An der Spitze der Regionalliga West ist Alemannia Aachen der Konkurrenz längst enteilt, steht inzwischen acht Punkte vor dem ersten Verfolger. Im neuen Jahr konnte nur ein Team genauso viele Punkte einfahren wie der Tabellenführer - und zwar der SC Wiedenbrück.
Das kommt überraschend, steckten die Ostwestfalen zum Jahreswechsel noch tief im Abstiegskampf. Doch mit fünf Siegen aus den vergangenen sechs Spielen und nur einer Niederlage aus den acht Partien seit dem Restrundenstart kletterte der SCW auf Rang neun und kann schon jetzt für die fünfte Regionalliga-Saison in Folge planen.
Wie das vor dem Hintergrund des Rückzugs des Hauptsponsors läuft und wie er auf seine eigene Zukunft schaut, erklärt Erfolgstrainer Daniel Brinkmann (38), der bereits seit über vier Jahren an der Seitenlinie steht und derzeit den Lehrgang zum Fußballlehrer absolviert.
Daniel Brinkmann, wo sehen Sie die Gründe für den aktuellen Erfolgslauf Ihrer Mannschaft?
Wir haben vorher ähnlich gespielt und gearbeitet. An der Herangehensweise hat sich nichts geändert. An der Spielweise auch nicht. Jetzt machen wir im richtigen Moment die Tore.
Macht es aktuell mehr Spaß als sonst?
Ich freue mich natürlich total über den Lauf. Und man merkt, dass es Blockaden löst bei den Jungs. Ich sehe das differenzierter, weil ich die Mannschaft nicht danach bewerte, ob der Ball vom Pfosten ins Tor springt oder wieder raus. Aber am Ende des Tages müssen wir uns alle an Ergebnissen messen lassen. Und das läuft wirklich gut.
Auch gegen vermeintliche Top-Mannschaften wie Fortuna Köln, Bocholt und RWO haben Sie in diesem Jahr gepunktet. Sind diese Spiele noch mal eine besondere Motivation?
Gegen Teams von oben standen wir schon häufig gut da. Es kann schon sein, dass sich unterbewusst eine Art David-gegen-Goliath-Denken bei den Jungs einschleicht. Für mich spielt das in der Vorbereitung keine Rolle. Aber es sind natürlich tolle Spiele, man misst sich schließlich gerne mit den Besten.
Aber ich sage auch ganz klar, dass ich irgendwann in der Zukunft den nächsten Schritt gehen möchte
Daniel Brinkmann
Sie haben bisher ausschließlich vom Klassenerhalt als Ziel gesprochen. Wie sieht es jetzt aus?
Nach dem Sieg bei Gladbach II am vergangenen Wochenende sind wir selbstbewusst genug zu sagen, dass wir die Klasse halten werden. Die Punkte, die wir dafür vielleicht noch holen müssten, holen wir. Jetzt wollen wir unsere Ziele anpassen.
Inwiefern?
Ein einstelliger Tabellenplatz, die Nummer eins im Kreis bleiben vor Gütersloh, ein positives Torverhältnis oder der Rückrunden-Vereinsrekord - das sind beispielsweise Themen, mit denen wir uns beschäftigen möchten. Es geht aber auch darum, Spielern, die zuletzt bei Fifty-Fifty-Entscheidungen zurückstecken mussten, mit in die Entwicklung zu ziehen. Der Verein steht dafür, junge Spieler zu entwickeln. Und in der aktuellen Situation wird es leichter, dem ein oder anderen mehr Spielzeit zu verschaffen.
Wie sieht es aus mit Blick auf die kommende Saison? Nach dem angekündigten Rückzug des Hauptsponsors Ende des Jahres hieß es, dass die Zukunft des SCW unabhängig vom Klassenerhalt offen sei.
Es gibt noch Dinge, die geklärt werden müssen. Aber die klare Tendenz ist, dass wir weiter Regionalliga-Fußball anbieten wollen. Der Etat wird dennoch überschaubar aussehen für Regionalliga-Verhältnisse und das macht uns automatisch zu einem Abstiegskandidaten. Aber das sind wir aus den letzten Jahren gewohnt. Uns ist es immer gut gelungen, aus wenig viel zu machen. Daher mache ich mir nicht in die Hose. Wir wollen lösungsorientiert denken und Lösungen kann man immer finden.
Bleiben Sie denn sicher über den Sommer hinaus in Wiedenbrück? Sie werden derzeit zum Fußballlehrer ausgebildet und es soll zum Beispiel Interesse von Rot-Weiß Oberhausen geben.
Ich höre immer mal wieder etwas von anderen Vereinen, und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass noch nichts an mich herangetragen wurde. Aber momentan plane ich die Saison 2024/25 für den SC Wiedenbrück. Ich bin dem Verein sehr dankbar für die Chance, die er mir gegeben hat. Aber ich sage auch ganz klar, dass ich irgendwann in der Zukunft den nächsten Schritt gehen möchte. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, das weiß ich nicht. Darüber sollen andere spekulieren. Ich konzentriere mich zu 100 Prozent auf meinen Job und ich freue mich, in einem sehr sauber geführten Verein in die neue Saison zu gehen.
Wie ist der Stand bei der Kaderplanung?
Aus dem aktuellen Kader haben bereits 14 Spieler ihre Zusage gegeben. Da werden mindestens noch zwei bis drei weitere folgen. Damit haben wir schon mal einen großen Stamm beisammen. Wir haben in der letzten Transferzeit bereits gut vorgearbeitet.
Bevor am Osterwochenende Schalke II nach Wiedenbrück kommt, steht die Länderspielpause an. Wie nutzen Sie die Zeit?
Die Jungs haben sich ein paar freie Tage verdient. Wir werden bis einschließlich Donnerstag trainieren, dann wollen wir uns mal für ein paar Tage nicht sehen. Für mich passt das zeitlich sehr gut zu meiner Hospitation für den Fußballlehrer, die ich derzeit beim SC Paderborn absolviere. Anschließend werden wir mit voller Power in die Schalke-Woche gehen und uns gut auf das Spiel vorbereiten.