Die Anhänger, die sich die Mühe gemacht hatten, diese Schilder zu malen und zu befestigen, wollten damit eigentlich nur zum Ausdruck bringen, was sie sich für die letzten sechs Spielen der Bundesliga von ihren „Lieblingen“ wünschen. Nämlich: Leidenschaft, Herzblut und Hingabe, um die Liga zu erhalten.
All diese Eigenschaften sagt man ganz besonders einem nach, dessen letzter Einsatz am 1. April genau 193 Tage zurückliegt – Philipp Bönig. Der Bayer spielte nämlich letztmals am 19. September des vergangenen Jahres – just an dem Tag, als der VfL gegen Mainz mit 2:3 unterlag und Marcel Koller „fortgejagt“ wurde.
An diesem Tag begann für den ehemaligen Spieler des FC Bayern eine persönliche Leidenszeit. Eine schmerzhafte Schambeinentzündung ließ Wochen und Monate verstreichen, in denen der Linksfuß nicht einmal laufen, geschweige denn vor den Ball treten konnte. Doch geduldig kurierte er die Verletzung aus, wagte keinen überhasteten Start und seit Anfang Januar ist er endlich beschwerdefrei. Bönig: „Seitdem habe ich jede Trainingseinheit mitgemacht, habe zwei Mal im Regionalliga-Team gespielt und fiebere meinem ersten Einsatz entgegen.“ Ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag schien seine Stunde für einen Einsatz gekommen zu sein, aber beim 2:3 in Bremen entschied sich Heiko Herrlich kurzfristig doch gegen einen Einsatz des Routiniers.
Bönig und die VfL-Fangemeinde, das ist so etwas wie „Liebe auf den zweiten Blick“. Denn bevor der dienstälteste VfL-Profi, der seit Juli 2003 an der Castroper Straße kickt, sich in die Herzen der Anhänger kämpfte, war der Bayer eher leidvoll geduldet – ohne Lobby und ohne Anerkennung.
Sein letzter Einsatz liegt fast 200 Tage zurück: Philipp Bönig (Foto: firo).
Doch das hat sich von Jahr zu Jahr gravierend geändert. Und es gibt nicht wenige, die den Klassenerhalt der vergangenen Spielzeit auch an der Person Bönig festmachen. Denn was vor einigen Jahren noch niemand in Bochum für möglich hielt, das passierte gegen Ende der letzten Spielzeit – Bönig-Sprechchöre im rewirpowerSTADION, die dem sympathischen Außenverteidiger noch heute im Nachhinein eine Gänsehaut bereiten. Bönig: „Das war der vielleicht schönste Moment meiner bisherigen Karriere. Das vergisst du nie!“
Doch während in diesen Tagen die unzufriedenen Spieler beim VfL freiwillig oder unfreiwillig die Schlagzeilen bestimmen, bleibt Bönig bei allem Begehren, endlich wieder das VfL-Trikot in einem Bundesliga-Spiel zu tragen, bescheiden im Hintergrund, ist für das Team da und macht nahezu vorbildlich seinen Job. Doch es gibt viele, die sich gerade in dem Schicksalsspiel in Breisgau einen Spieler wie Bönig in die Startformation zurückwünschen. Einen, der im Rahmen seiner Möglichkeiten alles gibt. Einer, der über seine Loyalität zum Arbeitgeber über alle Zweifel erhaben ist und der mit seinem ganzen Herzen seinem Arbeitsplatz „1. Bundesliga“ bei Bochum hängt.
Die Fans haben Bönig ins Herz geschlossen (Foto: firo).
Und so ist der kleine Bayer, der immer noch davon träumt, einmal in seiner Karriere einen Bundesliga-Treffer für den VfL zu erzielen, für viele an der Castroper Straße für Samstag ein bayerischer Hoffnungsträger. Seine Qualitäten schätzt auch der Vorstand, und sollten die Verantwortlichen in der Chefetage endlich Gewissheit über den Klassenerhalt haben, dann dürfte sicherlich auch der Vertrag von Bönig zunächst um ein weiteres Jahr verlängert werden. Und der zeigt wieder einmal bei diesem Thema seine Loyalität: „Dass mein Kontrakt ausläuft, belastet mich nicht. Da bin ich relativ entspannt. Wichtig ist jetzt erst einmal, dass wir unsere gesamte Konzentration auf den Abstiegskampf lenken. Alles andere kommt von selbst.“
Und dann ist der Bayer gedanklich schon quasi auf dem Rasen des Badenova-Stadions. „Die momentane Situation erinnert mich fatal an das Vorjahr. Da war damals im Vorfeld der Partie gegen Eintracht Frankfurt alles – um es auf gut deutsch zu sagen – beschissen und dann haben wir mit einem Sieg alles klar gemacht. Diese Chance haben wir auch am Samstag in Freiburg. Wichtig ist nur, dass sich jeder von uns am Samstag, sorry, wenn ich so deutlich werde, den Arsch aufreißt.“ Dass er selbst lange Zeit, am Samstag wären es dann 196 Tage, nicht mehr im Oberhaus aufgelaufen ist, sieht er nicht als Nachteil: „Ich bin bereit für einen Einsatz.“