Der Europameister von 1996 soll in Zusammenarbeit mit Cheftrainer Michael Kulm das Potenzial des aktuellen Kaders analysieren und für die nächste Saison 2008/2009 eine schlagkräftige Mannschaft zusammenstellen. „Ich freue mich über die neue Aufgabe im Ruhrgebiet. Ich werde mit aller Kraft dazu beitragen, dass RWE sportlich wieder dort stehen wird, wo der Verein hingehört“, erklärt der in fünf Tagen runde 40 Lenze werdende 235-fache Bundesligaspieler. Der Club soll also nicht schwach wie „Flasche leer“ sein. RWE-Präsident Rolf Hempelmann: „Es ist uns gelungen, mit Thomas Strunz einen erfahrenen Mann zu verpflichten.“ Der Champions League-, Weltpokal- und UEFA-Cup-Sieger mit Bayern München (2001, 1996) wurde. Dazu kamen mit den Bajuwaren fünf deutsche Meistertitel und zweimal der DFB-Pokal-Lorbeer. Hempelmann: „Für uns war es wichtig, keine Zeit zu verlieren und bestmöglich vorbereitet in die neue Saison zu gehen.“
Thomas Strunz, Sie sind ja doch kein Geist?
Nein, ich bin sicherlich in den Medien ganz schön rumgegeistert in letzter Zeit, aber mich gibt es. Ich werde für den Sportbereich verantwortlich sein. Für die Kaderzusammenstellung, Aufstellung des Teams rund um die Mannschaft. Ich werde mit dem aktuellen Trainer die Lage erörtern. Ich freue mich, dass ich einem Club wie RWE helfen kann und über das Vertrauen.
Ging es schnell mit der Entscheidung?
Es lief nicht erst seit zwei Tagen. Ich habe den Glauben an die Zukunft des Clubs erfahren. Es gibt viele Menschen, die im Hintergrund wirken und auch vieles bewirken werden. RWE hat eine Zukunft, auch wenn die Qualifikation für die eingleisige dritte Liga nicht geschafft wird. Ich werde mein Möglichstes tun, damit RWE wieder dort landet, wo man hingehört. Wie lautet Ihr Titel genau?
Wie es am Ende heißt, ist unwichtig. Ich bin Ansprechpartner für Spieler, Berater, Clubs, für jeglichen sportlichen Teil. Ich benötige keinen Titel. Wenn es beim geplanten Ausscheiden von Michael Kulm zum 31. Mai bleibt: Haben Sie schon einen neuen Trainer an der Hand?
Nein, das erste, was ich tun werde, ist, mich mit allen Leuten im Club zusammenzusetzen, viele Gespräche zu führen. Mit Michael Kulm, aber auch mit dem Jugendkoordinator Andy Winkler, mit dem A-Jugendcoach. Es ist bezeichnend, dass der aktuelle Regionalligist RWE mit allen Jugendauswahlen in den Topligen vertreten ist. Die Zweitvertretung steigt auf, es muss also Qualität da sein. Ziel muss eine weitere Identifikation und Verwurzelung mit der Region sein. Aus diesem Reservoir muss rekrutiert werden.
Was macht das jetzige Personal?
Aus dem vorhandenen Kader wollen wir den einen oder andern behalten, auch wenn es nicht für die dritte Liga reicht. Stand heute sollte man davon ausgehen, man muss realistisch sein. Ich bin optimistisch, dass wir das hinkriegen. Ich hoffe, dass auch die leidige Stadionfrage zu einem guten Ende kommt. Sie waren im großen Fußball zuhause – jetzt sitzen Sie beim taumelnden RWE im Boot.
Das soll ein Zeichen nach außen sein, auch ein Signal für einen Stimmungsumschwung. Es ist nicht alles so schlecht, wie es vielleicht ob der sportlichen Situation scheint. Ich glaube daran, dass die Konzepte, die im Hintergrund formuliert werden, Früchte tragen. Ich möchte für die gute Zukunft stehen, dafür gebe ich meinen Namen. Es lohnt sich, mitzumachen. Hier passiert was, es wird neue Ideen und einen neuen Geist geben. Das geht in Richtung jedes Esseners und an jedes Essener Unternehmen.
Haben Sie schon Spieler an der Hand?
Ich habe noch keinen dabei, dafür ist noch viel zu früh. Wichtig ist, jetzt Ruhe in die Situation reinzubringen. Im Fall der Nicht-Qualifikation für die dritte Liga müssen ja auch die Vertragssituationen diskutiert werden. Es geht um Berater, Familien, Existenzen. Mein Job ist es, da zu sein für Probleme, die jetzt auftauchen. Dazu mein vorhandenes Netzwerk zu gebrauchen. Klar ist, nur mit jungen Leuten ist eine Aufgabe nicht zu bewältigen. Man benötigt Struktur und Verantwortungshierarchie. Wichtig ist letztendlich nur die Qualität des Akteurs und der Wille, die Mission RWE zu begleiten. Man wird sehen, wie die persönlichen Philosophien der Spieler sind. Wie sahen Sie das Match in Wuppertal?
Das Team holte unglücklich nur einen Zähler. Man hat in einigen Situationen noch die Verunsicherung gemerkt. Man hat Angst, etwas zu verlieren. Wenn man selbstbewusster ist, geht man nach vorne und macht das entscheidende Tor. Das war gegen einen schwachen WSV möglich. Der Druck ist groß. Was passiert, wenn es nach dem letzten Spieltag tatsächlich nur noch die vierte Liga sein wird?
Bei einem Club wie RWE kann es in dieser Stadt nur darum gehen, eine Mannschaft aufzubauen, die im nächsten Jahr um den Aufstieg mitspielt. Ob das geschafft wird, kann auch ein Elfmeter oder eine Rote Karte im letzten Match entscheiden. Sich nur zu konsolidieren, kann man niemandem verkaufen, das ist auch nicht meine Mentalität. Ich will offensiv mit der Situation umgehen. In welcher Liga auch immer. Wird es ein Fulltime-Job für Sie?
Klar ist, die Führung eines Clubs in der Position, die ich bekleiden werde, ist nicht im Dreitages-Rhythmus möglich. Logisch ist aber auch, ich werde nicht jeden Tag auf der Geschäftsstelle zu finden sein. Es gibt viele Möglichkeiten, es wird sehr zeitaufwendig. Wenn man den Erwartungen gerecht werden will, muss man sich sehr intensiv damit beschäftigen.
Ihr erster Wohnsitz ist Spanien.
Ich lebe im Süden, in der Nähe von Malaga, werde aber natürlich sehr oft in Essen zu finden sein. Man wird sehen, wie die praktischen Abläufe sein werden. Wo ich wohne, spielt für mich deshalb keine große Rolle. Klar ist, heute schaue ich mir erst die U19 an, dann die 90 Minuten der Zweitvertretung.