PeleusSohn Zuletzt aktiv: 13. August 2013 - 16:01 Mitglied seit: 28. September 2004 Wohnort: Essen
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Rund um die Hafenstraße [Archiv 2005 - Juni 2010]
Moin! Ich hab' doch gar nicht in Abrede gestellt, daß es euch gelingen könnte, die notwendigen Punkte einzufahren. Aber nach meinem Verständnis von halbwegs plausibler Tabellenarithmetik wird kein Abstiegskandidat - und sorry, das seit ihr nunmal nach Stand der Dinge - eine Serie ohne Niederlage hinlegen, die eher einem potentiellen Aufsteiger zur Ehre gereicht. Zur Verdeutlichung: zweimal sieben aufeinanderfolgende Spiele, die [b]nicht[/b] verloren gehen sollen... Natürlich hat RWEFAN, um dieses Ziel zu erreichen, eine hohe Anzahl an Unentschieden aufgelistet. Aber immer vorausgesetzt, daß eure direkten Mitkonkurrenten um den Klassenerhalt auch noch das ein oder andere Pünktchen einfahren werden, gerät die ganze Berechnung ja schon durch eine Niederlage mehr und nur einen Sieg weniger in extreme Schieflage. Ich glaube eben, daß euch der Klassenerhalt nur dann gelingen wird, wenn in der Endabrechnung mehr als die von RWEFAN veranschlagten sechs Siege zu Buche stehen. An nur zwei Niederlagen mag ich nämlich selbst bei allergrößtem Optimismus nicht glauben. Und ihr tätet vermutlich gut daran, ähnlich zu denken. :wink: Glück auf!
Rund um die Hafenstraße [Archiv 2005 - Juni 2010]
[quote=RWEFAN]Meine persönliche Punkterechnung sieht we folgt aus: SC Freiburg - Rot-Weiss -Essen--------------1Pkt Rot-Weiss Essen - FC Augsburg--------------3 FC Carl Zeiss Jena - Rot-Weiss Essen-------1 Rot-Weiss Essen - 1. FC Köln-----------------1 Eintracht Braunschweig - Rot-Weiss Essen--3 Rot-Weiss Essen - Kickers Offenbach--------3 SC Paderborn 07 - Rot-Weiss Essen---------1 [b]Karlsruher SC - Rot-Weiss Essen-------------0[/b] Rot-Weiss Essen - TSV 1860 München-------3 TuS Koblenz - Rot-Weiss Essen---------------1 Rot-Weiss Essen - SpVgg Unterhaching------3 Erzgebirge Aue - Rot-Weiss Essen------------1 Rot-Weiss Essen - Hansa Rostock-------------1 SpVgg Greuther Fürth - Rot-Weiss Essen-----1 Rot-Weiss Essen - Wacker Burghausen-------3 [b]MSV Duisburg - Rot-Weiss Essen--------------0[/b] So käme man auf die 40 Pkt. die man braucht. M. E. [b]keine unrealistischen [/b]Tipps. RWEFAN[/quote] Also, bei aller Liebe zur Gewalt, RWEFAN... ... aber in sechzehn noch ausstehenden Partien lediglich zwei Niederlagen einzukalkulieren, ist genau das, was du nicht sein willst: unrealistisch. Glück auf!
