Für die emotionale Nichtabstiegsfeier waren die Bielefelder bestens gerüstet. T-Shirts mit dem Aufdruck „erstklassig gepaddelt“ lagen bereit und, besonders wichtig: Es gab genügend Bier für eine ausgelassene Party. „Wir sind doch keine Amateure“, sagte Torjäger Fabian Klos - und lachte.
Der 33-Jährige stand im Zentrum der überschäumenden Bielefelder Emotionen. „Er ist hier die absolute Legende. Er hat es sich erarbeitet die letzten Jahre, dass er sich ein Denkmal baut mit dem Schuss zum Klassenerhalt“, betonte Andreas Voglsammer bei Sky.
Als die Arminia durch ein 2:0 (0:0) beim VfB Stuttgart ihr kleines Fußball-Wunder geschafft hatte, saß Klos auf der Bank und weinte hemmungslos. „Das ist mindestens so schön wie der Aufstieg. Wir waren für viele der Absteiger Nummer 1, da kommt dann ziemlich viel hoch“, sagte er, nachdem er sich wieder halbwegs gefangen hatte.
Mit seinem eiskalt verwandelten Strafstoß zur Führung (66.) hatte Klos die Arminia auf Kurs Klassenerhalt gebracht. Dabei wollte er nicht mal schießen - er fragte deshalb Voglsammer. Der aber habe ihm zugerufen: „Hau ihn rein! Also hab ich ihn reingehauen.“ Es war ein Schuss hinein ins Bielefelder Glück.
„Das ist für mich eine Sensation, wie eine Meisterschaft“, sagte Trainer Frank Kramer, durchnässt von unzähligen Bierduschen. Aber das war dem 49-Jährigen, der in der Rückrunde Aufstiegscoach Uwe Neuhaus abgelöst hatte, völlig egal: „Das ist ein geiler Moment, den muss man genießen.“ Und entsprechend feiern. Er habe „auf die Schnelle schon vier Bier gekippt“, sagte Torwart Stefan Ortega - eine halbe Stunde nach Spielschluss. Es ging feuchtfröhlich weiter.
Am Sonntag mussten die glückseligen Profis am Vereinsgelände allerdings ihre Trainingspläne für die bevorstehende Pause abholen, verriet Klos im ZDF. Es sei aber „nicht die Rede davon gewesen“, fügte er schmunzelnd an, „in welchem Zustand wir da erscheinen“. Es war auch egal, nachdem die Arminia den achten Abstieg aus der Bundesliga mit viel Leidenschaft verhindert hatte.
Damit gerechnet hatte kaum einer. Viele hätten doch gedacht, so Voglsammer, „dass es uns so geht wie es den Schalkern ergangen ist: Dass wir einige Spieltage vor Schluss schon abgestiegen sind.“ Selbst Geschäftsführer Samir Arabi hatte vor der Saison angesichts eines Mini-Etats von 22 Millionen Euro davon gesprochen, dass man als „Schlauchboot gegen 17 Motorboote“ antreten müsse.
In Anlehnung an diesen Vergleich waren auch die Shirts gedacht, in Arabis Büro stehen zudem zwei Paddel. Entsprechend war er „unfassbar stolz. Es ist herausragend, was die Mannschaft geleistet hat“.
Und nun? „Wir müssen uns auch nächstes Jahr was einfallen lassen. Wir müssen wachsen und das gute Gefühl mitnehmen“, sagte Kramer mit Blick auf die neue Saison. Arabi müssen eben „wieder kreativ sein“.
Ein neuer Schlauchboot-Vergleich als Motivation? Ortega fand die Idee ohnehin „etwas unglücklich. Geld ist doch nicht alles. Wir sind nicht so schlecht, wie uns einige sehen und seit Jahren eine gute Einheit“.
Doch ob der Keeper, immerhin auf Abruf von Bundestrainer Joachim Löw für die EM nominiert, weiter dazu gehört, ist offen. Er liebäugelte zuletzt mit dem Wechsel zu einem Topverein. Fraglich ist auch, ob die Arminia fünf Millionen für Leihspieler Ritsu Doan aufbringen kann. Vor allem aber: Bei Kapitän Klos, der seit zehn Jahren dem Verein die Treue hält, läuft der Vertrag aus.
Es wäre eine Überraschung, wenn der kantige Stürmer nicht bei „seiner“ Arminia bleiben würde. Kramer wollte oder konnte zu den laufenden Gesprächen nichts sagen, aber eines wusste er sicher: „Der Fabi hat einen großen Anteil am Klassenerhalt.“ sid