Abpfiff der Partie. Die Essener gehen geschlossen Richtung Westkurve. Einhellig skandieren Mannschaft und Fans „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey“, gefolgt von einer Humba. Danach gibt es Applaus, auf dem Weg in die Kabine klopfen sich die Spieler gegenseitig auf die Schulter. Diese Bilder stammen vom sechsten Spieltag, nachdem RWE den Bonner SC mit 1:0 besiegt hat und sind mittlerweile zehn Wochen her. Die Wahrheit ist mittlerweile eine andere.
Nur noch die Hälfte der Zuschauer haben sich am Samstagnachmittag ins Stadion Essen eingefunden. Die 5277 Anwesenden bedeuten deutlichen Saison-Minusrekord. Die Spitze ist mittlerweile davongeeilt. Kurz vor Schluss schallt es von den Tribünen: „Wir wollen euch kämpfen sehen.“ Wenig später: nichts mehr. In den Schlussminuten konnte man gar jedes Wort, das auf dem Platz gesprochen verstehen. Der Anhang steht nach der 1:3-Niederlage gegen die zweite Mannschaft eines Erzrivalen unter Schock. Zumal es diesmal keine offensichtlichen Erklärungen gibt.
„Wir haben das Spiel nach der Führung nicht so gespielt, dass man das Gefühl hatte, dass der Fuß lockerer geworden ist“, sagt Essens Trainer Karsten Neitzel, der selber sichtlich an der Niederlage zu nagen hatte. Wobei es zeitweise anders aussah. Marcel Platzek hatte die Rot-Weissen nach 20 Minuten in Führung gebracht. Es war sein erster Treffer nach seiner schweren Mittelfuß-Verletzung. Nach einer eigenen Ecke kontert Fortuna Düsseldorf II zum 1:1 durch Kianz Froese. Vier Minuten vor der Halbzeit hatte Kai Pröger aus kurzer Distanz die Führung auf dem Fuß, traf mit seinem Gewaltschuss jedoch nur die Latte. Neitzel: „Nach dem 1:1 wurde der Fuß immer schwerer, wir haben keinen guten Fußball mehr gespielt.“
In der zweiten Halbzeit kam es dann knüppeldick. Ein direkt verwandelter Freistoß durch Taylan Duman sorgte für die Führung der Elf von Trainer Nicolas Michaty, der gut aufgelegte Froese machte knapp zehn Minuten vor dem Ende gar den Deckel drauf. Dafür gab es am Ende nicht einmal mehr den aufmunternden Applaus, den die RWE-Spieler vor wenigen Wochen auch noch nach Niederlagen empfangen hatten. Stattdessen gab es eine Megafon-Ansage des Capos. Der Geduldsfaden beim Essener Anhang ist sichtlich gerissen.
Autor: Stefan Loyda