Trainer Bruno Labbadia setzte vor seinem wohl bevorstehenden Rauswurf zum großen Rundumschlag an, die Leverkusener Spieler äußerten unverhohlen Kritik am ungeliebten Coach, und die Verantwortlichen machten gute Miene zum bösen Spiel.
Nach dem enttäuschenden 0:1 (0:0) gegen Werder Bremen im DFB-Pokalfinale in Berlin war es mit der einst so heilen Fußball-Welt bei Bayer endgültig vorbei. "Wir haben einiges aufzuarbeiten", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser vor dem großen Krisengipfel am Dienstag und kritisierte Labbadia für seinen Interview-Marathon zur Unzeit: "Stil und Zeitpunkt waren unglücklich. Wir müssen jetzt versuchen, einen Kompromiss zu finden."
Wolfgang Holzhäuser (Foto: firo).
Dieser Kompromiss kann eigentlich nur auf eine Entlassung des 43-Jährigen hinauslaufen. Einen Tag vor dem Finale hatte Labbadia, der beim Hamburger SV als Nachfolger von Martin Jol im Gespräch sein soll, Spieler und Verantwortliche harsch kritisiert und damit wohl endgültig jede Basis für eine weitere Zusammenarbeit zerstört. Die Mannschaft müsse raus aus der Komfortzone, sagte Labbadia und machte auch vor den Bayer-Bossen, insbesondere Manager Michael Reschke, nicht halt: "Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als wenn Menschen Intrigen spinnen und auch nichts auf den Tisch bringen, wenn etwas im Raum steht."
Sportchef Rudi Völler dürften die Aussagen keineswegs gefallen haben, der Weltmeister von 1990 bewahrte aber Haltung. Nach ein paar warmen Worten für Labbadia ("Hat großes Potenzial") wurde dann aber auch Völler deutlich: "Es haben sich einige Dinge angestaut. Es kommt alles auf den Tisch. Das machen wir sehr intern und sehr direkt, dann sehen wir weiter."
Das Tischtuch zwischen Spielern und Trainer ist aber offenkundig zerschnitten. "Normalerweise ist man von dem Verein gewöhnt, dass es ruhig zugeht. Da ist es schon komisch, solche Schlagzeilen zu lesen. Das hätte auch nächste Woche in der Zeitung stehen können. Aber das ist nicht mein Interview, nicht meine Baustelle. Wir haben uns jedenfalls nicht unprofessionell verhalten", meinte Patrick Helmes.
Stefan Kießling (Foto: firo).
Stefan Kießling antwortete auf die Frage nach der Zukunft des Trainers vielsagend: "Das ist schwer zu sagen, wenn man eine Rückrunde so katastrophal spielt." Die Spieler werden aber laut Holzhäuser bei der Trainer-Entscheidung nicht mehr gefragt: "Die bekommen zum Monatsende pünktlich ihr Gehalt. Die Verantwortung übernehmen aber wir."
Nach dem Absturz in der Liga auf Platz neun konnte Bayer den Schalter im Cup-Finale nicht mehr umlegen. Die Werkself war den Bremern klar unterlegen. "Durch den DFB-Pokal konnten wir die Saison noch etwas kaschieren. Es gibt viele Gründe für den Einbruch, ich will aber nicht näher darauf eingehen", sagte Kapitän Simon Rolfes, um schließlich im Hinblick auf das Spiel Labbadia noch einen mitzugeben: "Wenn man zurückliegt, sollte man schon mehr Risiko gehen." Rolfes sprach damit Labbadias schwer zu verstehende Entscheidung an, erst in der 85. Minute einen dritten Stürmer einzuwechseln. Er habe nicht soviele Schwachpunkte gesehen, begründete der Trainer seine Entscheidung: "Die Mannschaft hat bis dahin gut gespielt."
Einwechslung hin oder her - das Verlierer-Image bekommt Leverkusen jedenfalls nicht los. "Ich bin jetzt seit elf Jahren hier und habe stolze sechs Vize-Titel erlebt. Das tut unendlich weh", sagte Holzhäuser. Der geladene Ex-Trainer Klaus Toppmöller, der 2002 mit Bayer alles verspielt hatte, konnte dem auf der Saison-Abschlussfeier in einem umgebauten Schwimmbad am Prenzlauer Berg nur zustimmen. Labbadia hatte sich im Gegensatz zur Mannschaft da schon rar gemacht - auch ein Zeichen, das auf Abschied hindeutete.
Bayer verpasste damit zum zweiten Mal in Folge das internationale Geschäft. Fraglich bleibt, in wieweit die Mannschaft zusammengehalten werden kann. Der Schweizer Nationalspieler Tranquillo Barnetta liebäugelt bereits mit einem Abschied, dafür dürfte der vom VfB Stuttgart umworbene Patrick Helmes wohl bleiben: "Ich habe noch einen Vertrag bis 2013. Ich fühle mich wohl. Die Mannschaft hat noch einiges vor sich. Deshalb bin ich mit Sicherheit nächste Saison hier." Labbadia kann das nicht von sich behaupten.