Durch den Sieg in Bielefeld und zwei freie Tage hat sich die Aufregung beim deutschen Rekordmeister vorerst gelegt, doch schon ein Punktverlust gegen Schalke 04 würde für neue Stürme bei den erfolgsverwöhnten Münchnern sorgen. Ein Sieg ist also Pflicht, um im Meisterschaftsrennen und im Kampf um den eigenen Job die Chancen zu wahren. Klinsmanns Tanz auf der Rasierklinge geht weiter.
"Wir wissen alle, was Sache ist. Es kommen vier heiße Wochen auf uns zu. Wir wollen die Maximalpunktzahl", sagt der Trainer vor dem heutigen ersten der sechs Endspiele um den Titel (15.30 Uhr/live bei Premiere): "Wir wissen, dass Schalke eine starke Mannschaft ist, die uns alles abverlangen wird. Das wird eine heiße Kiste." Trotz des enormen Drucks wirkt Klinsmann erstaunlich entspannt, die harsche Kritik nach dem Aus in der Champions League gegen den übermächtigen FC Barcelona hat der 44-Jährige offenbar gut weggesteckt. Nimmermüde schwört der Coach auf Erfolg ein. Man habe gut trainiert, die Stimmung sei ebenfalls gut. Man müsse nur auf sich selbst schauen und "ein Spiel nach dem anderen durchziehen". Zweifel? Keine.
Vor dem Spiel gegen die zuletzt dreimal in Folge siegreichen Schalker, bei denen Marcelo Bordon weiterhin ausfällt, sei die Konstellation eindeutig, sagt Klinsmann: "Wir wollen da hin, wo wir schon das ganze Jahr hinwollen: Das ist Platz eins." Das sieht auch Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge so: "Die Tabellensituation ist klar und erlaubt nur einen Ausgang: einen Sieg!"
Um optimal vorbereitet ins Spiel zu gehen, bezog Klinsmann mit den Bayern wie vor dem 4:0 gegen Frankfurt früher als üblich Quartier im Mannschaftshotel. In Einzelgesprächen will der Coach sein Team auf ein denkbares Unternehmen einschwören, das bislang nur Udo Lattek 1986 gelang. Damals waren die Bayern die gesamte Saison über in der Verfolgerrolle, nur eben am letzten Spieltag nicht. Da standen sie auf Platz eins - und ließen sich als Meister auf dem Marienplatz feiern. Vorerst nicht mitwirken können bei diesem Unterfangen die verletzten Miroslav Klose und Breno. Ze Roberto, Massimo Oddo und Lukas Podolski sind wieder fit. Geht es nach Kapitän Mark van Bommel, werden die Wolfsburger früher oder später ohnehin abgefangen: "Wenn man 18 Punkte holt, ist man Meister. Wolfsburg gewinnt keine 16 Spiele in Folge." Andere Titel-Konkurrenten werden nicht beachtet: "Wir schauen nur nach oben." Zumindest vorübergehend könnte der Meister nach Punkten zum Tabellenführer VfL Wolfsburg aufschließen. Felix Magaths "Wölfe" treten erst am Sonntag (17.00 Uhr/live bei Premiere) beim Abstiegskandidaten Energie Cottbus an.
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Für mindestens einen Tag gleichziehen mit den Wolfsburger Himmelsstürmern könnte auch der Hamburger SV durch einen Sieg bei Borussia Dortmund, doch beim Tabellendritten beschäftigt man sich nach dem knappen Aus im DFB-Pokal gegen Werder Bremen derzeit nur am Rande mit dem Thema Titel. Erreichtes verteidigen, nicht höhere Ziele ausrufen, lautet das Credo.
"Ich habe keine Angst davor, dass jetzt alles zusammenbricht. Wir wollen am Samstag in Dortmund einen wichtigen Schritt in Richtung Champions League machen", sagt Klub-Chef Bernd Hoffmann. Von Schreckensszenarien, der HSV könne nun alles verspielen, will auch Trainer Martin Jol nichts wissen. "Wir haben eine Schlacht verloren, aber noch nicht den Krieg. Über einen Knacks mache ich mir keine Sorgen." Auch nicht durch den verletzungsbedingten Ausfall von Mladen Petric, der am Mittwoch gegen Werder eine Risswunde am Schienbein erlitten hatte.
Für die ins DFB-Pokal-Finale eingezogenen Bremer bedeutet das das Spiel gegen den VfL Bochum derweil "Ablenkung davon, auf einen Gegner fixiert zu sein", sagt Trainer Thomas Schaaf. Bereits am Donnerstag steht im UEFA-Cup das zweite von insgesamt vier Duellen gegen den HSV bis zum 10. Mai an. Bochum soll laut Schaaf "für Freiheit im Kopf sorgen".