Unter der Überschrift „Nero auf Schalke“ forderte die Vereinigung vor zwei Monaten den Aufsichtsrat zum Hinterfragen des eigenen Handelns und einer strategischen Neuausrichtung des Vereins auf. RevierSport liegt ein 43 Seiten starkes Strategie-Konzept vor, in dem sich die Anhänger Gedanken um die Zukunft ihres Vereins machen. Sie fordern die Formulierung einer dauerhaften Firmenphilosophie, die die traditionellen Werte als höchstes Gut bezeichnet. Wir haben uns mit Olivier Kruschinski, Vorstandsmitglied im „FC Schalke 04 Supportersclub e. V.“ darüber unterhalten, was hinter dem Leitbild steckt.
Olivier Kruschinski, warum benötigt der Schalke 04 ein Leitbild?
Der Verein hat auf der letzten Jahreshauptversammlung beschlossen, sich ein Leitbild zu geben. Das ist mittlerweile im § 2 der Satzung verankert. Doch bislang ist das nur eine leere Hülle, die noch mit Leben gefüllt werden muss. Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich handelnde Personen an einem Leitbild orientieren.
Wer hat das Konzept entwickelt?
Das Strategie-Konzept wurde in einer langfristigen Analyse bereits seit 2007 von dem Kommunikationsberater Niklas Gröne und dem Redakteur Christoph Krause in Zusammenarbeit mit mir und dem Supporters Club entwickelt. Wir haben es also mit einem professionellen Strategie-Papier zu tun, hinter dem sich bereits große Teile der Fanvertreter versammelt haben.
Was ist das Ziel des Konzeptes?
Das Strategie-Konzept soll eine Arbeitsgrundlage für die Erstellung eines Leitbildes sein. Wir haben die Entwicklung in unserem Verein in der letzten Zeit mit großer Sorge betrachtet und wollen damit in eine Diskussion um eine konzeptionelle Neuausrichtung des FC Schalke 04 einsteigen. Ziel muss es sein, eine umfassende Philosophie dauerhaft in den Verein zu implementieren und Schalke dadurch unabhängig von handelnden Personen und wieder zu einer unverwechselbaren Marke zu machen.
Warum ist das Ihrer Meinung nach so wichtig?
Es gab in den letzten zehn Jahren keine klare Linie in der Vereinspolitik. Unser Wunsch ist es, dass sich künftig vom Platzwart bis zum Spieler, vom Trainer bis zum Vorstand alle Angestellten zu einer Firmenphilosophie bekennen. Die Menschen, die für Schalke arbeiten möchten, sollen wissen, worauf sie sich einlassen. In der Vergangenheit war es so, das sich der Verein stets nach den handelnden Personen ausgerichtet hat. Wir hatten hier alle drei Jahre einen alternativlosen Umbruch. Damit muss Schluss sein. Künftig soll der Verein an oberster Stelle stehen und den Weg vorgeben, damit hier nicht mehr andauernd alles auf links gedreht wird.
Was ist die Idee?
Fakt ist, wir haben ständig Konzepte eingekauft. Zuletzt das Konzept Magath. Wir haben es uns als einer der größten Fußballvereine der Welt erlaubt, uns auf die Fähigkeiten von Einzelpersonen zu verlassen und in Abhängigkeiten zu geben. Damit muss Schluss sein. Ähnlich wie es der FC Barcelona mit seinem „Mehr als ein Klub“ braucht auch der FC Schalke 04 eine Idee von sich selbst, eine Urphilosophie, für die sich alle begeistern können und für die dieser Verein unverwechselbar steht. Von der fußballerischen Ausrichtung bis hin zum Verhalten der Spieler, muss eine ganzheitliche Philosophie implementiert werden, die zum Verein und seiner Tradition passt. Übrigens braucht man für gute Beispiele nicht nur nach ganz oben zu schauen. Mainz oder Freiburg haben sich genau die Wettbewerbsvorteile Philosophie und Strategie erarbeitet und machen deshalb relativ gesehen aus ihrem Potenzial viel mehr als wir. Ich überlasse es mal der Phantasie, was bei Schalke 04 mit gleicher Konsequenz und strategischem Handeln möglich wäre.
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