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Dortmund II: Amateur-Manager Heinz Keppmann kontert Kritiker
"Dankbar sein, dass es solche Talentschuppen wie uns gibt!"

Dortmund II: Amateur-Manager Heinz Keppmann kontert Kritiker
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Das Jahr 2007 war für die Reserve von Borussia Dortmund ein einziger Erfolgs-Zug. Erst die beeindruckende Rückrunden-Aufholjagd zum kaum noch für möglich gehaltenen Last-Minute-Klassenerhalt, in der aktuellen Serie dann der souveräne Marsch in die Qualifikations-Ränge zur künftigen dritten Bundesliga. Schwer vorstellbar, dass sich so ein Positiv-Lauf noch toppen lässt. Die "junge Bande" des BVB holte in den vergangenen zwölf Monaten stolze 64 Zähler, eilte - bis auf wenige Ausnahmen - von Erfolg zu Erfolg.

"Das, was hier zuletzt passiert ist, hat niemand erwartet. Wenn man die Leistungen der Mannschaft betrachtet, dann erfüllt mich das schon mit Stolz", sagt Heinz Keppmann. Der rührige Amateur-Manager des BVB ist ein absolutes Urgestein, arbeitet seit Ende 1967 bei den Schwarz-Gelben und begann dort als Jugend-Trainer. Seit 1988 kümmert sich der seit gestern 70-Jährige um die Geschicke des Profi-Unterbaus. RevierSport unterhielt sich mit Keppmann über Perspektiven, Aufgaben, Erfahrungs-Vorsprung und Stellenwert des Talentbeckens. Außerdem nimmt er Stellung zu einigen Kritikpunkten, die aus der Liga an den Borussen laut wurden. Heinz Keppmann, viele Reserven fristen bei ihren Clubs ein stiefmütterliches Dasein, in Dortmund scheint das Standing anders gelagert zu sein oder täuscht der Eindruck? Nein, das ist absolt richtig. Mir tut es ehrlich gesagt unheimlich gut, wenn ich spüre, wie eng Geschäftsführer Aki Watzke an der zweiten Mannschaft dran ist. Wir haben ständig Telefon-Kontakt, er versucht so oft es geht zu unseren Spielen zu kommen. Nehmen wir das Beispiel Babelsberg. Da ist Watzke von einer G14-Tagung eher abgehauen, um unsere Partie zu sehen. Wenn dieses begleitende Interesse von der Chefetage da ist, dann werte ich das als schöne Anerkennung. Die Komplimente, die wir von oben bekommen, gebe ich gerne an die Jungs weiter. Aber es gibt auch von externer Seite viel Zuspruch. Und zwar von wem? Meine Kollegen im WFLV-Präsidium haben mir schon mehrfach gesagt: So, wie ihr abgeschnitten habt, hätten wir das niemals erwartet. Auf den diversen DFB-Tagungen besteht natürlich auch Kontakt zu den Verantwortlichen von Bayern, Stuttgart oder Werder Bremen, auch dort wird die Entwicklung beim BVB genau verfolgt. Die Tatsache, dass wir die jüngste Truppe in der Gruppe sind, beachtet man teilweise gar nicht.

Vielleicht verwässert der Einsatz eines Lars Ricken, der ja immerhin Champions League-Sieger und mehrfacher Deutscher Meister mit den BVB-Profis wurde. Was entgegnen Sie den nach wie vor scharfen Kritikern, die den Begriff Wettbewerbsverzerrung in den Mund nehmen, wenn solche versierten Kicker im unterklassigen Bereich auflaufen?