Schalke 04-Sportlich
[quote=RWE-Andreas]Ich schlage vor, daß wir die aktuelle Debatte mit diesem wirklich hervorragend passenden Aphorismus schließen[/quote] Vorschlag angenommen! :wink: PS
Schalke 04-Sportlich
Moin, Happo! [quote=Happo]Jedenfalls fand ich gut PS, dass du je später der Abend wurde, doch ein wenig deutlicher deine Bedenken geoutet hast.[/quote] Ja, es gibt meinerseits tatsächlich erhebliche Bedenken gegenüber den aktuellen Entwicklungen. Ich versuche allerdings, mich in dieser Meinung weitestgehend nicht von Klischees leiten zu lassen. Und ich bin bemüht, optimistisch zu bleiben - nicht vorbehaltlos, aber dennoch offen für andere Sichtweisen. Wenn du Andreas ersten Beitrag zu diesem Thema liest, steht hinter allem unausgesprochen die Unsicherheit der westlichen Nationen, nicht genau zu wissen, welchen Kurs Rußland in Zukunft nehmen wird. Aber daß die einzigen Alternativen nach wie vor nur der Dialog und der Versuch einer konstruktiven Zusammenarbeit sind, steht für mich außer Frage. In einer Großen Anfrage zur Ostpolitik der rot-liberalen Koalition im Jahre 1970 formulierte der CDU-Abgeordnete von und zu Guttenberg (der hieß wirklich so :lol: ), daß man ein Unrecht nicht dadurch zu Recht machen könne, indem man eine unrechtmäßige Tatsache als unverrückbare Realität akzeptiere. Er meinte damit die damals im Raum stehende Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik Deutschland und argumentierte weiter, daß Hitlers Unrechtsregimes niemals legitimiert worden wäre, auch wenn es 37 Jahre existiert hätte. (pers. Anmerkung: von 1933 bis 1970) Was er - witzigerweise - vor heute ebenfalls 37 Jahren mit dieser Polemik natürlich noch nicht vorhersagen konnte, war die aktuelle Annäherung Rußlands an Westeuropa. Eine solche Prognose hätte jeglicher zeitgenössischen Sicht widersprochen. Was heute für uns gilt und schon 1970 für von und zu Guttenberg galt, hat Platon in einem wunderbaren Aphorismus zum Ausdruck gebracht: "Wir sitzen am Ozean der Unwissenheit. Und manche schwimmen sogar darin." Glück auf!
Schalke 04-Sportlich
Machen wir uns nichts vor, Andreas: Die Tatsache, daß die westeuropäischen Staaten und sogar die USA über kurz oder lang in einen Energienotstand geraten würden, ist keine große Überraschung. Bemerkenswert bleibt allenfalls, wie geradezu hilflos die Politik bis dato auf diese hinlänglich bekannte Prognose reagiert hat. Moskau muß es mit überschwenglicher Genugtuung erfüllen, wie nun aus dem einstigen kommunistischen Trümmergebilde ein strahlender Palast wird, in dem die bittstellenden Regierungsfürsten der westlichen Welt zur Vorsprache erscheinen dürfen. Während die USA gerade erneut mit dem letzten Aufgebot versuchen, ihre ölverseuchten Interessen im Irak zu wahren, buhlen die vereinten europäischen Nationen mit dem Lockruf der uneingeschränkten Osterweiterung um Putins Gunst. Dieser machtbewußte und - mit ehrlichem Respekt! - kaltblütige Stratege wird innerlich nur mitleidig geschmunzelt haben können, als Frau Merkel mit wichtiger Miene ihr Interesse an der Aufklärung der beiden Journalistenmorde zum Besten gab. Gäbe es einen Gott, hätte er Putins schwarzen Labrador vor laufenden Kameras unserer Frau Kanzlerin ans Bein pissen lassen!!! :lol: Stimmt es nicht nachdenklich, wie handzahm sich Bush und seine europäischen Delegierten geben? Oder hat irgendjemand auch nur das kleinste Räuspern vernommen, als Putin seine russische Privatparty mit tschetschenischen Untergrundkämpfern zum Bestandteil des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus ernannte? Nein! Die westliche Welt wird sich in Bescheidenheit üben müssen. Rußland und auch China erwachen - und "wir" sind von beiden abhängig: von Rußlands Rohstoffreserven und von Chinas Zugriff auf den asiatischen Wirtschaftsraum. Seitdem man sich dort nicht mehr die Frage stellt, was Lenin und Mao wohl zu allem gesagt hätten, lernen die westlichen Markteilnehmer eine ganz neue Bedrohung kennen: den Staatskapitalismus. Unternehmen, die wie Gazprom marktwirtschaftlich agieren, aber letztlich immer staatlich gelenkt bleiben werden, führen uns deutlich die Schwächen unserer eigenen Wirtschaftsphilosphie vor Augen. Und wenn es tatsächlich sogar noch geschafft werden sollte, in Rußland und China den Wohlstand der Bevölkerung insgesamt zu vermehren, dann bleibt nur noch die Frage, wie unsere Welt in fünfzig Jahren aussehen wird. Da erscheint Hillary Clintons Wahlkampfvideo zur Präsidentschaftskandidatur in einem ganz anderen Licht: "Die USA müssen energiepolitisch wieder unabhänginger werden." Die grobe Marschrichtung hat New Yorks Senatorin zwar erkannt, aber einen der nächsten Urlaube wird das Ehepaar Clinton wahrscheinlich doch auf der Krim verbringen müssen... :wink: Ein paar Gedanken zur Nachtruhe. Ich geh' jetzt schlafen. Glück auf!
