Karl-Heinz Rummenigge und Franz Beckenbauer stärkten Hoeneß uneingeschränkt den Rücken. Uli Hoeneß streckte vor dem Spiel für die Fan-Choreografie brav einen roten Karton mit der Aufschrift "Mia san mia" in die Höhe, er plauderte in der VIP-Loge locker mit seinen Sitznachbarn und jubelte bei den vier Toren mit seinem rot-weißen Schal um den Hals ausgelassen wie eh und je: Dabei war beim Arena-Besuch des Präsidenten von Bayern München am Dienstagabend nichts so, wie es einmal gewesen war.
Das Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona war der erste öffentliche Auftritt des 61-Jährigen, nachdem am Wochenende seine Steuer-Affäre publik geworden war. Wenige Stunden vor der Partie hatte die Süddeutsche Zeitung zudem berichtet, dass Hoeneß am 20. März sogar vorläufig festgenommen und der Haftbefehl nur gegen Zahlung einer Kaution von fünf Millionen Euro außer Kraft gesetzt worden war.
"Aber da muss ich jetzt durch" Es war deshalb ein ganz schwerer Gang für Hoeneß, ein Spießrutenlauf, der mit seiner Ankunft in der Arena um 19.40 Uhr begann. Auf Schritt und Tritt wurde er beobachtet. Doch Hoeneß ließ sich zumindest äußerlich die riesige Belastung nicht anmerken, war vielmehr bemüht, beim historischen 4:0 seiner Bayern alle akuten Probleme wegzulächeln. Ihm sei klar, ließ er sich am Mittwoch in der Sport Bild zitieren, "dass meine Glaubwürdigkeit darunter leidet, aber da muss ich jetzt durch".
Zuvor hatte er bereits einen "schweren Fehler" eingeräumt, "den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen". Am Dienstagabend sagte er - nichts. Dafür sprachen die Verantwortlichen des Rekordmeisters und stärkten ihrem Freund durchweg und uneingeschränkt den Rücken.
"Ich glaube, es ist wichtig, dass man in schwierigen Situationen zu seinem Freund steht"
"Ich glaube sagen zu können, dass ich mir einen FC Bayern ohne Uli Hoeneß nicht vorstellen kann, nicht vorstellen werde und auch nicht will. Ich glaube, es ist wichtig, dass man in schwierigen Situationen zu seinem Freund steht", betonte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Man könne sich vorstellen, "wie der Druck momentan auf ihm lastet. Dass er nicht glücklich und angespannt ist, kann man nachvollziehen", führte Rummenigge weiter aus: "Aber er hat im FC Bayern eine Bastion, die total stabil und loyal zu ihm steht. Das hat er auch verdient. Er hat hier Großartiges geleistet." So ein Spiel helfe "auch ein bisschen, diesen Druck abzubauen".
Seine Hoffnung, "dass sich auch diese Geschichte ein Stück weit beruhigt", dürfte sich aber so bald nicht erfüllen. Zu schwerwiegend sind die Vorwürfe, die im Raum stehen. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt. Es geht um Millionen, die Hoeneß auf einem Schweizer Konto gebunkert und dem deutschen Fiskus vorenthalten haben soll.
"Da ist ihm irgendein Fehler unterlaufen, das kann sein" Für Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer ist Hoeneß dennoch "kein Betrüger", wie er bei Sky sagte: "Da ist ihm irgendein Fehler unterlaufen, das kann sein." Er halte zu ihm, "ganz egal, was passiert". Ähnlich äußerte sich Trainer Jupp Heynckes: "Man weiß, dass Uli Hoeneß mein Freund ist - und in der jetzigen Situation mehr denn je. Das alles, was auf ihn niederprasselt, ist aus meiner Sicht zu exzessiv." Hoeneß habe "natürlich einen Fehler gemacht, aber er ist ein ganz wertvoller Mensch".
Einer, der auch bei den Spielern äußerst beliebt ist. Franck Ribéry, für den Hoeneß eine Art Vaterfigur ist, widmete den Erfolg gegen Barça gar dem Präsidenten: "Wir haben auch für ihn gewonnen."
In der Mannschaft sei der Fall Hoeneß aber ansonsten kein großes Thema gewesen, versicherten alle. "Die Mannschaft beeindruckt das nicht. Wir haben eine ganz stabile Mannschaft und einen Trainer, der das ganz fantastisch macht", unterstrich Rummenigge - und Kapitän Philipp Lahm fügte gelassen an: "Wir sind alle Profis, es ist Champions-League-Halbfinale gegen die absolute Topmannschaft in Europa. Da macht das Drumherum nichts aus."