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EM 2016
Es gibt auch eine EM fernab der Krawalle

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EM 2016: Es gibt auch eine EM fernab der Krawalle
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Die Krawalle von Marseille haben am Wochenende für negative Schlagzeilen gesorgt. Doch nicht alle Fans haben sich am ersten EM-Wochenende daneben benommen.

Als "Nacht der Schande im Stade Vélodrome" bezeichnete die "Mail on Sunday" die Vorkommnisse von Marseille am vergangenen Wochenende, in der russische und englische Hooligans sich Straßenschlachten lieferten und Samstag während der Partie England gegen Russland brutale Außeinandersetzungen auf den Tribünen fabrizierten.

Zusammen mit den Meldungen um 50 deutsche Hooligans, die sich in Lille daneben benahmen, verschafft dies für die Fans zuhause den Eindruck, als könne man nicht mehr live an einem internationalen Großturnier teilnehmen und müsse Angst um sein Leben und das der eigenen Familie haben. Zumal die Terrorgefahr im Vorfeld ohnehin für Bedenken bei den Besuchern der Fußball-EM gesorgt hatte.

Aber es gibt auch eine EM fernab der Krawalle von Marseille und Lille. Schon vor dem Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Rumänien am vergangenen Freitag im "Stade de France" in Paris hüllten die Fans Campingplätze, Hotels, die Fanzone am Eiffelturm und die Pariser Innenstadt in die Farben aller Länder. Vor allem die Iren wussten mit lautstarken Gesängen zu überzeugen und verwandelten Paris in ein grünes Fahnenmeer. "James McClean hates the f***ing Queen" und "Come on you boys in green" hallten bis in die frühen Morgenstunden durch die Pariser Straßen - ins Bett wollte hier keiner.

Schweden in Ibrahimovic-Trikots wurden an jeder Ecke mit "Abba"-Gesängen begrüßt, die Italiener hatten einen als Papst verkleideten Anhänger in ihren Reihen, der die Fans mit dem "Urbi et Orbi"-Segen von einem kleinen Balkon aus segnete und deutsche Fans tanzten in Lederhosen mit einem Ghetto-Blaster den Zillertaler Hochzeitsmarsch.

Vor dem Eröffnungsspiel liefen Franzosen und Rumänen zusammen zum Stadion und machten gemeinsam Fotos für den heimischen Kühlschrank. Nirgendwo ein Anzeichen von Hass oder Gewalt - nirgendwo Schlägereien oder Jagdszenen. Die Fans feierten gemeinsam ihre große Liebe: den Fußball.

Und dennoch herrschte überall höchste Alarmstufe. Bereits einen Kilometer vor dem "Stade de France" erwartete die Fans vor dem Eröffnungsspiel die erste von drei Sicherheitskontrollen. Die Gendarmerie persönlich führte eine erste Sprengstoff- und Waffenkontrolle durch, bei der vor allem die Hüfte auf mögliche Sprengstoffgürtel kontrolliert wurde. Alle Kontrollbereiche wurden zudem von Militärs mit Gewehren bewacht. Für die Fans ein erstes Gefühl der Sicherheit.

500 Meter weiter folgte die zweite Kontrolle, bei der die Tickets auf Echtheit geprüft wurden. Und letztlich, kurz vor dem Stadion, die Hauptkontrolle durch den Sicherheitsservice, der explizit den Körper abtastete und die Fans aufforderte, auch die Hosentaschen komplett zu leeren und während der Kontrolle alle Gegenstände sichtbar in die Luft zu halten. Insgesamt benötigte man für alle drei Kontrollen knappe 20 Minuten - Eine ordentliche Dauer für einen Andrang von 81.338 Menschen. Als einziger Wermutstropfen kristallisierte sich die Organisation der Eingänge heraus. Alle Fans wurden vor dem Spiel zum östlichen Eingang des Stadions geführt, da hier die Sicherheitskontrollen vorbereitet wurden. An dieser Stelle hätte man die Besucher mit mehreren Eingängen "entzerren" können.


Wer diese Kontrollen mit denen aus Bundesligastadien vergleicht, kann sich dabei nur sicher fühlen. Wohl auch deshalb nahmen die Zuschauer die Kontrollen sichtlich erleichtert an und hatten überhaupt keine Probleme, sich dem zu beugen. Im Stadion feierten sie friedlich ihre Mannschaften und respektierten sich zu jeder Zeit, auch nachdem Dimitri Payet Frankreich mit 2:1 zum Last-Minute-Sieg schoss.

