Wenn der Tross von Schalke 04 an diesem Donnerstag gen Mainz fährt, dann stellt sich für Christian Heidel wieder die Frage: Hotelzimmer oder eigene Wohnung? Schalke spielt am Freitagabend bei Mainz 05 um Bundesliga-Punkte, die Nacht vor dem Spiel wird schon vor Ort verbracht. Um nahe an der Schalker Mannschaft zu sein, kann der Manager ein Bett im Teamhotel beziehen. Er kann aber auch ein paar Meter weiter in den eigenen vier Wänden nächtigen, denn Heidel (54) hat nach wie vor eine eigene Wohnung in seiner Geburts- und Heimatstadt.
Die Besuche werden seltener
53 Jahre seines Lebens hat Heidel in Mainz verbracht, mehr als die Hälfte davon war er involviert und vor allem lange Zeit Manager beim örtlichen Fußballverein FSV – seit gut 21 Monaten ist er jetzt auf Schalke. Der Abschied von seinen 05-ern war damals im Mai 2016 schwer und auch tränenreich; obwohl er sich vom ersten Tag an voll in seine neue Herausforderung auf Schalke hineingekniet und in Essen ein privates Zuhause gefunden hat, war die vertraute Wohnung in Mainz immer noch ein Rückzugsort. „Am Anfang war ich öfter da“, berichtet Heidel und muss schmunzeln, wenn er nun an das Hier und Jetzt nach 21 Monaten auf Schalke denkt: „Wenn ich heute in meine Wohnung in Mainz komme, hängen manchmal schon Spinnweben an der Decke.“ Die Besuche in der Heimat werden seltener. Was aber geblieben ist, sind die vielen guten Freunde.
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„Ich kenne fast jeden Mainzer persönlich“, sagt er mit dem ihm eigenen, manchmal etwas übermütigen Tonfall. Auch die Eltern und seine erwachsenen Kinder leben noch in Mainz. Sein Vater Herbert war früher Bürgermeister der Stadt. Da ist man eine lokale Größe. „Mainz“, betont Heidel, „ist für mich Heimat – und das wird auch immer so bleiben.“ Auch den heutigen Mainzer Trainer Sandro Schwarz darf er wohl einen Freund nennen – Heidel hat ihn ja einst zu den 05-ern geholt.Nach dem Freitag darf Mainz alles gewinnen
Bei aller Heimatliebe und Verbundenheit darf aber eines nicht zu kurz kommen: Die Spinnweben in der Wohnung sind ein Zeichen dafür, dass Mainz Vergangenheit ist und heute nur noch Königsblau zählt. Weil Schalke jeden Punkt im Kampf um einen Champions-League-Platz gebrauchen kann, will Heidel natürlich das Spiel am Freitagabend gewinnen – auch wenn er seiner alten Liebe damit gehörig wehtun muss und sich die Lage der um den Klassenerhalt kämpfenden Mainzer damit weiter zuspitzen würde. Heidel bringt es mit einem Satz auf den Punkt: „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mir sehr, sehr wünsche, dass Mainz die Klasse hält – aber wir möchten dazu nichts beitragen.“ Mit „wir“ ist natürlich Schalke gemeint.
Sportlich, das hat er bei den bisherigen drei Duellen, die Schalke übrigens allesamt gewonnen hat, immer so gehalten, hält sich Heidel raus – Tipps über die Mainzer Mannschaft an den Trainer verkneift er sich, weil der das ohnehin von alleine wüsste. Außerdem hat Domenico Tedesco mit seinem Assistenten Peter Perchtold ja jemanden neben sich auf der Bank sitzen, der in der vergangenen Saison noch Co-Trainer bei Mainz 05 war. Da liegt das Insiderwissen näher. Und um es komplett zu machen: Auch Schalkes Sportdirektor Axel Schuster war früher ein Mainzer.
Keine Ehrenkarte auf Lebenszeit
Ein Trio auf Heimatbesuch – da liegt die Vermutung nahe, dass Heidel jede Menge Kartenwünsche für das Spiel am Freitagabend erfüllen muss, aber da wehrt er ab: „Die sollen sich die Karten schön alle selbst kaufen.“ Und außerdem hätten die Freunde eh fast alle ihre Dauerkarte bei den 05-ern, was sie übrigens von Heidel unterscheidet: Denn der besitzt, anders, als man vermuten könnte, keine Ehrenkarte auf Lebenszeit beim FSV Mainz 05.
„Alle meine früheren Vorstandskollegen haben nach ihrem Ausscheiden eine Dauerkarte bekommen – ich nicht“, berichtet Heidel. Für ihn kein Problem, wahrscheinlich wurde es nur vergessen. Und außerdem fährt er ja mit dem Schalker Tross vor.