Noch ein Spieltag in den Ligen eins bis drei. Danach steht endgültig fest, wer auf- oder absteigt bzw. wer sich auf die Relegationsplätze gespielt hat. Für die Trainer- und Managerteams beginnt unmittelbar im Anschluss die Aufarbeitung der Saison: Welche Spieler konnten ihr Leistungspotenzial abrufen, welche die Spielsysteme umsetzen, welches Spielsystem hat im Saisonverlauf überhaupt am besten funktioniert, wo besteht demnach Bedarf?
Neben den Daten und Fakten, die die Scouting- und Analysespezialisten der einzelnen Vereine auswerten können, kann man seit Anfang der Saison auch umfassend auf die Daten des Unternehmens impire zurückgreifen. In der ersten und zweiten Bundesliga zeichnen Kameras über dem Spielfeld die Spieler auf.
Neben den bekannten Eckball- und Ballbesitzstatistiken werden nun Laufwege, Laufstrecken, gewonnene Zweikämpfe und beispielsweise Passquoten ermittelt und öffentlich zugänglich gemacht. Die Daten werden also nicht etwa nur zentral erhoben und dann den jeweiligen Lizenzmannschaften zur Verfügung gestellt, sondern der breiten Masse. Die Daten sind quasi für jedermann abrufbar oder werden dem Fußballfan durch Medien aufbereitet und vorgestellt. Durch die Heatmaps werden vermeintlich "lauffaule" Teams öffentlich gemacht und kommentiert.
Ab diesem Moment passt die Feststellung wieder, dass jede Statistik aus mindestens zwei Blickwinkeln gelesen werden kann, aber auch muss. Übertrieben gesagt, bringt es einem Spieler und seiner Mannschaft wenig, wenn er 85 Prozent gewonnene Zweikämpfe aufweisen kann, er jedoch den entscheidenden verliert, der zum 0:1 führt. Ein Mittelstürmer, der "nur" 6,5 Kilometer in 90 Minuten läuft, aber aus drei Chancen zwei Tore macht und auf diese Weise insgesamt 20 Tore in der Saison schießt, ist nicht per se "schlechter" als derjenige, der ein Drittel mehr läuft, 12 Tore schießt, aber durch konsequentes "Nach-Hinten-Arbeiten" vielleicht 10 schnelle Gegenstöße und damit Torchancen vereitelt.
Dies sind nur Beispiele, dass mit den gewonnenen Daten vorsichtig umgegangen werden sollte. Dies haben alle Seiten zu berücksichtigen. Der Spieler selbst, die Vereinsverantwortlichen, die Medien, aber auch wir in der Beratung. Die Öffentlichkeit der Daten bietet Chance und Risiko zugleich. Der Sport wird noch professioneller, das Aufarbeiten und die Analyse einfacher - aber der schnelle Leser der Statistiken sollte den Blick über die reine Zahlen hinaus immer beibehalten. Ansonsten könnte die Transparenz zu schnellem Abstempeln und Vergabe von Leistungsattributen führen, die nicht nur dem Spieler selbst, sondern auch den Vereinen schaden würden.
Fußball ist längst mehr als nur ein Spiel. Aber schaden sollten - trotz aller begrüßenswerten Professionalisierung des Fußballgeschäfts - die Daten nicht. Die erste vollständige Saison mit den impire-Daten neigt sich dem Ende zu und es zeichnet sich aus meiner Sicht eine positive Tendenz in der Verwendung und Arbeit mit den Daten ab.