Ähnlich gestaltete sich die Situation auch beim ersten Auftritt der deutschen Nationalmannschaft in Lille. Auch hier hatten deutsche Hooligans im Vorfeld in der Innenstadt für Negativschlagzeilen gesorgt, als sie auf ukrainische Fans einprügelten. Im Stadionumfeld hingegen ging es ebenso friedlich zu wie in Paris.

Allen voran Helmut Robers, der Rikscha fahrende Münsteraner, der oberkörperfrei mit über 30 Kuscheltieren und Deutschlandflaggen, die an seinem Gefährt hafteten, durch die Straßen von Lille fuhr, begeisterte die Massen und stand stundenlang für Fan-Fotos Spalier. "Unterwegs sein" ist sein Stichwort. Mal hier, mal da. Immer der Musik hinterher, egal wohin es ihn treibt.

Die Kneipen am "Stade Pierre Mauroy" platzten aus allen Nähten und vor den Toren des Stadions wurde schon eine Stunde vor Einlass getanzt. Ukrainer und Deutsche versuchten sich gegenseitig ihre Lieder beizubringen, doch "Que sera, sera, die Deutschen sind wieder da. Besoffen wie jedes Jahr, que sera, sera", konnten die ukrainischen Fans nicht ganz akzentfrei aus dem Leibe peitschen.

Zwei Einlasskontrollen in Lille

Beim Einlass fanden die Fans dieses Mal zwei Kontrollen vor. Bei der ersten ging es um das Ticket, die zweite war die Haupteinlasskontrolle ins Stadion. Auch hier wurde explizit der Hüftbereich abgetastet, Schuhe wurden inspiziert und wieder mussten alle "Mitbringsel" aus den Taschen genommen werden. Entsprechend der Größe des Stadions von 50.083 Plätzen fielen die Kontrollen in der Zahl zwar geringer aus als im Stade de France, waren aber dennoch dem Fanaufkommen angemessen.

Die Polizei kooperierte auch hier mit dem Militär und verbreitete ein Gefühl der Sicherheit. Für einige Fans gab es im Stadion dann noch eine dicke Überraschung. Obwohl sie nur Tickets der untersten Kategorie (55 Euro) hatten, konnten sie sich fühlen wie Gott in Frankreich. Der Mittelrang des Stade Mauroy, normalerweise komplett VIP-Bereich, wurde in ein normales Kartenkontingent umgewandelt. Das Ambiente, mit feinen Teppichen, Gemälden an den Wänden und Stehtischen ausgestattet, konnten die Fans aber trotzdem genießen. Überall hingen HD-Bildschirme und gaben den Besuchern die Möglichkeit, das zuvor laufende Spiel der Polen gegen Nordirland zu verfolgen - ein besonderes Bonbon des Veranstaltungskomitees.

Als das Spiel angepfiffen wurde, waren die deutschen Fans klar in der Überzahl und wussten auch lautstärketechnisch zu überzeugen. Die ost-europäischen Anhänger begeisterten die deutschen indes mit ihren weiblichen Fans, die des öfteren knapp bekleidet im gelben Ukraine-Dress auf den Bildschirmen zu sehen waren, sich jedoch gesangstechnisch nur bedingt zu erkennen gaben.


https://www.youtube.com/watch?v=CQhG2-jlvpg

Shkodran Mustafi und Bastian Schweinsteiger besorgten später im ersten Spiel den ersten Dreier für die DFB-Elf und entließen die Fans mit guter Laune in die Nacht. Stellten Parkmöglichkeiten und die Anreise mit der Metro die Behörden am Stade de France noch vor eine große Hürde, konnte man im beschaulichen Lille entspannt auf einem der großen Parkplätze sein Auto abstellen oder ohne Probleme und geringe Wartezeit mit der U-Bahn anreisen. Das "mulmige" Gefühl, so bestätigten viele Fans, sei zwar "immer gegenwärtig", aber sowohl die Organisation als auch die Präsenz der französischen Behörden gaben den Besuchern der EM zumindest in den Stadien und im näheren Umfeld das Gefühl von Sicherheit, das für eine gelungene Partystimmung bei derartigen Spielen nötig ist.


Internationaler Fußball kann auch friedlich sein. Konkurrenten können zusammen feiern und sich verständigen, obwohl sie nicht einmal die gleiche Sprache sprechen. Ob mit der Rikscha, der Metro oder dem Wohnmobil - die echten Fans kommen von überall und wollen nur eines: den Fußball feiern und ihre Mannschaft unterstützen.

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