Schalke verliert, die Fans gehen auf die Barrikaden und schreien "Müller raus!" So war es beim erschreckenden 0:2 im UEFA-Cup gegen Manchester City und sogar beim 2:2 im Testspiel gegen 1860 München. Gestern in Bochum das gleiche Bild. Ab der 57. Minute, als der VfL in Führung gegangen war, konzentrierte sich die Wut der Anhänger auf die Person des Managers.
Der hielt sich auch nach der Schmach im kleinen Revierderby an sein nunmehr zehn Tage andauerndes Schweigegelübde und verschwand nach dem Abpfiff wortlos in den Katakomben. Während auch der Vereinsvorsitzende Josef Schnusenberg nichts sagen wollte, äußerte sich sein Vorstandskollege Peter Peters bereitwillig. "Der Auftritt war sehr enttäuschend. Ich verstehe die Leute, die jetzt ihren Unmut äußern. Die Fans kommen Woche für Woche mit großen Hoffnungen ins Stadion, das geht mir genauso", gab sich der S04-Geschäftsführer als Menschen-Versteher.
Personelle Konsequenzen, so wie es das zornige Volk fordert, werde es aber nicht geben. "Wir müssen sicherlich darüber nachdenken, was wir gesehen haben", hob Peters an, ohne den Satz in die Richtung zu vollenden, wie es die Kurve fordert. "Wir setzen uns regelmäßig zusammen, aber jetzt ist das sicher auch nötig."
Das heißt, man werde bei der Fehleranalyse kritisch miteinander umgehen und alle Punkte ansprechen, die es zu verbessern gilt. Aber Köpfe sollen dabei eben nicht rollen. "Im Vorstand sollte man nicht übereinander urteilen, sondern loyal miteinander arbeiten", erklärte Peters, der sich "nicht vorstellen" kann, "dass er aufhört, aber das sollte man ihn selbst fragen". Tja, ging leider nicht, Müller war nicht zu sprechen.
Dafür äußerte sich Clemens Tönnies zur vertrackten sportlichen Situation. Der Aufsichtsratsvorsitzende war zwar nicht im Stadion, aber über das Geschehen informiert. "Ich bin weder mit dem Verlauf der Saison, noch mit dem Spiel in Bochum zufrieden", erklärte Tönnies. "Wir treffen jedoch keine Entscheidungen aus der Hüfte heraus", schloss der mächtige Unternehmer personelle Konsequenzen aus.
Immer noch außerhalb der Kritik steht offenbar Fred Rutten. Zwar ist die Zwischenbilanz unter dem mit so vielen Hoffnungen geholten Trainer vernichtend schlecht, doch der Holländer scheint über jegliche Zweifel erhaben. "Ich habe noch von keinem Vorstandsmitglied zu keinem Zeitpunkt etwas anderes gehört", winkte Peters auf die Frage, ob Rutten Schalkes Coach bleibe, ab.
Rutten selbst war nach der vierten Niederlage aus den letzten fünf Auswärtsspielen (vor Bochum waren es Leverkusen, Stuttgart und Hannover, dazwischen gab es einen Punkt in Hoffenheim) zwar bedient. Mit der Stimmungsmache gegen Müller aber kann er wenig anfangen. "Ich habe hinter mir einen gehabt, der hat 'Rutten raus' geschrieen", versuchte der 46-Jährige ein wenig von der Diskussion um den angezählten Manager abzulenken. "Ich bekomme das schon alles mit, was gerufen wird. Aber es ist doch normal, dass die Fans enttäuscht sind, wenn man gegen den vermeintlich kleinen Reviernachbarn verliert. Dafür habe ich Verständnis", betonte Rutten.
Er weiß selbst, der jetzige Aufstand der Fans ist nur ein Kaffeekränzchen gegenüber dem Ausnahmezustand, der über Schalke hereinbrechen würde, wenn auch das nächste Derby verloren geht.