Das ist doch eine große Lächerlichkeit und eine ganz dumme Bemerkung, zu behaupten, Lars Ricken würde den Wettbewerb verzerren. Es hat sich doch herauskristallisiert, dass du als Reserve-Team nicht unbedingt verstärkt wirst, wenn Profis auflaufen. Teilweise fehlt die Bindung, die Abstimmung mit den Nebenleuten, die Motivation des Gegners ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Wir haben als Zweitvertretung nicht nur die Ausbildungs-Aufgabe. Sondern? Auch die Aufgabe des Ranführens von verletzten Akteuren aus dem Lizenzkader. Sebastian Kehl hat nach langer Pause zwei Partien bei uns gemacht. Mit welcher Freude er bei uns aufgelaufen ist, wie er sich nach anfänglicher Zurückhaltung gegen Emden in die Bälle geworfen hat, wie er mit unseren Regionalliga-Spielern umgegangen ist, das war erste Sahne. Und kurz danach ist er wieder oben dabei gewesen. Um nochmals auf die Kritik am Einsatz von Bundesliga-Fußballern zurückzukommen: Umgekehrt scheint es ja nicht groß zu interessieren, dass wir in den vergangenen Monaten bei Personal-Problemen mehrfach bei unseren Profis ausgeholfen haben. Was heißt das konkret? Es gab wichtige Spiele, in denen bei uns die Stammkräfte Nico Hillenbrand, Christian Eggert, Patrick Njambe, Uwe Hünemeier oder Sahr Senesie fehlten, weil sie oben auf der Bank saßen. In anderen Fällen fuhren Nachwuchs-Leute nachts nach einem Bundesliga-Match zu einer Auswärts-Partie unserer Mannschaft, um dort ohne große Erholungs-Phase aufzulaufen. Bei uns muss man grundsätzlich feststellen, dass die enge Zusammenarbeit zwischen den Trainern Früchte trägt. Der Austausch klappt ausgezeichnet. Ein gutes Stichwort: Theo Schneider gibt seinem Team immer Rückendeckung, lässt sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen. Wie wichtig ist er im Gesamt-Gebilde? Ich hatte Theo vor vielen Jahren als Spieler in der A-Jugend. Wir verstehen uns, es gibt viele Dinge, über die wir gar nicht sprechen müssen, die werden einfach so erledigt, wie der andere sich das vorstellt. Er sitzt bei uns ganz fest im Sattel. Sicher gibt es manchmal Interesse von anderen Clubs, aber Schneider weiß auch, was er bei uns und an uns hat. Meiner Ansicht nach hat Theo vom Fachwissen und vom Umgang her die Befähigung, einen Bundesligisten zu trainieren. Irgendwann wird er da landen, aber das Ganze muss wachsen.

Um Mehmet Akgün rankten sich kurz vor dem Jahreswechsel erneute Wechsel-Gerüchte. Angeblich hatte der türkische Traditions-Verein Galatasaray Istanbul seine gelb-rote Angel nach dem Allrounder ausgeworfen. Wie ist der Stand? Sein Berater, den ich als seriös einstufe, hat mich tatsächlich darüber informiert, dass eine Anfrage von Galatasaray vorliegt. Aber Akgün wird bei Borussia Dortmund bleiben. Was macht Sie da so sicher?

Zum einen ist Memo nach den ganzen Jahren in Deutschland kein richtiger Türke und hätte es in Istanbuld entsprechend schwer. Zum anderen ist er einen langen Weg gegangen. In der Jugend hat Akgün als Stürmer begonnen, rückte dann immer weiter nach hinten, wo er besonders wertvoll ist. Er läuft die Bälle ab, leistet sich kaum Fouls, spielt ohne Eigensinn, dafür aber sehr mannschaftsdienlich. Durch seine Schnelligkeit und Vielseitigkeit auf der rechten sowie linken Seite wird Akgün seinen Weg machen. Er wird es in die Bundesliga schaffen, man muss ihm aber Zeit geben. Warum sollte der BVB solche Perspektiv-Spieler ziehen lassen?

Wieso ist die dritte Bundesliga für Borussia Dortmund so wichtig? Wenn wir in die eingleisige Klasse hineinkommen, wäre das unbezahlbar. Im direkten Vergleich mit anderen Reserve-Mannschaften wird deutlich: Bayer 04 Leverkusen, der FC Schalke 04, der 1. FC Köln, der VfL Bochum oder Borussia Mönchengladbach hinken allesamt hinterher. Die haben den Zug schlichtweg verpasst. So einfach kannst du jetzt nicht Mal eben aufspringen.

Logisch, weil die Spanne zwischen Ober- und dritter Bundesliga ab Sommer größer wird.

