Wie ein Damoklesschwert hing den gesamten Sonntag die "tiefgehende Analyse" der Verantwortlichen des VfL Bochum über Trainer Thomas Reis. Am Montagmittag dann die offizielle Bestätigung: Reis muss gehen. So lange die Entscheidung auf sich warten ließ, so schnell stellte sich Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian den Fragen der Medien. Dabei begründete er die Entscheidung, sprach über Anforderungen möglicher Nachfolger und Interimstrainer Heiko Butscher.
Sportliche Gründe ausschlaggebend
"Wir ziehen in erster Linie sportliche Gründe heran. Der Blick auf die Tabelle zeigt es: Wir sind Letzter mit null Punkten und haben vier Punkte Rückstand auf den nächsten Platz", so Fabian. Zusammen mit Aufsichtsratschef Hans-Peter Villis und Finanzvorstand Ilja Kaenzig habe er lange diskutiert und sei zu der Überzeugung gekommen, dass es mit Reis als Cheftrainer nicht mehr funktioniert. "Das ist keine Entscheidung, die man mal eben so aus einer Laune heraus trifft."
Fabian, der sich alleine den Pressevertretern stellte, nannte neben der tabellarischen Situation auch den Blick in die Kabine und auf den Trainingsplatz als Aspekte, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Näher ins Detail wollte er aber nicht gehen. "Alle waren bemüht, die Punkte zu holen. Aber wenn du in so eine Negativspirale kommst, verlässt dich irgendwann auch der Glaube."
Am Ende gehe es um das Wohl des Gesamtvereins, so der 34-Jährige. Dass die Entscheidung nicht jedem gefalle, sei ihm bewusst. "Wir haben abgewogen und sind davon überzeugt, dass wir nur in einer anderen Konstellation die Punkte holen und den Klassenerhalt erreichen." Die vertagte Vertragsverlängerung und Gerüchte um Schalke hätten darauf keinen Einfluss gehabt. "Letztendlich sind wir ein Profi-Klub, der in dieser Profi-Liga bleiben möchte."
Gesucht: Erfahren, klare Linie, klare Ansprache
Zu Aussagen von Aufsichtsratschef Hans-Peter Villis, der sich noch im August für einen Verbleib von Reis auch im Falle eines Abstiegs ausgesprochen hatte, wollte Fabian sich auf RevierSport-Nachfrage nicht äußern. Für ihn gehe es jetzt nur darum, schnellstmöglich einen passenden Nachfolger zu finden. "Natürlich haben wir ein gewisses Profil."
Gesucht werde nicht der klassische Feuerwehrmann, sondern ein Trainer mit Erfahrung, der wisse, worauf er sich einlässt. "Ich glaube, dass es attraktiv sein kann für einen Trainer, hier den Turnaround zu schaffen", sei eine der Hauptaufgaben, den Glauben an den Klassenerhalt zu vermitteln. "Er braucht eine klare Linie in seinem Spiel und eine klare Ansprache." Das solle keine Kritik an Reis sein, "in den letzten Wochen und Monaten war es aber kompliziert - dass darf man bei allen Erfolgen nicht wegdiskutieren."
U19-Trainer Butscher als Interimslösung
Vorerst wird der bisherige U19-Trainer Heiko Butscher die Trainingseinheiten und wohl auch die Partie gegen den 1. FC Köln (Sonntag, 18. September, 17:30 Uhr) übernehmen. Sobald ein Nachfolger gefunden ist, werde er zurück auf seinen alten Posten gehen. Ihm zur Seite steht unter anderem Marc-Andre Kruska, der in Doppelfunktion auch den Nachwuchs betreuen wird.
Auf ihnen lastet jetzt die schwere Aufgabe, bei aller verständlichen Emotionalität des Bochumer Umfeldes, den Blick wieder auf das Sportliche zu richten. "Die Mannschaft ist jetzt in der Pflicht, mit dem Trainerteam zusammen, am Wochenende gegen Köln zu bestehen. Dass es zu Widerständen kommen kann, ist uns bewusst. Da müssen wir durch. Das geht nur durch Leistung und Punkte." Letzteres konnte Thomas Reis nicht liefern.