Es ist durchaus ein probates Mittel, der eigenen “kratzen, beißen, kämpfen”-Rhetorik einen guten Schuss Aberglauben beizumischen, um alte Zustände wieder herzustellen. Als Borussia Dortmund am dritten Spieltag der Fußball-Bundesligasaison auf den SC Freiburg traf, feierten die BVB-Fans beim 3:1-Sieg die Heimkehr von Shinji Kagawa und dachten im Entferntesten nicht daran, was da noch Fürchterliches auf sie zukommen würde. Womöglich wollte Trainer Jürgen Klopp die guten Geister rufen, Kagawa stand jedenfalls auch am Samstag im Rückspiel mal wieder in der Startformation. Und selbst wenn der japanische Dribbelkünstler keine großen Akzente setzen konnte, so diente seine Aufstellung als gutes Omen: Die Dortmunder feierten mit dem 3:0 (1:0) nach Toren von Marco Reus (9.) und Pierre-Emerick Aubameyang (56./72.) an der Dreisam den ersten Sieg des Jahres 2015 und verließen somit gar die direkten Abstiegsränge.
Man dürfe “die Möglichkeit eines Sieges nicht völlig außer Acht lassen”, sagte Klopp vor der Partie. Dazu musste er in beiden Abteilungen seines Teams Veränderungen herbeiführen, denn bis zu diesem Spiel trafen die Dortmunder Offensiven vorne nicht das Tor, während hinten die Defensiven ihre Gegner teilweise zum Toreschießen einluden. Also blieb es nicht nur bei einer personellen Neuheit: Aubameyang stürmte vorne für Ciro Immobile und wurde von der Dreierkette hinter ihm, bestehend aus Marco Reus, Kevin Kampl und eben jenen Kagawa, häufig in Szene gesetzt. In der Viererabwehrkette verteidigte Lukasz Piszczek rechts für den verletzten Kevin Großkreutz, innen ersetzte Neven Subotic diesmal den Griechen Sokratis.
Die Ansage, dass seine Mannschaft sich “maximal akribisch, seriös und fleißig” auf die Freiburger vorbereitet habe, sah Klopp in den vielleicht stärksten zehn Anfangsminuten der Borussia in dieser Saison voll bestätigt. Ganze 55 Sekunden waren gespielt, als Marco Reus schon zum Torjubel hätte ansetzen müssen, er aber die Vorarbeit von Aubameyang aus sechs Metern Entfernung knapp unter das Tribünendach beförderte. Es ging weiter mit den schwarzgelben Großchancen: Shinji Kagawa und Ilkay Gündogan zwangen SCF-Keeper Roman Bürki binnen weniger Sekunden zu starken Paraden (5.). In der neunten Minute war der Schweizer dann auch bezwungen: Aubameyang sprintete in einen törrichten Rückpass von Mike Frantz, der mitgelaufene Reus schob den Ball zur 1:0-Führung (9.) über die Linie.
Natürlich war noch nicht alles Gold, was glänzte, aber mit der Offensive konnte Klopp nach weiteren Großchancen von Gündogan (24.), Aubameyang (30.) und Kagawa (32.) abgesehen von der Verwertung zufrieden sein. Gleiches galt auch für die Abwehrabteilung, die gegen erschreckend schwache Breisgauer weitgehend unterfordert war. Nils Petersen, der den SCF zum Rückrundenstart noch mit drei Treffern zum 4:1-Heimsieg gegen Frankfurt geballert hatte, war völlig abgemeldet. Frantz näherte sich in der 38. Minute mit einem ersten Distanzschuss an das Tor vor Roman Weidenfeller an, Oliver Sorg zwang den BVB-Keeper kurz vor der Pause gar zu einer sehenswerten Parade (44.). Glücklich konnte Freiburgs Trainer Christian Streich damit natürlich nicht sein, darum schickte er seine Spieler auch nach extrem kurzer Pausenbesprechung wieder in diese Eiseskälte auf den Platz und ließ sie auf die Schwarzgelben warten. Für die zweiten 45 Minuten war den Freiburgern etwas mehr Biss, mehr Engagement zu attestieren, fehlerhafte Abspiele sorgten aber immer wieder für Gefahr vor dem eigenen Kasten. Aubameyang vergab zunächst noch mit einem artistischen Scherenschlag (52.) das 2:0, vier Minuten später erzielte der pfeilschnelle Gabuner es dann aber wirklich: Wieder verloren die Gastgeber den Ball im Mittelfeld, Gündogan schickte seinen Teamkollegen steil, der Roman Bürki keine Chance ließ (56.).
Um den Kopf gegen die niedrigen Temperaturen zu schützen, trug Klopp eine Mütze: In der 72. Minute erwärmte Aubameyang dann auch das Herz seines Trainers. Der eingewechselte Jakub Blaszczykowski und Marco Reus spielten sich mit Doppelpässen über rechts durch, über Kagawa kam der Ball schließlich zum Gabuner, der aus zwölf Metern in halblinker Position überlegt zum 3:0 einschob. Nun stimmte also auch die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Ob dieser souveräne Sieg auch so viel Selbstvertrauen verleiht, dass er zum lang ersehnten Befreiungsschlag aus Dortmunder Sicht taugt, muss sich dann am Freitag, 13. Februar, im Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 zeigen.