Selbst, wenn eine der genannten Mannschaften in ihrer Spielklasse Erster werden sollte, könnte sie nicht in die neue Staffel aufsteigen. Das bedeutet für uns einen enormen Erfahrungs-Vorsprung. Wir wären, immer vorausgesetzt, dass uns der Sprung auch wirklich gelingt, von Beginn an dabei. Was hieße das für Talente in der Umgebung?

Die Signalwirkung wäre unglaublich für eine wertvolle Nachwuchs-Arbeit. Und auch die Entwicklung für die Jungs aus den eigenen Reihen würde vorangetrieben. Spieler aus der A-Junioren-Bundesliga sind alle im Stande, zumindest in der Oberliga oder NRW-Klasse mitzumischen. Die eingleisige Regionalliga bedeutet allerdings eine meilenweite Entfernung und eine gehörige Umstellung. An unserem Mehmet Boztepe, der fußballerisch unheimlich viel mitbringt, sieht man, wie schwer dieser Schritt in eine höhere Liga ist.

Blicken wir zurück auf den Saisonstart: Nach nur vier Punkten aus den ersten sechs Duellen sah es ziemlich mau aus, dann kam die Befreiung beim 3:0 in Cottbus.

Da habe ich mir die Jungs vorher zur Brust genommen. Im Hotel in Cottbus machte ich ihnen klar: Da, wo wir jetzt sind, steigen in drei Wochen die Bayern ab, danach der HSV und unsere Profis. Wir können künftig viel Geld sparen und erst am Spieltag anreisen, wenn ihr das so möchtet. Ich habe allen deutlich gemacht, nicht um die goldene Ananas spielen zu wollen und noch hinzugefügt, dass die Truppe einen bundesligareifen Coach hat. Wer ewig Talent bleiben will, der soll Halma spielen. Auch die Diskussionen, ob mit einem Sechser oder einem Doppel-Sechser effektiver agiert werden kann, waren für mich uninteressant. Mir ging es um die Leistung - und die haben die Spieler anschließend gebracht. Hauen Sie oft auf den Tisch? Nein, zu oft darfst du das nicht machen, dann verliert sich die Wirkung. Aber wenn es angebracht ist, ergreife ich durchaus schon Mal das Wort. Wenn ich etwas sage, dann wissen die Jungs auch, was los ist. Hat Sie der mangelhafte Entwicklungs-Vorwurf, der zum Teil in der Liga laut wurde, getroffen? Eigentlich möchte ich das gar nicht kommentieren. Ich bin stolz auf das, was bei uns zusammenwächst. Wenn andere Vereine ihre eigene Philosophie verfolgen, dann sollen sie das tun. Alle, die uns kritisieren, würden sich doch überhaupt nicht trauen, mit so einer jungen Formation an den Start zu gehen. Tatsache ist: Die zweiten Mannschaften der Bundesligisten versorgen etliche Traditions-Teams mit Nachwuchs-Kräften. Eigentlich müssten alle dankbar sein, dass es Talentschuppen wie uns gibt. In Dortmund können schließlich nicht alle Akteure aus dem eigenen Reservoir in der Bundesliga spielen. Woanders werden sie mit Kusshand genommen. Ein paar Worte zu den BVB-Fans: Rund 200 traten die Reise nach Dresden an, in Ahlen wurden 500 schwarz-gelbe Schlachtenbummler gezählt, bei Heimspielen sind vierstellige Kulissen keine Seltenheit. Woher kommt diese Resonanz? Das hängt damit zusammen, dass die Spieler auf ihrem Karriereweg regelmäßig begleitet werden, hinzu kommt die engagierte Spielweise. Unser ehemaliger Torwart Sören Pirson, der ja im Sommer zu Konkurrent Rot-Weiss Essen gewechselt ist, hat eine enge Bindung zu den Fans aufgebaut. Sören ist nach den Spielen immer mitten in den Block gegangen, um dort über das Megaphon Lieder anzustimmen. Nach dem Abpfiff geht unsere Mannschaft immer erst zu den Anhängern, um sich zu bedanken, das gehört dazu. Die Zusammenarbeit mit den Fans ist klasse und ich bin auch stolz darauf, dass sie sich einwandfrei benehmen. Bisher gab es bei Heim- und Auswärts-Partien keine Zwischenfälle.

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