Lucien Favre wirkt nicht wie ein Mann, für den Grenzüberschreitungen bedeutungslos sind. Aber der Trainer von Borussia Dortmund wollte, nein musste nach dieser halben Stunde näher bei seinen Spielern sein und versuchen, sie so über das Feld zu dirigieren, dass endlich Besserung in Sicht wäre. Also begab er sich über die Begrenzung seiner Coaching-Zone hinaus an die Seitenlinie, drückte, schob und zog an imaginären Widerständen. Am Ende blieb all das erfolglos. Der Tabellenvierte der vergangenen Bundesliga-Saison steigerte sich, traf Latte und Pfosten, musste sich aber am Freitagabend mit einem 0:0 bei Hannover 96 begnügen.
Mit einem fulminanten 4:1-Sieg gegen die Rasenballsportler aus Leipzig war der BVB nach Niedersachsen gereist. Prächtiger Aufwind also eigentlich unter schwarz-gelben Flügeln. Doch in der Anfangsphase der Partie war davon doch bemerkenswert wenig zu sehen. Hannover jagte den Gast von einem Zweikampf in den anderen und gewann die allermeisten auch. Eine halbe Stunde lang wirke Hannover dominant, ohne allerdings wirklich nennenswerte Chancen herausspielen zu können. Die beste Gelegenheit der ersten Halbzeit hatte noch Linton Maina, der allerdings im letzten Augenblick nahe des Fünfmeterraums noch von Abdou Diallo gestoppt wurde (26.).
Der BVB hingegen tat sich schwer. Die Mentalitätsmitte aus den Neuzugängen Axel Witsel und Thomas Delaney, aber auch die Kollegen kamen mehrheitlich einen halben Schritt zu spät. Mahmoud Dahoud war bei der Verteilung der Bälle nicht das größte Glück beschieden und auch der einzig neue Mann in der Startformation Marius Wolf (für den angeschlagenen Christian Pulisic) fand nicht ins Spiel. Folge: Der Champions-League-Teilnehmer kam – leicht dramatisierte Darstellung - auf Ballbesitzwerte im Tasmania-Berlin-Bereich und kaum zu Offensivaktionen. Der erste Abschluss nach 24 Minuten: Ein Schuss von Mahmoud Dahoud aus 20 Metern, der abgefälscht in die fangbereiten Arme von Torwart Michael Esser tropfte.
Götze schmort 90 Minuten auf der Bank
Doch nach jener halben Stunde, als Favre schob und zog, begann die Borussia, das Spiel durch Ballbesitz besser zu kontrollieren – und hatte plötzlich in Person von Marco Reus zweimal den Führungstreffer auf dem Fuß. Doch der Nationalspieler scheiterte erst am prächtig mit dem Fuß parierenden Torwart (40.), dann – nach feinem Pass von Dahoud - an der Latte (42.). Reus kniete auf dem Rasen und hielt die Hände wie zum Gebet.
Doch auch in der zweiten Halbzeit wurde es zunächst nicht entscheidend besser. Hannover erwischte erneut den besseren Start. Bobby Wood lenkte den Ball am Fünfmeterraum mit der Hacke ans Außennetz (51.). Auf der Gegenseite stieß Dortmund erneut auf Aluminium. Maximilian Philipp, in Abwesenheit des erst am Mittwoch verpflichteten Angreifers Paco Alcacer nochmal als Sturmspitze aufgeboten, setzte den Ball an den Pfosten (60.). Nächster Versuch: Querpass Wolf, doch Reus rutschte vorbei (68.).
Der BVB, der erneut 90 Minuten lang auf die Dienste von Mario Götze verzichtete und Shinji Kagawa nicht mit im Kader hatte, war der verdienten Führung nahe – und wäre doch fast als Verlierer abgereist. Waldemar Anton schoss nach einer Ecke um Zentimeter neben den Pfosten (78.) und Wood lief allein aufs Tor zu, zögerte aber zu lang (88.).
Autor: Daniel Berg