Das ist nun anders, Halil plaudert locker mit Fans, Hotelbediensteten und Medienvertretern. Die haben den Belagerungszustand vor seiner Kinnlade inzwischen verlassen, der Nationalstürmer darf in Belek unbehelligt von 100 Kameras trainieren. „Dieses ganze Drumherum mit der Presse brauche ich nicht unbedingt“, gibt er zu. „Für mich kommt es einzig und allein darauf an, sportlich wieder auf Kurs zu kommen.“
2008 soll sein Jahr werden, erst mit Schalke und dann nach dem Ende der Saison bei der Euro. „Ich hatte noch nie so viel mit Verletzungen zu kämpfen wie im vergangenen Jahr“, erinnert sich Altintop mit Schrecken an die vielen Rückschläge. „Das fing schon in der Rückrunde mit einer Schambeinentzündung an, nach der Saison hatte ich die Leisten-Operation. Beim ersten Spiel der neuen Serie in Stuttgart habe ich schon wieder wegen einer Fersenentzündung gefehlt, dann kam im Herbst der Muskelfaserriss in der Wade dazu.“
Als er sich nach zwei Monaten Pause fulminant mit dem Tor in Hannover zurückmeldete, schien die Leidenszeit vorbei. Weit gefehlt, mit vergebenen „Tausendprozentigen“ gegen Bochum und Nürnberg wurde er zum Buhmann des Publikums. „Ich weiß nicht, was die Leute haben. Bei Hamit war es genauso. Vielleicht denken sie, dass wir als Gelsenkirchener Jungs etwas einfacher gestrickt sind, aber das kann ich wirklich nicht verstehen“, weiß Altintop, dass er nur über gute Leistungen und ein paar Erfolgserlebnisse die Gunst der Fans zurückgewinnen kann.
„Ich bin sehr ehrgeizig und selbstkritisch. Aus Kaiserslautern bin ich mit 20 Bundesliga-Toren in einer Saison zu Schalke 04 gekommen, jetzt habe ich in eineinhalb Jahren nur neun geschafft“, hat sich der Angreifer eine zweistellige Quote als Vorgabe gesetzt. „Bisher habe ich erst drei Mal getroffen, also müssen es noch mindestens sieben sein.“
Auch in Belek telefoniert er täglich mit Zwilling Hamit, der Schalke enttäuscht verließ und in München sein Glück gefunden hat. „Er ist mein größter Rückhalt und baut mich auf, wenn ich mich schlecht fühle. Umgekehrt ist das genau so, wir sind eins“, betont Halil. Nehmen andere Spitzensportler heutzutage gerne die Hilfe eines Mentalcoaches in Anspruch, hat er seinen Bruder. Tore schießen muss er allerdings alleine, sich nun im aufgepäppelten S04-Kader gegen noch größere Konkurrenz durchsetzen. „Ich vergleiche das mit Liebe und Hass“, verrät Altintop. „Wir brauchen uns gegenseitig, aber es können natürlich nicht alle spielen. Ich will mich durchsetzen und nur meine Stärken abrufen, dann klappt es auch.“