Mit dem fährt der Fußball-Profi immer dann, wenn er seine Wohnung verlässt. Etwa zum Training des VfB Stuttgart. Jedes mal schaut er dann in einen großen Spiegel, zückt nicht selten sein Smartphone und fotografiert ein Bild von sich, das er im Internet verbreitet.
Bei Twitter existiert deswegen sogar ein Account mit dem Namen „Aogos Aufzug“. Hier werden die vielen modischen Selfies gesammelt, die einen vermeintlich oberflächlichen Fußball-Millionär präsentieren. Nur: Irgendwann wurde auch Aogo auf seinen Aufzug-Account aufmerksam, lachte darüber. Und suchte sich anschließend sogar einen namhaften Fahrstuhl-Hersteller als Sponsor, um Geld für einen guten Zweck zu sammeln. Grund genug also, hinter das Spiegelbild zu schauen.
Denn dann lernt man einen 31-Jährigen kennen, der viel erlebt hat. Auch seine Karriere gleicht der Fahrt mit einem Aufzug. Gerade ist er mal wieder im Keller steckengeblieben. Abstiegskampf mit dem VfB Stuttgart, Tabellenplatz 16. Am Sonntag (18 Uhr/Sky) spielt er mit seiner Mannschaft beim Tabellenzweiten Borussia Mönchengladbach.
Dort steht der VfB unter Druck. Aber: „Ich habe in meiner Karriere viele Höhen und Tiefen erlebt, deswegen bringe ich mittlerweile eine gewisse Stressresistenz mit“, erklärt Aogo im Gespräch mit dieser Redaktion.
Führungsspieler in Stuttgart
Deswegen gilt er in Stuttgart auch als Führungsspieler, der neue Trainer Markus Weinzierl setzt auf ihn. Was auf Schalke noch anders war, wo beide in der Saison 2016/17 schon gemeinsam gearbeitet haben. Jetzt sei der Trainer aber „offener und zugänglicher“ geworden, meint Aogo. Trotzdem startete Weinzierl katastrophal, verlor nach seinem Amtsantritt im Oktober die ersten drei Spiele.
Am vergangenen Wochenende gelang ihm mit dem 1:0 über den FC Augsburg endlich der erste Heimsieg. Aogo absolvierte da zudem sein 250. Bundesliga-Spiel. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagt er. Vor allem nicht nach den vielen Turbulenzen.
Die Karriere des gebürtigen Karlsruhers startete eigentlich beschaulich. In Freiburg. Wo man, um beim Aufzug-Bild zu bleiben, zwar auch häufig im Keller feststeckt, aber weiß, dass man nie höher als in die zweite Etage fahren wird. 2008 aber zog es Aogo zum Hamburger SV. Ein Verein, der mit dem Aufzug am liebsten in das oberste Stockwerk rattern will, dafür jedoch schon lange nicht mehr den richtigen Knopf gefunden hat.
"Ich habe Schalke gelebt"
So wie auf Schalke, wo Aogo 2013 hinwechselte. Auch hier erlebte er ein Auf und Ab. „Aber ich habe den Verein gelebt“, erklärt er. Trotzdem wurde sein Vertrag vor einem Jahr nicht verlängert.
Jetzt trägt er also das Stuttgart-Trikot, fungiert auf dem Platz als Bindeglied zwischen Viererkette und dem Mittelfeld. So will es Weinzierl. Er ist auch schon wieder der dritte Trainer, der Aogo in Stuttgart Anweisungen erteilt. Rund 20 Trainerwechsel hat dieser in seiner Karriere schon erlebt. „Dabei bin ich eigentlich ein Freund von Kontinuität.“ Doch beeinflussen kann er dies nur schwer.
Anders gestaltet sich die Welt neben dem Platz. Hier versucht Aogo, Einfluss zu nehmen. „Ich bin total überzeugt davon, dass wenn wir alle einen kleinen Teil dazu beitragen, dass es anderen besser geht, dann wird ein großer Teil daraus“, meint er. Deswegen beteiligt sich der Mittelfeldspieler auch an der Initiative „Common Goal“, spendet zwei Prozent seines Gehalts.
Er weiß, das Leben hat noch andere Dinge zu bieten als Fußball. Auch wenn Aogo gerne noch etwas mitfahren will im Aufzug, der seine Bundesliga-Karriere beschreibt. „Die 300 Spiele will ich schon noch knacken“, sagt er.
Autor: Marian Laske