Der deutsche Profifußball hat die Zerreißprobe bestanden: Die Vollversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) verabschiedete das umstrittene Sicherheitskonzept "Stadionerlebnis" am Mittwoch in Frankfurt/Main "mit großer Mehrheit" in allen 16 Punkten - und wendete ein befürchtetes Eingreifen der Politik damit zumindest vorerst ab. "Der professionelle Fußball ist als Gewinner aus dieser Veranstaltung hervorgegangen", sagte Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball.
Das Konzept wird vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zur Saison 2013/14 in Kraft treten. Ärger droht der DFL aber weiter von den Fans, die angekündigt hatten, ihren Protest im Falle der Zustimmung fortzusetzen.
Verschiedene Fanorganisationen hatten in den vergangenen Wochen mit einem Stimmungsboykott in allen Stadien der Bundesliga und 2. Liga gegen das Konzept demonstriert. Die Innenministerkonferenz (IMK) drohte dem Fußball ihrerseits mit drastischen Maßnahmen, die nun allerdings vom Tisch sein dürften. Neun Monate vor der Bundestagswahl hatten die Politiker von Stehplatzverboten und Geisterspielen gesprochen, zudem hätte sich die Liga im Falle eines Scheiterns möglicherweise künftig an Kosten für Polizei-Einsätze beteiligen müssen.
"Wir können allen Fans versichern, dass die Fankultur nicht gefährdet wird"
"Es ist eine sehr gute Nachricht, dass der Ligaverband in der Lage ist, seine Hausaufgaben zu machen. Die Beschlüsse sind Leitplanken, in denen jeder Klub nach seinen Bedürfnissen alles so gestalten kann, wie es sinnvoll ist", sagte Rauball. "Wir können allen Fans versichern, dass die Fankultur nicht gefährdet wird." Die DFL sei weit davon entfernt, ihren Beschluss "als Triumph zu feiern".
Der Politik dürfte die Entscheidung zusagen. Das nun beschlossene Konzept werde den Fußball "bei der Bekämpfung der Gewalt inner- und außerhalb der Stadien ein großes Stück voranbringen", hatte der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich im SID-Interview gesagt.
"Wenn das alles durchgewunken wird, müssen wir zusehen, dass wir dieses Drama noch abwenden können"
Dass der Fan-Protest weitergehen wird, bekam Rauball bereits bei seiner Ankunft zu spüren. Etwa 150 Fans blockierten die Durchfahrt, als der Ligaverbands-Präsident am Sheraton Congress Hotel ankam. "Wenn das alles durchgewunken wird, müssen wir zusehen, dass wir dieses Drama noch abwenden können", hatte Philipp Markhardt, Sprecher der Organisation "Pro Fans" und der Protestaktion "12:12 - Ohne Stimme keine Stimmung", bereits am Vortag angekündigt.
Wichtigste Streitpunkte des Konzeptes, das in seiner ersten Fassung noch erheblichen Protest auch vonseiten der Vereine hervorgerufen hatte, waren Verbesserungen der Einlasskontrollen (Antrag 8) sowie die Festlegung der Risikospiele und Ticketkontingente in den Anträgen 11 und 14. Der Antrag von mehreren Klubs, die Abstimmung zu verschieben, wurde mit 31:5 Stimmen abgelehnt.
Die Fans fürchten auch nach Verabschiedung des an wesentlichen Stellen entschärften Papiers weiter Repressalien wie Ganzkörperkontrollen oder die willkürliche Einordnung einer Begegnung als Risikospiel. Auch die Finanzierung einzelner Maßnahmen sei kritisch.
Die Liga hatte indes das Papier als Diskussionsgrundlage hervorgehoben. So beinhalteten verschiedene Anträge Maßnahmen, die zur deutlichen Verbesserung des Dialogs zwischen den Vereinen und deren Anhängern führen sollen. Unter anderem soll das Ordnungspersonal künftig besser ausgebildet werden.