Schalke 04-Sportlich
Guten Morgen! Als ich gerade bemerkte, daß sich mein Zigarettenvorrat dem Ende zuneigte und noch eine Nacht mit Vorbereitungen vor mir liegt, machte ich mich auf den Weg Richtung Steele. Ja, man stelle sich vor, daß in Kupferdreh die letzte Tanke um 22:00 Uhr schließt und weit und breit kein Automat vorhanden ist... Während meiner Fahrt wussten die 0:00 Uhr-Nachrichten zu vermelden, daß sich Rußland um mehr Verlässlichkeit bei der Öl- und Gaslieferung bemühen will. Und wer heute die Bilder aus Sotschi gesehen hat, der wird ebenso zumindest den Eindruck bekommen haben, als gehöre der Dialog zum neuen politischen Repertoire des Alltags. Wie du schon sagtest: Die Fassade glänzt bereits, aber die Statik des Gesamtbauwerks bedarf noch einer eingehenden Überprüfung! Die zweite Meldung betraf Gazprom. Der Energieriese bestätigte sein Interesse an "Partnerschaften" mit deutschen Konzernen. Dabei seien aber noch keine konkreten Gespräche zwecks Beteiligungen oder Übernahmen erfolgt. Man habe jedoch vor, mit Aktionären und Vorständen Kontakte aufzunehmen. Und welches Unternehmen wurde dort als Objekt der Begierde explizit erwähnt? Richtig: RWE. Das wird noch verdammt lustig... :lol: PS
Schalke 04-Sportlich
Kleiner Zusatz für dich, Andreas: Mit "Korrektur des Selbstverständnisses" bezog ich mich auf deine Darstellung der offen ausgetragenen Konflikte Rußlands mit der Ukraine, Weißrußland etc.. Daß westliche Geheimdienste nur im Verborgenen agieren können - wenngleich mit keinen anderen Ergebnissen als denen der russischen Politik - ist tatsächlich ein Indiz für das Funktionieren einer Gesellschaft und deren gewachsenen Kontrollmechanismen. In dieser Hinsicht hat die russische Bevölkerung den größten Nachholbedarf. Nochmal danke für deine Ausführungen! Thorsten
Schalke 04-Sportlich
Hallo, Andreas! Ich hatte darauf gehofft, in dir den Historiker anzusprechen, und du hast mich nicht enttäuscht. :wink: Ich teile deine Meinung uneingeschränkt - auch hinsichtlich des von dir fundiert zum Vortrag gebrachten Systemdenkens Rußlands, daß sich gesellschaftlich und im methodischen politischen Vorgehen noch lange nicht mit den Entwicklungen vergleichen lassen kann, die du vor allem am Beispiel der baltischen Staaten aufzeigtest. Als nicht disziplintreuer Geisteswissenschaftler bin ich allerdings - anders als du - eher geneigt, nicht nach den Gründen zu fragen, warum Rußland immer noch eine Bedrohung für seine ehemaligen Staatslatifundien aus Sowjet- und GUS-Zeiten darstellt. Die Qualität einer Entwicklung läßt sich nämlich nicht nur daran messen, wie schnell, oder besser: wie reibungslos, sie verläuft. Sie hat ebenso einen absoluten Wert, und der spricht schon alleine aus der Tatsache einer zweifelsfrei vorhandenen Kommunikation zwischen Ost und West. Auch Rußland wird aus der Geschichte seine Schlüsse gezogen haben. Ich hatte vor einem etwas anderen Hintergrund die