Viel Optimismus versprüht der FC Bayern München vor dem Duell der Giganten gegen Real Madrid nicht gerade. Der deutsche Rekordmeister hofft vielmehr auf Michael Ballack und ein "weißes Wunder": Während Ronaldo, Beckham, Zidane und Co. nach einer Anreise mit erheblichen Hindernissen und verspäteter Landung in München einen Kälteschock erleben, lässt das Schnee-Chaos in der bayerischen Landeshauptstadt die Stimmung beim deutschen Meister schlagartig steigen.
"Das Wetter haben wir bestellt. So ein Wetter mögen die Südländer nicht. Ich hoffe, dass wir davon profitieren, Real spielt nicht oft auf Schnee, das sind sie nicht gewohnt", frohlockte Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld vor dem Achtelfinal-Schlager in der Champions League am Dienstag (20.45 Uhr) gegen Real Madrid.
Temperaturen um den Gefrierpunkt
Schon der Abflug nach München hatte für die "Königlichen" mit Widrigkeiten begonnen. Wegen der winterlichen Verhältnisse in München bekam Real zunächst keine Starterlaubnis und saß knapp eine Stunde am Flughafen in Madrid fest. "Madrid, das immer in München verloren hat, kämpft auch noch gegen die Kälte: zehn Grad unter Null", unkte bereits die Sportzeitung Marca. "Das Wetter ist selbstverständlich ein Vorteil für die Bayern", sagte zudem Trainer Carlos Queiroz. Gar schlimm wird es für die Real-Stars aber dann doch nicht werden: Die Temperaturen liegen um den Gefrierpunkt - und auch die Rasenheizung im Olympiastadion läuft auf Hochtouren.
Dennoch klammerte sich Hitzfeld vor dem bislang wichtigsten Spiel der Saison nach den schwachen Vorstellungen der vergangenen Wochen an das Wetter - und an die Genesung seiner Führungsspieler. Kapitän Oliver Kahn hat seine Rückenprobleme überwunden und wird spielen. Auch ein Einsatz von Michael Ballack, der zuletzt unter Bronchitis litt, ist wahrscheinlich. Der Spielmacher war beim Abschlusstraining des Rekordmeisters am Montagnachmittag dabei. Eine definitive Entscheidung soll aber erst am Spieltag fallen. Ob der Mittelfeldspieler dann von Beginn an auflaufen wird, ließ Hitzfeld ebenfalls noch offen. "Das liegt daran, wie er sich fühlt", sagte der Bayern-Coach,
Heimbilanz spricht für die Bayern
In den bisherigen sieben Europapokal-Heimspielen hatte es immerhin sieben Siege der Bayern gegeben - doch nicht einmal an die Statistik wollte der Rekordmeister angesichts seiner anhaltenden Formkrise zuletzt glauben. Zwischen unter zehn Prozent (Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge) und "maximal 30 Prozent" (Präsident Franz Beckenbauer) bewegten sich die Prognosen für ein Weiterkommen des deutschen Rekordmeisters.
Entsprechend kleinlaut gaben sich die ansonsten selbstbewussten Bayern und sahen sich erstmals in der langen Europapokalgeschichte sogar als krasser Außenseiter. Doch genau darauf vertraut Hitzfeld vor der Partie im seit Wochen mit 59.000 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion: "Wir sind Außenseiter, das wird uns beflügeln. Ich vertraue meiner Mannschaft. Aber wir müssen am oberen Limit spielen."
Auch Kahn, der am Samstag gegen den Hamburger SV ausgefallen war und durch Michael Rensing vertreten wurde, sieht dies als Chance für die Bayern an: "Wir sind ausnahmsweise einmal nicht Favorit. Deshalb wird das für uns ein ganz anderes Spiel. Wir können gegen Real nur gewinnen."
Real lässt sich nicht beeinflussen
Ungewohnte Sprüche aus München, von denen sich Real jedoch nicht einlullen lassen will. "Bayern sieht sich jetzt schon als Opfer. Aber das ist nur ein Trick", meinte Superstar David Beckham. Auch Real-Trainer Carlos Queiros kann "über die so genannte Bayern-Krise nur lachen - und dass ihre angebliche Schwäche uns zum Favoriten macht. Die Bayern verwandeln sich immer auf erstaunliche Weise, wenn sie auf Madrid treffen". Er habe die Videos der vergangenen Champions-League-Spiele gegen den FC Bayern studiert und sei zu dem Schluss gekommen: "Wenn man zu leichtsinnig wird, töten sie dich ganz schnell."
14 Vergleiche gab es im Europapokal bisher - neunmal hieß der Sieger FC Bayern, bei nur vier Niederlagen und einem Remis. Zuletzt war der deutsche Rekordmeister jedoch in der Saison 2001/02 im Viertelfinale (2:1/0:2) am neunmaligen Europapokalsieger (Landesmeister und Champions League) Madrid gescheitert.
Gute Erinnerungen an München hat im Gegensatz zu Real David Beckham. 5:1 gewann der "Spice-Boy" mit der englischen Nationalmannschaft gegen Deutschland. "Es wäre fantastisch, wenn sich das für mich wiederholen ließe. Wenn wir so spielen, wie wir können, werden wir keine Probleme haben. Wir haben keine Angst vor Bayern München, nur Respekt." An jenem 1. September 2001 lag im Olympiastadion allerdings kein Schnee.