Der Countdown für die Wackelkandidaten läuft, die Entscheidung über die Vergabe der EM-Tickets fällt am Samstag auf neutralem Boden in Basel. Wer derzeit noch auf der Streichliste von Joachim Löw steht, muss den Fußball-Bundestrainer beim Länderspiel gegen die Schweiz (18.00 Uhr/ZDF) von seiner Unverzichtbarkeit überzeugen. Die Partie ist die letzte Chance für Julian Draxler, Marcel Schmelzer, Cacau und Co. - drei Tage später wird Löw vier Nationalspieler nach Hause schicken.
"Das Spiel ist ein wichtiger Test", sagte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff dem Sport-Informations-Dienst (SID) am Donnerstag im Trainingslager in Südfrankreich mit Blick auf den Kampf um die letzten Plätze im 23-köpfigen EM-Kader: "In der Schweiz kann Jogi noch einige Erkenntnisse sammeln."
Das wissen auch die Betroffenen. "Gedanken darüber, wen es treffen könnte, macht sich jeder", sagte Sven Bender, der wie sein Zwillingsbruder Lars um die Teilnahme an der Endrunde in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) bangen muss. Auch Ilkay Gündogan sowie die Torhüter Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen müssen zittern.
Selbst der über jeden Zweifel erhabene Lukas Podolski weiß um die Bedeutung des Schweiz-Spiels. "Jeder wird seine Chance bekommen", sagte der 26-Jährige, der selbst keine zusätzliche Verantwortung übernehmen will. "Ich habe noch nie einen Führungsanspruch gestellt und werde ihn auch in Zukunft nicht stellen", äußerte der 95-malige Nationalspieler: "Ich stelle nicht die Forderung, dass ich Kapitän sein will oder so etwas."
Immerhin wird der Großteil der Profis, die derzeit in Tourrettes schwitzen, die Möglichkeit zum Schaulaufen bekommen. Da die acht Nationalspieler von Rekordmeister Bayern München als Folge der Niederlage im Finale der Champions League gegen den FC Chelsea erst am Samstagabend im Quartier eintreffen werden, stehen nur 19 Spieler zur Auswahl. Auf die Bayern-Profis kann Löw erst im letzten Test vor dem ersten EM-Spiel (9. Juni in Lwiw gegen Portugal) am 31. Mai in Leipzig gegen Israel (20.30 Uhr/ARD) zurückgreifen.
Die Abwesenheit der Münchner wollen auch Miroslav Klose und Per Mertesacker nutzen. Der wahrscheinlich als Ersatz-Kapitän für Philipp Lahm auflaufende Klose, der zuletzt wegen diverser Probleme im Training kürzer treten musste, will "sehen, wo ich stehe". Mertesacker möchte unter Beweis stellen, dass er trotz seiner langen Verletzungspause den Job des Abwerchefs übernehmen kann.
Während sich Klose, Mertesacker und die von einer möglichen Ausmusterung betroffenen Profis voll und ganz auf das Spiel in Basel konzentrieren, denken andere bereits an die Endrunde. Sami Khedira sieht ausgerechnet die verpassten Titelchancen in den vergangenen Jahren als großen Vorteil im Kampf um den EM-Sieg. "Wir haben noch nichts erreicht, was für die Ewigkeit bleibt. Ich glaube, dass wir noch viel hungriger sind, weil wir diesen Titel unbedingt gewinnen wollen", sagte der Mittelfeldspieler des spanischen Meisters Real Madrid im kicker.
Die holprige Vorbereitung der Auswahl Löws, der nach dem Besuch des Formel-1-Rennens am Sonntag in Monaco erst ab Montag mit allen 27 nominierten Spielern arbeiten kann, darf nach Ansicht Khediras keine Ausrede für ein Versagen bei der Endrunde sein. "Das wäre ein billiges Alibi", sagte der frühere Profi des VfB Stuttgart: "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren eine gute Grundlage gelegt. Wir sind auf einem anderen Level als vor der WM in Südafrika. Wir sind viel weiter als 2010."