Nun beginnt am Mittwoch der Kampf um die europäische Krone von vorne. Doch die Vorzeichen haben sich für die Westfalen radikal verändert.
"Haben die Zügel schleifen lassen"
Als am Samstagabend die meisten seiner Mitspieler nach dem berauschenden 6:2 gegen den Hamburger SV über tolle Tore, temporeiches Offensivspiel und einen wunderbaren Saisonstart sprachen, da schlüpfte Roman Weidenfeller kurzerhand in die Rolle des Mahners und dämmte die riesige Euphorie in bester Matthias-Sammer-Manier ein wenig ein. „Wir haben zwischendurch die Zügel schleifen lassen. Wir sollten darauf achten, dass das nicht zu oft vorkommt“, erklärte der Torhüter und schlussfolgerte anschließend: „Ich glaube nicht, dass wir schon ein Loblied auf die Mannschaft singen sollten.“
Der 33-Jährige ist lange genug im Fußball dabei, um zu wissen, wann er die Sinne seines Teams schärfen muss. Wenige Tage vor dem schwierigen Champions-League-Auftakt bei der SSC Neapel ist der Zeitpunkt sicherlich gut gewählt, denn in Süditalien erwartet die Schwarzgelben ein äußerst unangenehmer Gegner – und eine völlig neue Situation. „Wir werden vom ersten Moment an anders wahrgenommen“, weiß Weidenfeller. „Dieses Mal sind wir nicht nur Borussia Dortmund, sondern der Finalist aus dem Vorjahr.“
Viel Selbstbewusstsein im Gepäck
In Neapel trifft die Borussia auf einen Klub, dessen Blütezeit eng mit dem großen Diego Maradona verknüpft ist. Mit dem Argentinier, der von 1984 bis 1991 bei den Neapolitanern spielte, feierte die SSC zwei Meisterschaften, einen nationalen Pokalsieg und einen Erfolg im UEFA-Pokal. Doch mit dem Ende der Ära Maradona begann der schleichende Niedergang des Traditionsvereins, der letztlich 2004 in der Insolvenz endete.
Seit der Neugründung im selben Jahr hat sich dank Aurelio De Laurentiis, Geldgeber und Präsident des Vereins, sehr viel entwickelt. Die Mannschaft wurde Jahr für Jahr mit namhaften Spielern verstärkt und hat in Rafael Benitez inzwischen auch einen Trainer mit Weltformat. „Neapel ist mindestens die zweite Kraft in Italien“, betont darum Sportdirektor Michael Zorc, wohlwissend, dass dieser Satz exakt so auch für den BVB in Deutschland gilt.
Nicht zuletzt deshalb werden sich die Dortmunder in Neapel sicher nicht in feiner Zurückhaltung üben, sondern versuchen, dem Gegner ihr Spiel aufzudrängen. Das nötige Selbstbewusstsein hat die Mannschaft von Jürgen Klopp nach dem perfekten Start jedenfalls im Gepäck, wenn sie am Dienstagmittag am Dortmunder Flughafen aufbricht, um erneut Jagd auf die europäische Fußballkrone zu machen.