Bedeutung Rußlands im europäischen Kontext benannt. Man darf das gerne analog interpretieren und dann feststellen, daß Rußland genügend Anlaß hätte, sich aus "historischer Gewohnheit" ebenfalls bedroht zu fühlen. Nur läßt eine Betrachtung der tatsächlichen und aktuellen Machtkonstellation diesen Schluß kaum zu: Rußland agiert offensiv und nach unserer "westlichen Beurteilung" im Zweifelsfall sogar agressiv. Andererseits verdient es Anerkennung, daß Rußland eine Anlehnung an Westeuropa überhaupt schon in diesem Maße vollzogen hat. Ich muß gestehen, dies nicht erwartet zu haben. Der Weg, den eine großeuropäische Union noch nehmen wird, ist steinig. Und er ist es deshalb, weil wir in Rußland - gemessen an unserer deutschen Geschichte - nie nur ein Opfer, sondern immer auch einen Täter sehen müssen. Wenn ich hoffe, daß Rußland in seinem taktischen Handeln eine Wandlung vollziehen kann, ist das nicht naiv. Ich billige Rußland lediglich die Chance zu, sein altes Selbstverständnis in Zukunft zu korrigieren - denn eine Korrektur ist zwingend erforderlich. Wie Happo schon sagte: Gazprom ist kein Unternehmen, das reinen marktwirtschaftlichen Kriterien entspricht. Gazprom ist eine Waffe in Händen des Kremls. Wir können also nur abwarten, wie sich Rußland innenpolitisch entwickeln wird. Denn davon hängt ab, ob das Szenario einer Annäherung vollendet werden kann. Thorsten
Schalke 04-Sportlich
Moin, Happo! Wem kann denn schon "wohl dabei sein", eine Partnerschaft mit diesem Unternehmen einzugehen? Aber wie ich bereits zu erklären versuchte, mag ein Teil dieses Gefühls seine Ursachen in alten Klischees haben. Das macht es nicht besser, zwingt jedoch zu einer differenzierten Betrachtung. Woran wollen wir also messen, was unter einem "normalen" und einem folgerichtig "unnormalen" Konzern zu verstehen ist? Ich will mich gar nicht der Kritik an Gazprom und an der russischen Politik verschließen. Nach "westlichen" Gepflogenheiten, scheint uns Gazprom unheimlich vorzukommen. Die Betonung liegt aber auf "scheint". Nur weil wir gelernt haben, einer amerikanischen Politik und dem agressiven Vorgehen westlicher Unternehmen ideell näher zu stehen, können wir doch in der Beurteilung Gazproms und damit Rußlands nicht den objektiven Richter spielen! Darf ich an die Rolle der CIA in Süd- und Lateinamerika erinnern, oder muß ich dem amerikanischen Kriegstreiber Bush sowie seinen monopolistischen Ausbeuterfreunden als Heilsbringer huldigen, weil sie weniger "schlimm" sind? Als Rußland noch kommunistisch war, durften wir westlichen Nationen uns unserer ökonomischen Überlegenheit sicher sein. Nun zittern wir vor Angst, weil uns Rußland möglicherweise mit unseren eigenen Waffen schlagen könnte. Da spielt es keinerlei Rolle, ob Gazprom nach unseren Vorstellungen ein "normales" Unternehmen ist. Wir haben die Gesetze der Märkte geschaffen. Damit müssen wir leben - mit allen Konsequenzen! Glück auf!
