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EM-Vergabe 2024
DFB sucht den E-Mail-Maulwurf

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Kurz vor der Vergabe der EM 2024 hat der DFB ein riesiges Problem. Brisanter als die Inhalte der geleakten E-Mails um den Länderspielort ist der Fakt, dass Schreiben von Präsident Grindel und Vize Koch publik wurden.

Ironie war das Letzte, was Reinhard Grindel gebrauchen konnte. Blass und sichtlich genervt ob der Nachfragen verschwand der DFB-Boss aus der Interview-Zone der Fußball-Arena in Sinsheim und kündigte eine interne Suche nach dem E-Mail-Maulwurf an. Die Kommentare über öffentlich gewordene Schreiben mit seinem Vize Rainer Koch hatten dem Präsidenten zugesetzt. «Absurd» sei die Diskussion, merkte Grindel an. Zweieinhalb Wochen vor dem Stichtag der EM-Vergabe 2024 muss der DFB-Präsident im Wahlkampfendspurt plötzlich intern aufräumen, statt sich auf internationalem Parkett um wichtige Stimmen für Deutschland zu kümmern.

Die Debatte um das angeblich auf Grindels Geheiß aus Sorge vor Fangewalt und leeren Rängen in Sinsheim statt in Frankfurt ausgetragene Länderspiel gegen Peru (2:1) hatte da längst eine spöttische Dimension erreicht. Angesichts der mehr als 10 000 lautstarken und fröhlichen peruanischen Fans unter den 25 494 Zuschauern wurde gescherzt, der DFB habe das Spiel offenbar letztlich nach Lima verlegt. Oder: Mit so vielen friedlichen Gästefans wäre auch das Stadion in Frankfurt voll geworden und Grindels diskutabler Vorstoß für Sinsheim gar nicht notwendig gewesen.

Die Inhalte der Schreiben von Grindel und Koch vom 28. Februar, die das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» am Wochenende veröffentlichte, sind auch nicht das eigentliche Problem. Sie werden wohl auch keinen von der DFB-Bewerbung überzeugten UEFA-Wahlmann davon abhalten, am 27. September für Deutschland zu stimmen. Dass sich Grindel für Sinsheim und damit einen womöglich besseren Werbe-Rahmen beim letzten Länderspiel vor der Vergabe stark machte, ist sogar nachvollziehbar.

Die angeblich in Stein gemeißelte Reihenfolge der Heimspielorte wurde vom DFB-Präsidium schon häufiger umgangen - ganz ohne öffentliche Aufregung. Der starke EM-Konkurrent Türkei gibt sich nicht internen Debatten hin. Beim Heimspiel gegen Russland vergangene Woche wurde das Stadion in Trabzon zu einer einzigen Werbefläche roter Fußball-Begeisterung.

«Wir haben am 2. März im Präsidium entschieden, dass wir in Sinsheim spielen, vor einem vollen Haus. Das haben wir heute gemacht. 2019 werden wir ein attraktives Euro-Qualifikationsspiel in Frankfurt abhalten. Das war auch so beabsichtigt. Von daher finde ich diese Diskussion sehr, sehr übertrieben. Alles andere besprechen wir intern, aber nicht in der Öffentlichkeit», sagte Grindel.

Intern! Genau da liegt für Grindel das Problem. Denn die Spurensuche nach der undichten Stelle lässt Raum für Spekulationen um die Machtverhältnisse im vom WM-Desaster noch längst nicht vollständig erholten Verband, der sich gerne als «Neuer DFB» beschreibt. Wer hatte ein Interesse, die Schreiben publik werden zu lassen? Und war die Motivation, Grindel gezielt zu schwächen? Diese Frage muss Grindel beantworten, denn er ist im Moment ein Verlierer der Affäre.

Seine Wortwahl zur Spielortfrage in der Mail vom 28. Februar entlarvt ihn als eher schwachen Anführer. Nur 33 Minuten nach Eingang eines Schreibens von DFB-Vizechef Koch antwortet Grindel einlenkend. «Wenn es andere glauben besser zu wissen, stelle ich mich dem nicht entgegen. Dann machen wir es halt», heißt es unter anderem in dem vom «Spiegel» veröffentlichten Schreiben. Statt eines Antwortschreibens hatte Koch, ranghöchster Amateurvertreter im DFB-Präsidium, ihm laut Nachrichtenmagazin auch ein Telefonat zur abendlichen Stunde angeboten. Grindel wählte zumindest zunächst die Schriftform.

Koch, neben Grindel ein Sender und außer Generalsekretär Friedrich Curtius einziger erkennbarer Adressat der Mails, äußerte Befremden über den Vorgang. An den Spekulationen, wie das Schreiben an die Öffentlichkeit gelangen konnte, wollte er sich in den Stadionkatakomben von Sinsheim nicht beteiligen. «Ich weiß, wer es nicht war. Meine E-Mail kam von meinem privaten Account», sagte er.

Alles andere müsse die DFB-Verwaltung klären. Beim Verband läuft die Ursachenforschung bereits. Die klammheimliche Hoffnung: Statt einer Indiskretion durch einen Mitarbeiter könnte ein leichter schließbares technisches Leck zum Informationstransport geführt haben.

Seit dem WM-Debakel und den folgenden Nachwehen, bei denen Grindel vor den Rassismusvorwürfen und dem Rücktritt von Mesut Özil eine miserable Figur machte, wurden aus dem Profi- wie aus dem Amateurlager Forderungen laut, der DFB müsse grundlegend umstrukturiert werden. Eine Idee: Die Nationalmannschaft wird ausgegliedert und der Verband als Konstrukt für die Amateure fortgeführt. Grindel hätte bei dieser Variante wohl keine Zukunft mehr als DFB-Boss. dpa

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