Clemens Tönnies hat das größte Problem längst erkannt. "Die Zeiten des Trainerhoppings müssen vorbei sein", sagte der Aufsichtsratschef von Schalke 04 im SID-Interview. Das war 2013. Seitdem haben die Königsblauen schon wieder sechsmal den Chefcoach gewechselt.
Wenn sich der Fleischfabrikant am Sonntag (12.30 Uhr) bei der Jahreshauptversammlung zur Wiederwahl stellt, richtet auch David Wagner ein paar Worte an die Mitglieder. Der 47-Jährige ist der 18. Trainer, seit Tönnies der starke Mann auf Schalke ist. Insgesamt stehen seit 2001, der ersten Wahl an die Spitze des Aufsichtsrates, sogar 22 Trainerwechsel in der Vereinschronik - einige wie Huub Stevens durften mehrmals ran.
Kontinuität verspricht Tönnies schon seit Jahren, das einzig Beständige ist allerdings der Wechsel. Auch auf dem Managerposten: Jochen Schneider, seit März als Sportvorstand im Amt, ist der sechste unter der Ägide des Milliardärs aus Ostwestfalen. Mit ihm und einer komplett neuen sportlichen Leitung will Tönnies wieder "unter die ersten drei, vier der Liga" kommen, "das ist ein klares Ziel".
Heidel sollte für Beständigkeit sorgen
Vor drei Jahren noch glaubte der Unternehmer, mit Christian Heidel endlich für Ruhe und Beständigkeit sorgen zu können und übergab dem langjährigen Mainzer Manager den "Generalschlüssel für Schalke", wie er selbst sagte. Nach dem dramatischen Absturz und dem Beinahe-Abstieg räumt Tönnies ein, dass diese Personalentscheidung ein gravierender Fehler war: "Ganz klar liegt die Verantwortung bei mir."
Nach der One-Man-Show des weitgehend beratungsresistenten Heidel, der für 160 Millionen Euro eine zersplitterte, fast untrainierbare Mannschaft zusammenkaufte, soll der Scherbenhaufen nun im Team zusammengefegt werden. Schneider hat mit dem erfahrenen Kaderplaner Michael Reschke, dem Ex-Profi Sascha Riether als Bindeglied zur Mannschaft und weiteren Fachleuten Unterstützung für den x-ten Umbau unter Tönnies bekommen.
Gute wirtschaftliche Entwicklung
Trotz Trainerhopping und häufiger Managerwechsel steht der Schalke-Boss, der am Sonntag mit drei weiteren Bewerbern für zwei Plätze im Aufsichtsrat antritt, für die erfolgreichste Zeit des Traditionsklubs in der Bundesliga. Zwar jagen die Königsblauen, die zwischen 1934 und 1942 sechsmal triumphierten, noch immer vergeblich seit 1958 ihrem achten Meistertitel hinterher. Doch in 18 Jahren spielten sie 15-mal im Europapokal, siebenmal davon in der Champions League.
Auch wirtschaftlich kann sich die Entwicklung sehen lassen. Von einst 75 Millionen Euro hat sich der Umsatz auf 350 im Geschäftsjahr 2018 fast verfünffacht. Die 2001 eröffnete Arena, für 191 Millionen Euro errichtet, wurde in Eigenregie finanziert. Die letzte Rate wird dieser Tage fällig. Weitere 95 Millionen Euro werden bis 2022 in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur investiert.
"Das Stadion ist bezahlt, und wenn ich mich hier so umgucke, bin ich froh, was wir auf die Beine gestellt haben", sagte Tönnies bei Schalke-TV: "Der Umbau des Vereinsgeländes ist durchfinanziert. Was wir dort bauen, hat kein anderer." Auf der anderen Seite drücken den Klub weiterhin Verbindlichkeiten von über 200 Millionen Euro.
Die Aussichten auf eine Wiederwahl sind gut, eine starke Opposition wie vor drei Jahren gibt es diesmal nicht. Dennoch sagt Tönnies: "Sollte ich nicht gewählt werden, ist das eine demokratische Entscheidung. Auch dann bleibe ich Schalke gewogen." Etwas anderes kommt für ihn nicht infrage: "Ich kann nur eins, ich kann nur Schalke." sid