Schalke 04-Sportlich
Moin, Schalker und Nichtschalker! Das Thema Gazprom passt gut in diesen Thread, da wir Handvoll Schalker hier ohnehin alles diskutieren, was mit dem Verein zu tun hat. Ich möchte nämlich gerne auch im RS-Forum ein paar Dinge loswerden, die mir in Verbindung mit Schalkes neuem Sponsor auf der Seele liegen. Wie vielleicht schon bekannt geworden ist, hat der Autor des Schalker Musicals Michael Klaus verlautbaren lassen, daß er wegen des neuen Schalke-Sponsors den Verein ab sofort nicht mehr als "seinen Verein" ansieht. Er begründet dies mit den mafiösen Strukturen und dem brutalen ökonomischen Vorgehen des Konzerns. Ein ähnliches Bild wird in dem von gurkenglas zitierten Artikel gezeichnet: Gazprom wirbt um ein anderes Image und bedient sich dabei unseres Vereins als Werbeträger. Ich kann verstehen, daß Gazprom kritisch beäugt wird. Was wir an Nachrichten aus Rußland zu sehen, lesen und hören bekommen, entspricht immer noch in weiten Teilen dem stereotypen Klischee eines Systems, wie es zu den Zeiten des kalten Krieges gepflegt wurde. Aber auch kein anderes europäisches Land hat während der letzten zwei Jahrhunderte unsere deutsche Geschichte derart häufig - mittelbar und unmittelbar - beeinflusst, wie es Rußland tat. - Napoleon durchquerte preußisches Territorium, um mit seiner Großen Armee gegen den russischen Feind zu ziehen und schwächte damit auf Jahrzehnte hinaus alle Machtansprüche Preußens. - Bismarcks Außenpolitik war stets von dem festen Willen getragen, eine Achse Frankreich/Rußland zu verhindern. Er sah in den Franzosen zwar den deutschen Erzfeind, war sich aber stets auch der Bedrohung aus Richtung Osten bewußt. - Der Balkan-Konflikt, den Rußland maßgeblich mit forciert hatte, war einer der Gründe, die zum ersten Weltkrieg führten. - Die Nazi-Verbrecher erkoren russisches Gebiet zum Objekt ihrer Wahnvorstellung, neuen Lebensraum für die arische Rasse schaffen zu wollen. - Das Vorrücken russischer Truppen sorgte für die abstruse Situation, nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, eine Demakationslinie quer durch Deutschland gezogen zu haben, an der sich mit den westlichen Alliierten einerseits und Rußland andererseits zwei ökonomisch nicht kompatible Systeme gegenüberstanden. - Mit der DDR baute sich Rußland seinen eigenen Satellitenstaat in Zentraleuropa, der in der Folge die Weltpolitik der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts prägte: Mauerbau, Kalter Krieg, Entspannungspolitik, Auf- und Nachrüstung und schließlich der Mauerfall mit Wiedervereinigung und der daran anschließenden Osterweiterung der EU. Der aktuelle Status Quo sieht uns Deutsche also nun erstmalig an der Seite Rußlands und nicht mehr in bedrohlicher Gegnerschaft. Aber die Angst vor möglichen Hegemoniebestrebungen des russischen Bären scheint weiterhin tief in uns verwurzelt zu sein. Das ehemalige Feindbild beherrscht selbst heute noch unser Denken und unsere Vorstellungen von Rußland. Und ganz so abwegig scheint dieses Bild auch nicht zu sein. Immerhin ist Rußland alles andere als eine Vorzeigedemokratie. Das organisierte Verbrechen grassiert in Moskau, wie die Mafia weiland in Chicago. Korruption, Bandenkriege, Mordanschläge auf Personen des öffentlichen Lebens und undurchsichtige Verflechtungen von Politik