Das Unwetter war schon eine ganze Weile zu erkennen, bevor es dann hereinbrach über Borussia Dortmund: Es brodelte in Mats Hummels, als der BVB-Abwehrchef nach dem 1:1 (1:1)-Unentschieden im Champions-League-Gruppenspiel gegen den FC Sevilla vom Platz stapfte, das war auch von den Rängen aus deutlich zu erkennen. Und der Zorn des 33-Jährigen entlud sich später am Spielfeldrand, wo der übertragende Sender Amazon Prime sein Pult errichtet hatte und in illustrer Runde die vorangegangene Partie analysierte.
Hummels stieß dazu, und er fackelte nicht lange, als er nach seiner Meinung zu diesem recht bescheidenen Kick gefragt wurde: „Es war kein gutes Spiel von uns“, urteilte er, nur die rund 20 Minuten vor der Pause fanden Gnade vor seinem strengen Blick. „Wir haben dann ein paar Minuten Dominanz gehabt“, meinte er. „Nach der Halbzeit haben wir bestimmt zwanzig Bälle leicht verloren. Das war vollkommen unnötig gegen eine verunsicherte Mannschaft.“
Woran aber hatte das gelegen? Auf diese Frage überlegte Hummels eine Weile, rang sichtlich mit sich, wie scharf er in seinem Urteil werden sollte – und meinte dann: „Nicht genug Spielintelligenz.“ Rums – das war eine scharfe Kritik an den Kollegen, die der Kapitäns-Vertreter des verletzten Marco Reus dann noch fortsetzte: „Wir haben es nicht geschafft, mit dem Ball noch einmal Druck aufzubauen. Wir haben lauter Ballverluste gehabt, haben immer in enge Räume reingespielt. Fußball ist eigentlich ein simples Spiel, aber wir machen es immer selber kompliziert.“
Hummels: „Es muss aus manchen Köpfen raus, dass Fußball sexy sein muss"
Immer grundsätzlicher wurde der wütende Hummels: „Es muss aus manchen Köpfen raus, dass Fußball sexy sein muss, dass erfolgreicher Fußball nicht Hacke, Spitze eins, zwei, drei auf fünf Metern ist, sondern dass ein Spieler immer das Richtige macht und nicht manchmal nur das Besondere. Sondern dass er die richtigen Lösungen findet, die Übersicht behält, auch wenn es unruhig wird. Das versuche ich zu kommunizieren, aber es ist natürlich schwierig, wenn man das Gefühl hat, dass da nicht genügend Leute sonst noch sind, die in der Lage sind, immer wieder anzuschieben.“
BVB-Trainer Terzic bemüht sich um Diplomatie
Da waren sehr viele sehr scharfe Vorwürfe dabei. Hummels ist ohnehin bekannt als einer, der gerne deutliche Worte wählt, was ihm in der BVB-Kabine keine Beliebtheitspreise einträgt. An diesem Dienstagabend aber widersprach ihm niemand, es gab ihm aber auch niemand ausdrücklich recht.
„Das sind Worte, die auch schon mal meinen Mund verlassen haben“, meinte etwa BVB-Trainer Edin Terzic, bevor er seine Kritik in deutlich diplomatischere Worte kleidete und die fehlende Klarheit und Präzision im Passspiel bemängelte – aber auch auf die Müdigkeit in der Mannschaft verwies. Eine Ausrede aber dürfe das nicht sein, meinte Terzic – und lag zumindest damit ganz auf der Linie seines kritischen Abwehrchefs.