Diese eine Minute vergisst Philipp Max nie. Er war so glücklich an jenem 25. März 2014, als ihn Schalkes Trainer Jens Keller zu Beginn der Nachspielzeit beim Revierderby in Dortmund aufs Feld schickte, um das 0:0 zu halten. Philipp Max hatte nicht einmal mehr eine Ballberührung, aber er war überwältigt. „Diese Minute kann mir keiner mehr nehmen“, schwärmt er. „Für diesen ganz besonderen Augenblick hatte ich jahrelang gearbeitet.“ Weil er, der Junge aus dem Schalker Nachwuchs, nun Bundesligaspieler war.
Auf Schalke kamen aber nur noch weitere fünf Minuten hinzu. Für Linksverteidiger Philipp Max war die Perspektive auf viele Einsätze bei den Königsblauen nicht aussichtsreich genug. Er wechselte zum Zweitligisten Karlsruher SC.
An diesem Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) kehrt er zurück nach Schalke: als Leistungsträger des FC Augsburg, der ihn 2015 für vier Millionen Euro Ablöse holte. Philipp Max, mittlerweile 24 Jahre alt, hat sich enorm entwickelt, zurzeit präsentiert er sich in Top-Form. Mit acht Torvorlagen ist er in dieser Saison aktuell der beste Vorbereiter der Bundesliga – als Verteidiger, wohlgemerkt. Wegen seiner scharfen und präzisen Flanken wird er von Gegnern gefürchtet und von Mitspielern geschätzt. „Philipp weiß genau, wo wir in der Mitte stehen“, lobt der frühere Bochumer Michael Gregoritsch, der als Augsburger Stürmer von Max profitiert. Englische Medien berichten, dass gleich vier Klubs aus der Premier League ihre Scouts nach Augsburg geschickt haben. Besonderes Interesse wird Jürgen Klopps FC Liverpool nachgesagt.
Von Bundestrainer Joachim Löw dagegen ist bisher noch nichts zu hören, obwohl er hinten links seit Jahren eine Lösung sucht. Wegen des Ausfalls des Kölners Jonas Hector testete er den Berliner Marvin Plattenhardt und den Leipziger Marcel Halstenberg – Spieler, hinter denen sich Philipp Max nicht verstecken muss. Die Augsburger empfehlen ihren Mann wärmstens. Der Aufstieg von Max zum Nationalspieler sei „nur eine Frage der Zeit“, prophezeit Manager Stefan Reuter, und Trainer Manuel Baum bekräftigt: „Er hätte es verdient, dass er mal reinschnuppert.“
Auch Norbert Elgert sagt: „Ich traue ihm das zu.“ Der Schalker U19-Trainer, durch dessen Schule auch die Weltmeister Manuel Neuer, Mesut Özil, Benedikt Höwedes und Julian Draxler gingen, kann über Philipp Max nur Gutes berichten: „Er ist ein Junge, der zu hundert Prozent die richtige Einstellung hat. Er hat das lebenslange Lernen verinnerlicht, er will jeden Tag besser werden.“
Der Hochgelobte hält sich lieber zurück. „Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen“, sagt er zum Thema Nationalelf. „Ich will mich auf dem Platz zeigen, anstatt viele Worte zu verlieren.“
Da kommt die Erziehung durch. Besonnen begleitet Martin Max die Karriere seines Sohnes, dabei hat jedes Wort des Vaters Gewicht. Schließlich ist der heute 49-Jährige einer der legendären Schalker Eurofighter, in seiner Zeit bei 1860 München war er sogar zweimal Torschützenkönig der Bundesliga.
Philipp Max weiß es sehr zu schätzen, dass der Vater ihn nur dezent kritisiert und nicht zu sehr lobt. „Man muss sich als Vater, der selbst Profi war, zurücknehmen, damit sich der Junge zu einer eigenen Persönlichkeit entwickeln kann“, erklärt Martin Max. „Ich bin glücklich mit ihm, aber es nervt uns beide, wenn es immer heißt: ,der Sohn von’.“ Das allerdings lässt sich nicht verhindern bei zwei Fußballstars in einer Familie.
Natürlich drängt sich die Frage auf, ob Philipp Max künftig wieder für den FC Schalke spielen könnte, bei dem Vater Martin als Fan-Botschafter arbeitet. „Philipp ist sicher mit ganzem Herzen Augsburger, aber eine Rückkehr kann sicherlich irgendwann ein Thema werden“, glaubt Norbert Elgert und betont: „Ich würde mich freuen.“ Bei diesem Gedankenspiel gibt es allerdings einen Haken. Der Vertrag in Augsburg wurde im Sommer vorzeitig bis 2022 verlängert, Schalke müsste für seinen früheren Nachwuchsspieler eine hohe Ablöse zahlen. Und derzeit wird Philipp Max Woche für Woche teurer.