und Unterwelt haben Formen angenommen, vor denen sich sogar das mafiageplagte Italien wie ein friedfertiges Paradies ausnimmt. Doch Gazprom als Sinnbild verbrecherischen Handelns zu stigmatisieren, halte ich für falsch. Wer sich wie Michael Klaus von Schalke abwendet, weil dort eine Partnerschaft mit Gazprom eingegangen wurde, dürfte große Probleme haben, ohne Gewissensbisse im Deutschland dieser Tage zu leben. Wir beziehen fossile Brennstoffe aus Rußland und legitimieren damit auch die Lieferanten. Eine Vielzahl deutscher Großkonzerne ist an Gazprom beteiligt und profitiert unmittelbar am ökonomischen Erfolg des Energieriesen. Das macht Gazprom nicht zu einer unschuldigen Jungfrau, aber wer Schalke und Gazprom gleichschalten will, darf die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Schalke ist genau so wenig und genau so viel Kollaborateur wie diejenigen, die seit Jahrzehnten den politischen und ökonomischen Schulterschluß mit Rußland vorantreiben - und ein Ende dieser Entwicklung ist noch lange nicht in Sicht. Der Hinweis, Rußland benutze seine energiepolitische Macht im Konflikt mit Weißrußland ist lächerlich. Da bekommen wir zu hören, daß Weißrußland seit Beginn dieses Jahres den vierfachen Preis für Erdgas zahlen müsse. Was sind das für erbärmliche Pharisäer??? Zum einen ist Weißrußland ein totalitäres Regimes antiquiertester Prägung, das es schlichtweg nicht verdient, durch billiges Erdgas subventioniert zu werden. Zum anderen liegt der von Weißrußland zu entrichtende Gaspreis immer noch unter Weltmarktniveau. Mir ist jedenfalls kein "westlicher" Energieversorger bekannt, der ähnliche Rabatte vergibt. Gazprom soll also dafür verurteilt werden, daß es ökonomisch nachvollziehbar handelt... ... und natürlich dafür, daß es ein staatlich kontrolliertes Unternehmen ist. Dabei ist mir die Energieversorgung in staatlicher Hand bedeutend lieber, als unter der Kontrolle verabscheuungswürdigster Heuschrecken, die trotz horrender Milliardengewinne Millionen von Arbeitsplätzen auf dem Gewissen und ganze Drittweltökonomien zu Grunde gerichtet haben. Rußland befindet sich im Strukturwandel. Haben wir schon vergessen, daß erst vor rund anderthalb Jahrzehnten die Mauer fiel? Dürfen wir da von einem sich vorsichtig öffnenden und entwickelnden Land erwarten, in so kurzer Zeit soziale und ökonomische Quantensprünge zu vollbringen? Und: Haben wir Deutschen im vergangenen Jahrhundert nicht gleich zwei Mal die Chance für uns in Anspruch genommen, unsere Vergangenheit in Selbstbestimmung zu bewältigen??? Gerade die Stahlkonzerne unserer Region durften die Erfahrung machen, trotz ihrer fragwürdigen Verbindungen mit den Nazi-Verbrechern, zu den tragenden Säulen des deutschen Wirtschaftswunders geworden zu sein. Wer da noch über Gazprom richten will, soll es bitteschön tun! Ich bediene mich da etwas differenzierterer Beurteilungsparameter. Und hinsichtlich des Engagements von Gazprom als Sponsor eines Fußballvereins kommen alle Einwände ohnehin um Jahre zu spät. Da haben schon ganz andere den Profisport für sich als Tummelplatz ihrer Interessen entdeckt. In Kamp-Lintfort wird man es wohl mit gemischten Gefühlen sehen, wenn Real Madrid mit "BenQ" auf der Brust seine Spiele bestreitet... Glück auf!
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