlose
Treue Fans können ihre Auswärtsfahrten nie Monate im voraus planen. Ständig müssen sie damit rechnen, dass aufgrund der Terminierung ihr Verein in den nächsten Wochen von ihnen nicht unterstützt werden kann. Wenn das Topspiel der zweithöchsten deutschen Spielklasse am Montagabend dann auch noch zwei Mannschaften auflaufen sieht, die hunderte von Kilometern auseinander liegen (letzte Saison bei Rostock-Freiburg 933km!) geht der Fangroll gegen DFL, private Fernsehsender und Pay TV ins Uferlose.
"Ich denke die DFL wird ihre Prinzipien ändern müssen und den geschlossenen Vertrag keine vier Jahre durchhalten", sagt Mathias Radowski von BAFF. Philipp Markhardt (ProFans) sieht auch in der Terminierung keine finanzielle Rechtfertigung seitens der DFL, denn "das Geld, was die DFL bekommt, ist nicht mehr als letztes Jahr. Der Rechtevertrag rechtfertigt diese Terminierung nicht." Es scheint fast so, als wollte die Liga dem neu eingestiegenen Bezahlsender Sky Deutschland die kostspieligen Rechte mit exklusiven Anstoßzeiten schmackhaft machen.
Die Stadionbesucher sind in diesem Kalkül nur eine anonyme Masse, auf die im Ernstfall auch einmal in gewissen Stückzahlen verzichtet werden kann. "Die Zuschauerzahlen interessieren die Vereine weniger aus finanzieller Hinsicht, mehr aus Imagegründen", meint Markhard. Das Event Bundesligaspiel habe sich so etabliert, dass kaum mit einem großen Besucherschwund bei den betroffenen Partien zu rechnen sei. Laut Radowski würde es den Klubs ohnehin nicht weh tun, wenn am Sonntag um 15:30 Uhr viele Fans lieber zu ihren Amateurvereinen gehen. Denn was wirklich zähle, seien die TV-Gelder. Diese können die Bundesligaklubs vor anstehenden Protestaktionen aber auch nicht schützen.