Bis zur Bierdusche für Julian Nagelsmann dauerte es nicht lange. Verteidiger Benjamin Pavard landete beim jüngsten Münchner Meistercoach den ersten Volltreffer. Der FC Bayern ist seit Samstagabend historischer Zehn-Jahres-Meister. In einem nur in Phasen hochklassigen Bundesliga-Topspiel gegen den ewigen Rivalen Borussia Dortmund bestätigte der Rekordchampion mit einem 3:1 (2:0) seine seit 2013 anhaltende Vormachtstellung im deutschen Fußball.
Die Bierdusche habe sich „gut angefühlt“, berichtete Nagelsmann später: „Mein erster großer Titel ist sehr besonders.“ Diesen im direkten Vergleich mit Dortmund errungen zu haben, „rückt die Saison in ein besseres Licht“. 2023 solle der elfte Titelgewinn folgen.
Nagelsmann verewigte sich mit 34 Jahren als insgesamt zweitjüngster Meistercoach in der Bundesliga-Historie. Nur Matthias Sammer war beim BVB-Triumph 2002 einige Tage jünger. „Es war für mich nicht die leichteste Saison“, sagte Nagelsmann nach einigen „Nackenschlägen“.
„Wir wollten es heute unbedingt. Wir konnten uns den Frust gut von der Seele spielen - alles wunderbar jetzt“, sagte Bayern-Routinier Thomas Müller bei Sky: „Wir haben einen tollen Kader, wir haben super Spieler, aber du musst es erstmal immer wieder auf den Platz bringen. Wir sind zwölf Punkte weg von unserem schärfsten Verfolger Dortmund. In der ersten Halbzeit haben wir schon gezeigt, was Sache ist.“
Der zehnte Meistertitel nacheinander wird allerdings die einzige Münchner Trophäe in einer Saison bleiben, die in Champions League und DFB-Pokal mit dem Ausscheiden gegen den FC Villarreal und Borussia Mönchengladbach mit großen Enttäuschungen endete.
Die Offensivkräfte Serge Gnabry (15. Minute), Robert Lewandowski (34.) und der eingewechselte Jamal Musiala (83.) erzielten am Samstagabend die Bayern-Tore vor 75 000 Zuschauern in der Allianz Arena. Der BVB um den lange unsichtbaren Torjäger Erling Haaland zeigte sich erst nach der Pause auf Augenhöhe: Nach Foul von Joshua Kimmich an Marco Reus traf Emre Can vom Elfmeterpunkt (52.).
Direkt danach kam Kapitän Reus dem Ausgleich zweimal nahe: Einmal scheiterte der Dortmunder an Nationaltorwart Manuel Neuer (54.). Dann stoppte ihn Bayern-Verteidiger Lucas Hernández in höchster Not (55.). Dazu gab es einen Zweikampf zwischen Pavard und Dortmunds Jude Bellingham, bei dem die Gäste noch einen Elfmeter hätten bekommen können (58.). „Den kann man geben“, urteilte sogar Nagelsmann.
BVB-Coach Marco Rose gratulierte den Bayern fair zur Meisterschaft. Er haderte, dass für sein Team in der besseren zweiten Hälfte „mehr drin gewesen wäre“. Und mit Blick auf die kommenden Spielzeit kündigte er an: „Wir werden uns schütteln, wieder neu aufstellen.“ Und dann werde „Borussia Dortmund sicherlich einer der ersten“ Vereine sein, die versuchen würden, den Bayern „ein Bein zu stellen“.
Am 31. Spieltag der laufenden Saison hallte aber immer wieder ein Ruf der Bayern-Fans durch die Arena: „Deutscher Meister wird nur der FCB!“ Zwölf Punkten Vorsprung auf den BVB sind deutlich. „Wir sind richtig happy. Schöner wäre es natürlich mit der echten Schale“, sagte Kapitän Manuel Neuer vor dem Start in die Münchner Partynacht.
„Es war für uns am Ende wichtig, dass wir es nach dem Ausscheiden gegen Villarreal vernünftig abschließen“, kommentierte Neuer. Elf Tage nach dem Viertelfinal-K.o. in der Königsklasse wollten die Bayern wenigstens im letzten großen Spiel der Saison nochmal ein Zeichen setzen und die eigenen Fans erfreuen. Die größere Entschlossenheit und Gier führte dabei zum Erfolg. Zudem hatte der nun 32-malige deutsche Meister bei seinen Toren recht leichtes Spiel.
Nationalspieler Gnabry platzierte im Anschluss an einen Eckball einen Volleyschuss nach Kopfball-Ablage von Leon Goretzka unhaltbar für Borussen-Torwart Marwin Hitz ins linke Eck. Und Lewandowski erzielte sein 33. Saisontor nach einem Ballverlust von Dortmunds Verteidiger Dan-Axel Zagadou im Aufbauspiel. Die Vorlage kam von Thomas Müller, der mit nun elf Titelgewinnen alleiniger Spieler-Rekordmeister ist.
Das womöglich letzte Wettschießen zwischen den Liga-Topstürmern Lewandowski und Haaland endete mal wieder mit einem Punktsieg des Bayern-Stürmers. Lewandowski traf nicht nur, er war auch aktiver als sein junger Kontrahent aus Norwegen, der kaum in Erscheinung trat. Hitz vereitelte gegen Lewandowski spektakulär das 3:1 (69.). Haaland kam erst spät zu zwei erfolglosen Abschlüssen (80./81.). Musiala sorgte dann für die Entscheidung freistehend vor Hitz.