Nach dem 1:2 am gestrigen Samstag in Leverkusen und somit der zweiten Niederlage in Folge gegen ein Spitzenteam beträgt der Rückstand zum Tabellenführer Bayer am 13. Spieltag acht Punkte. Platz acht als eine Momentaufnahme zu bezeichnen wäre da fatal.
Vielmehr ist es an der Zeit, beim Möchtegern-Meister aus Gelsenkirchen Grundsätzliches in Frage zu stellen - wieder einmal nach einer Pleite in Leverkusen. „Ich habe nichts zu sagen, das war einfach zu wenig“, fluchte Marcelo Bordon, bevor er den Mannschaftsbus bestieg.
In Rekordzeit waren die Verlierer des Tages vom Ort des Schreckens geflohen. Um 18:11 Uhr fuhr der königsblaue Luxusliner vom Parkplatz an der Baustelle BayArena. So waren es im Gegensatz zu den letzten verlorenen Spielen an gleicher Stelle nur vereinzelte Fans den Profis ihren Unmut mit wütenden Worten mit auf den Weg schicken konnten.
In der vorvergangenen Saison, es war der 1. Oktober 2006, musste der versammelte Schalker Vorstand noch auf dem VIP-Parkplatz an den Zaun, um die nach der 1:3-Pleite aufgebrachten Anhänger etwas zu beruhigen. Am 23. Februar dieses Jahres war es Josef Schnusenberg, der nach dem gleichen Ergebnis wie gestern laut wurde und Ex-Coach Mirko Slomka zum nicht ersten, aber entscheidenden Mal öffentlich anzählte.
Diesmal war von den Verantwortlichen nichts zu hören. Müller raste direkt nach dem Abpfiff zum Flughafen Köln/Bonn, um die 19-Uhr-Maschine nach München zu nehmen. Heute kann er dort um 11 Uhr beim Fernseh-Stammtisch erzählen, was auf Schalke gerade falsch läuft. Schnusenberg selbst wollte sich nicht äußern, also übernahm Fred Rutten den Part des Chef-Kritikers. „Wenn man so eine erste Halbzeit absolviert, hat man keinen Anspruch auf einen oder drei Punkte“, schob der Holländer Frust. „Ich bin sehr sauer und enttäuscht, dass wir so ein Spiel absolviert haben. Ich mache mir Sorgen“, gab Rutten zu. „Zu Schalke gehört Arbeit, das hat man nicht gesehen. Wir haben die Punkte weggeben, das darf eine große Mannschaft nicht machen.“
Es ist schön und richtig, dass er nicht jetzt schon den Glauben daran verliert, dass er im Sommer wirklich eine große Truppe übernommen hat. Wer allerdings nur gegen Cottbus und Karlsruhe gewinnt, aber nicht mal gegen einen Gegner aus der oberen Tabellenhälfte, der hat diesen Anspruch vorerst verwirkt. Und was die Schalker Fans ganz besonders wurmt: Erstmals seit über zwei Jahren, es war der 15. September 2007, steht Borussia Dortmund in der Tabelle wieder vor Schalke. „Wir sind alt genug, um zu wissen, was jetzt auf uns zukommt“, ahnt Jermaine Jones, dass die nächsten Tage in Gelsenkirchen ungemütlich werden.
Eitel Sonnenschein herrschte dagegen trotz des fiesen Novemberregens in Leverkusen. „Wir haben gegen einen großen Gegner gewonnen und vieles richtig gemacht. Gegen Schalke zwei Tore zu machen, ist nicht einfach, daher war der Sieg auch in Ordnung“, freute sich Erfolgscoach Bruno Labbadia. „Die Mannschaft hat sich für ihre Arbeit der letzten Wochen belohnt.“ Das würde Rutten gerne auch mal wieder sagen. Stattdessen muss sich der 45-Jährige Fragen nach seinem System gefallen lassen.
Nachdem Stefan Kießling und Patrick Helmes die Rheinländer mit 2:0 in Front gebracht hatten, überraschte Rutten kurz nach der Pause mit der Hereinnahme von Benedikt Höwedes für Fabian Ernst. „Ich habe deshalb so gewechselt, weil mit seinen läuferischen Fähigkeiten mehr Druck auf den Gegner ausüben kann“, rechtfertigte sich der bisher wegen seiner taktischen Finessen doch so gerühmte Fußballlehrer. Rutten ist in der Bundesliga und auf Schalke angekommen, allerdings auf eine ganz andere Weise, als ihm lieb sein kann.