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Rot-Weiß Oberhausen
Abschieds-Interview von Sommers - Als "Vorstand raus" in den Rasen geätzt wurde

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Hajo Sommers wird bei RWO kein weiteres Amt mehr ausüben - nach über 6000 Tagen in der Verantwortung ist Schluss.
Hajo Sommers wird bei RWO kein weiteres Amt mehr ausüben - nach über 6000 Tagen in der Verantwortung ist Schluss. Foto: Socrates Tasso
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Bei RWO endet eine Ära. Zum Abschied von Hajo Sommers sprechen wir in Teil eins des Interviews über den Auf- und Abstieg zu Beginn seiner Zeit und eine Anekdote, die noch nie erzählt wurde.

Am Montag, den 20. Januar 2025, steigt bei Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen die Mitgliederversammlung. Dort wird unter anderem der neue Aufsichtsrat gewählt, der im Anschluss den Vorstand ernennt.

Auf der Versammlung wird der neue Aufsichtsrat die Mitglieder über seine Pläne informieren. Neuer Vorstandsvorsitzender soll der langjährige RWE-Boss Marcus Uhlig werden. Das ist bekannt. Ebenso: Hajo Sommers wird erstmals seit 2005 keine Verantwortung mehr bei den Kleeblättern tragen.

2005 übernahm er einen Teil der Verantwortung, von 2007 bis 2023 war er über 5800 Tage Präsident von RWO. Wenn am 20. Januar die Wahlen bei den Oberhausenern anstehen, ist er seit über 6000 Tagen Teil des Vorstandes.

Damit endet eine Ära bei dem Traditionsverein. In dieser Zeit ging es für RWO in den Himmel, aber auch in die Hölle. Im 13. Jahr spielt man nun in der Regionalliga.

Wir haben zum Abschied von Sommers mit dem 66-Jährigen gesprochen. Über die letzten 20 Jahre, seine Highlights, aber auch über schlimme Momente und die Zukunft von RWO. Hier gibt es Teil eins des Interviews. Teil zwei wird es am Samstag geben.

Hajo Sommers, wenn Sie die vielen Jahre in ein kurzes Fazit einbetten müssten, wie viele ihr Resumee aus?

Es war ein Wechselbad der Gefühle. Allerdings muss man dazu sagen, dass der positive Teil zu 70 Prozent überwiegt, sonst hätte ich das nicht so lange gemacht. Man muss Fußball einfach grundsätzlich aushalten.

Sie scheiden Ende Januar nach über 6000 Tagen in der Verantwortung bei RWO aus. Wie lang hat es sich angefühlt?

Länger, definitiv länger. Gefühlt würde ich behaupten, dass ich nie was anderes gemacht habe.

Los ging es 2005. Im September trat der damalige Vorstand um Präsident Hermann Schulz, Manager Manfred Rummel und Heinz-Hermann Schulz zurück. Wie kamen Sie damals zu den Kleeblättern?

Es gab damals eine Runde, zu der Thomas Dietz eingeladen hatte. Es fiel dann der Satz, ´wollen wir den Verein nicht mal retten`? Es ging damals schon um die Frage einer Insolvenz, sollen wir unten wieder anfangen oder sollen wir versuchen, Geld aufzutreiben. Das wurde zwischen vier und acht Wochen diskutiert. Es gab auch damals schon zwei Lager. Die einen waren für die Insolvenz, die anderen nicht. Am Ende gab es keine Insolvenz und wir arbeiteten zunächst mit einem Notvorstand. Nach den nächsten Wahlen wurde Dirk Buttler der erste Vorsitzende. Nach einigen Monaten hat er wieder aufgehört. Es wurde demnach ein neuer Vorstandsvorsitzender gesucht und Kollege Thomas Dietz sagte, dass ich das machen muss. Ich hab das auch eingesehen. Ich war derjenige mit dem größten Bekanntheitsgrad und der wenigsten Kohle.

Wie oft haben Sie die Entscheidung, das Amt zu übernehmen, in der ganzen Zeit bereut?

So richtig hab ich es nie bereut. So bereut nach der Art, dass mir nicht alle auf den Sack gehen sollen, 80 bis 100 Mal.

Wenn Sie sich an 2005 zurückerinnern? Was für einen Verein haben Sie damals übernommen?

Als ich das erste Mal an die Landwehr kam, hatten wir Jugendumkleiden, die mehr Schimmel hatten als eine Champignon-Kultur. Wir hatten einen Jugendbereich, einen Container, in dem die erste Etage nicht mehr begehbar war. Wir hatten einen Jugendbus, der hatte keinen TÜV, keine Bremsen und kein Profil. Dieser Zustand beschreibt den ganzen Verein von damals. Das hat man sicher von Innen anders gesehen als wir von Außen. Und wir haben einen Verein übernommen, der in Oberhausen mehr gehasst als geliebt wurde. Man kann einfach keinen Verein gegen eine Stadt machen. Oder gegen die Bewohner einer Stadt. Man kann das wohl, aber dann muss man so viel Geld haben, dass es total egal ist, ob du akzeptiert wirst, ob Leute kommen oder ob die Stadt nett zu dir ist.

