Laute Samba-Partys in dem schicken Haus in Buer-Erle, deswegen ständiger Ärger mit den Nachbarn, und ebenso häufig heiße Flirts mit einem Wechsel zu einem größeren Klub: Als Rafinha im Sommer 2010 von Schalkes Ex-Trainer und -Manager Felix Magath für angeblich neun Millionen Euro Ablöse an den CFC Genau nach Italien verkauft wurde, hatte er keinen guten Ruf. Dabei hatten die Königsblauen mit seiner Verpflichtung rein sportlich alles richtig gemacht.
Es war im Sommer 2005, als Rafinha bei den U-20-Weltmeisterschaften in den Niederlanden mit dem Nachwuchs der "Selecao" groß aufspielte. Fünf Millionen Euro überwiesen die Knappen dem Coritiba FC für den damals mit erst 20 Lenzen fußballerisch schon sehr reifen Brasilianer. Gut angelegtes Geld, wie sich herausstellte, denn Rafinha konnte sich sofort einen Stammplatz erobern und wurde auf Schalke zum besten Rechtsverteidiger der Bundesliga. Die Skandalakte Rafinha
Doch immer wieder überschatteten Skandale die sportliche Leistung des unschuldig aussehenden Brasilianers. Der Ärger began mit einer eigenmächtigen Reise im Sommer 2008 zu den Olympischen Spielen in Peking. Schalke hatte dem Spieler keine Freigabe für die Teilnahme mit der Olympia-Auswahl Brasiliens erteilt, doch Rafinha ignorierte die Anweisung seines Arbeitgebers und flog nach China. Kaum zurück, wurde er seinem immer deutlicher zutage tretenden Image als Giftzwerg auf dem Platz gerecht.
Rafinha ließ sich gerne fallen und forderte auf der anderen Seite bei jeder Gelegenheit Karten für seine Gegenspieler. So applaudierte er in der Saison 2008/09 beim Schalker 1:0-Sieg im kleinen Revierderby gegen den VfL Bochum frech, als der damalige Bochumer und heutige Schalker Christian Fuchs mit Gelb-Rot vom Platz musste. Im gleichen Jahr verlor er wegen überhöhter Promillewerte seinen Führerschein. Kurz darauf machte er im Rückspiel in Bochum mit einer Ohrfeige für den VfL-Stürmer Stanislav Sestak und einer verdienten Roten Karte auf sich aufmerksam. Längst galt Rafinha als einer der unbeliebtesten Spieler in der Bundesliga, doch mit den eigenen Fans verscherzte er es sich erst, als er im August 2009, kurz vor Ende der Transferfrist, zum ersten Mal heftig mit einem Weggang zum FC Bayern kokettierte. Mitten im Heimspiel gegen den SC Freiburg (0:1) kursierte in den Kurven das Gerücht, dass sich Rafinha mit dem deutschen Rekordmeister einig geworden sei. In der zweiten Halbzeit pfiffen die Schalker Anhänger den Spieler bei jeder Ballberührung aus, doch der Wechsel realisierte sich zunächst nicht.
Während Rangnick in keinem seiner letzten sieben Duelle mit dem Branchenführer einen Dreier holte, ist sein Gegenüber Jupp Heynckes seit dem 2. Februar 1985 (1:4 mit Gladbach) auf Schalke ungeschlagen. Heynckes wurde im September 2004 nach 38 Spielen als Schalke-Coach entlassen und von Rangnick abgelöst. Die zehn Platzverweise in Spielen gegen Königsblau (sieben davon auswärts) sind Münchner Vereinsrekord.
Gesamtbilanz 18 Siege für Schalke, 39 für Bayern, 25 Unentscheiden; 166:97 Tore für Bayern
Am Sonntag kehrt Rafinha als gereifte Persönlichkeit mit den auf Schalke besonders unbeliebten Bayern ins Revier zurück - und fühlt sich gut dabei. "Ich hatte eine Menge schöner Momente auf Schalke. Der Klub steht mir immer noch nahe, aber natürlich komme ich nun als Spieler des FC Bayern hierher und will die Punkte mitnehmen", kündigt Rafinha an. Nicht erst seit seinem Siegtreffer beim Münchner 2:0-Sieg in der Champions League beim FC Villarreal strotzt er voll Selbstvertrauen. "Wir haben eine ganz starke Mannschaft beisammen, mit der wir sehr viel erreichen können. Ich möchte allerdings noch nicht von Titeln sprechen, denn dafür ist es in der Saison noch zu früh", sagte Rafinha.
Trotz zahlreicher Eskapaden während seiner Schalker Zeit kann der Brasilianer dem Bundesligagipfel in Gelsenkirchen deutlich gelassener entgegenblicken als sein Kollege Manuel Neuer. Rafinha glaubt, dass der Bayern-Keeper die Zerreißprobe vor der Nordkurve, in der er einst selbst stand, gut überstehen könne. "Ich verstehe die Enttäuschung der Schalker Fans über Manuels Weggang. Allerdings ist es im Fußball normal, dass ein Spieler den Verein wechselt", sagt Rafinha. "Manuel ist eine starke Persönlichkeit und wird seine gewohnte Klasseleistung für uns abrufen."
Leise Töne des einst ungezogenen Jungens. Rafinha, inzwischen Vater einer Tochter, scheint erwachsen geworden zu sein. Und dass er auf seiner offiziellen Webseite rafinha-18.com noch im Trikot des FC Schalke zu sehen ist, hat sicher wenig mit romantischen Gefühlen zu tun.