Wenn der Vorletzte der Fußball-Bundesliga zum Auswärtsspiel beim Spitzenreiter reist, dann gibt es im Vorfeld der Partie beim Außenseiter meist schon lange Gesichter. Doch vor der morgigen Abreise der Bochumer nach Nürnberg ist alles ganz anders, denn während die Tabelle derzeit eine klare Sprache spricht, sieht man beim VfL beide Teams weitaus näher beieinander, als es der bisherige Saisonverlauf vermuten lässt. Trainer Marcel Koller: "Beim Anpfiff haben wir einen Punkt, und das ist das Minimalziel, das wir in Nürnberg erreichen wollen." ##Picture:panorama:2311## Der Fußball-Lehrer, der nach der massiven Kritik einiger Fans beim Heimspiel gegen Cottbus versprochen hatte, "Ich bin ein Kämpfer", unterstrich dies in den letzten Tagen, je näher das Spiel beim Club rückte. So stand er gestern wie ein Feldherr auf dem Rasen, gab Hilfestellungen, verteilte Lob und Tadel und bemühte sich den Spielern das nötige Selbstvertrauen zu vermitteln. Damit nicht genug: Am Nachmittag sah er sich noch einmal die drei Auftaktspiele der Nürnberger in Stuttgart und München sowie daheim gegen Mönchengladbach an, um morgen seinen Spielern kompakt zu vermitteln, was sie am Samstag erwartet.
Dabei hat sich die Personalsituation wieder einmal gewaltig verändert. Jüngster Ausfall ist Oliver Schröder, der sich am Dienstag-Vormittag eine Innenbanddehnung im rechten Knie zuzog und rund drei Wochen pausieren muss. Schröders Ahnung, 'ich habe ein schlechtes Gefühl', bewahrheitete sich nicht, Meniskus und Kreuzband blieben unbeschädigt. Zum Dauerausfall Tommy Bechmann werden sich auch Benny Auer und Benjamin Lense gesellen, deren Blutwerte noch nicht in Ordnung waren, und die gestern nur ein Lauftraining absolvieren konnten. Auch weiterhin gefährdet ist der Einsatz von Dennis Grote (Oberschenkelprobleme) und Filip Trojan, der sowohl am Dienstag als auch gestern wegen einer Oberschenkelverhärtung aussetzen musste. Trojan: "Ich werde vor der Abreise sehen, ob es klappt." Sollte der Tscheche auch noch ausfallen, hätte Koller auf der linken Seite ein echtes Problem, müsste vielleicht sogar der vielseitige Abwehrspieler Heiko Butscher dort aushelfen.
Bei so vielen schlechten Nachrichten, freut man sich in Bochum über jede positive, wie über die, dass Kapitän Thomas Zdebel seine Mandelentzündung auskuriert hat und auch Keeper Peter Skov-Jensen nach seiner Fingerverstauchung wieder zur Verfügung steht. Daniel Imhof, der nicht nur in der Vorbereitung, sondern auch zum Saisonstart ständig von Verletzungen verfolgt wurde, kam in den neuen Tests gerade 18 Minuten zum Einsatz, ist wieder topfit und drängt sich im Training regelrecht auf. Jetzt bekommt er die Chance, für Schröder einzuspringen.
Keinen Zweifel ließ Koller daran, wie seine Offensive aussehen wird: "Wir kehren zum 4-4-2 zurück. Das haben wir in der letzten Saison fast perfekt gespielt." Personell übersetzt heißt dies: Fabio Junior und Theofanis Gekas stürmen, dahinter spielt Zvjezdan Misimovic in der Raute. Dem neuen alten System fällt Christoph Dabrowski zum Opfer, der den Platz für Zdebel räumen wird. Koller: "Natürlich hat der 1. FCN eine überragende Offensive, aber wir werden unsere Chancen bekommen."
Um allen Eventualitäten aus dem Wege zu gehen, hat der VfL sein Abschlusstraining am Freitag kurzerhand nach Nürnberg verlegt. So wird die Mannschaft morgen in der rewirpower-Lounge frühstücken, sich dann auf den Weg ins Frankenland machen und nach der Ankunft eine Einheit abhalten. Koller: "Ich habe in den letzten Tagen viele erfreuliche Ansätze gesehen. Das müssen wir jetzt umsetzen." Auch, wenn der Ex-Kölner es nicht aussprach, er dachte in erster Linie sicherlich an seinen neuen Sturm und an Gekas. Koller: "Er lauert im Strafraum, spielt gradlinig und fackelt nicht lange. Außerdem arbeitet er mit nach hinten. Das wird unserem Spiel helfen."