Als ich das erste Mal an die Landwehr kam, hatten wir Jugendumkleiden, die mehr Schimmel hatten als eine Champignon-Kultur. Wir hatten einen Jugendbereich, einen Container, in dem die erste Etage nicht mehr begehbar war. Wir hatten einen Jugendbus, der hatte keinen TÜV, keine Bremsen und kein Profil

Hajo Sommers

20 Jahre später. Was für ein Verein wird an die neuen Verantwortlichen übergeben?

Schwierige Frage, weil ich es mitgebaut habe. Sportlich gesehen haben wir in den Jahren einmal alles gesehen. Wir sind in die 2. Bundesliga hoch, haben uns da etwas amüsiert und sind dann wieder runter in die Regionalliga, wo wir schon seit zwölf Jahren herumhampeln. Ich glaube, dass wir in den 20 Jahren zumindest – was die Infrastruktur, die Jugendarbeit, aber auch die Professionalität angeht - viel gebaut haben. Das war immer ein Auf und Ab, das wird auch immer so bleiben in dieser Stadt. Und das ist gar nicht gegen die Stadt Oberhausen gerichtet, denn das ist der strukturellen Situation des Ruhrgebietes geschuldet. Es ist kein reiches Gebiet und dann gibt es eine Masse an Mitbewerbern, die größer sind.

Können Sie sich noch an das erste Spiel als Präsident von RWO erinnern?

Nein, gar nicht.

Was? Das war nach dem Aufstieg in die Regionalliga Nord ein 4:1 bei Rot-Weiss Essen. Der Beginn des Wahnsinns, der mit dem Doppelaufstieg unter Hans-Günther Bruns endete.

Ja, stimmt, ich sage ja, es war ein auf und nieder. An dem Beispiel kommen wir ja zum Thema. Geld schießt Tore. Kein Geld kann aber auch Tore schießen. Da hat mal alles gestimmt. Wenn der Lauf erstmal da ist und alle an sich glauben, selbst die, die gar kein Fußball spielen können, dann läuft es. Wenn alle glauben, dass sie die Größten sind, dann kann auch so ein Jahr mal vorkommen, wo dich keiner aufhält. Das war auch im ersten Jahr 2. Bundesliga auch noch so.

Im dritten Jahr ging es dann mit dem Absturz los...

Eigentlich schon im zweiten Jahr 2. Bundesliga. Wir hätten vor dem dritten Jahr, aber das wollte damals keiner, die Entscheidung treffen müssen, dass wir im dritten Jahr das Geld nehmen und absteigen. Wir waren so gut wie schuldenfrei und hätten das Geld einsammeln müssen. Wenn wir die Kohle da nicht ausgegeben und gesagt hätten, dass wir absteigen, dann hätten wir in der 3. Liga mit Geld wieder anfangen können. Aber das konnte man eben niemandem so erklären.

Stattdessen ging es auch dort sofort runter in die Regionalliga...

Wir hätten mit Geld in der 3. Liga eine neue Euphorie entfachen können. Aber nach dem Abstieg hatten wir keine Euphorie, dazu wieder einen kleinen Schuldenberg. Nach dem erneuten Abstieg in die Regionalliga waren wir dann wieder so weit wie 2005.

Seitdem kämpft der Verein an allen Ecken und Enden. Wenn Sie die ganze Zeit betrachten, gab es den einen Moment, der für Sie am schönsten war?

Da ich beim Aufstieg in die 2. Bundesliga weder bei Union Berlin dabei war, noch bei den Feierlichkeiten in Oberhausen, da ich sechs Wochen in Hamburg Theater gespielt habe, habe ich diese Euphorie gar nicht mitbekommen. Daher sind es für mich andere Momente. Ein Highlight war es, dass unsere Fanabteilung den 120-sten Geburtstag, den sie selber ausgerufen haben, sehr schön umgesetzt haben. Sie haben tolle Dinge dafür getan, das war ein schönes Abschiedsgeschenk.

Es gibt aber noch etwas, was bisher nie öffentlich war, oder?

Ja, mein richtiges Highlight war was anderes. Bei irgendeinem Spiel, ich weiß nicht mehr, welches es war, hat jemand vor der Partie Vorstand raus in den Rasen geätzt. Keine Ahnung, wie das gemacht wurde, vielleicht mit Nitro-Verdünnung. Das fand ich großartig. Ich hätte ein Bild davon gemacht und mich daneben gestellt. Aber das wollte keiner, so kam es nie raus. Wir haben es dann bis zum Spiel grün angemalt. Mein Plan war eigentlich, dass wir darunter schreiben. Genau – der Vorstand.

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