Die Essener mühten und bemühten sich, doch mal fehlte das Glück, mal die Klasse, um den selbstbewussten und routinierte Gast zu besiegen. Dabei blieb eigentlich genug Zeit, denn der einzige Treffer des Spiels fiel durch Tobias Willers bereits nach drei Minuten.
Schon vor dem Anpfiff mussten die Gastgeber eine Hoffnung begraben. Torjäger Marcel Platzek war noch nicht fit nach seiner Fußverletzung und fehlte im Aufgebot. Damit stellte sich die Mannschaft von Trainer Karsten Neitzel gewissermaßen wieder von selbst auf.
Die zweite Hoffnung der Essener, den Spitzenreiter aus Köln ins Straucheln zu bringen und selbst Boden auf die Spitzengruppe gut zu machen, bekam schon nach drei Minuten einen derben Dämpfer. Nach einem Freistoß für die Viktoria aus dem Halbfeld wurde der Ball auf den zweiten Pfosten verlängert, wo ihn Tobias Willers mit dem Kopf ins lange Ecke Netz bugsierte zur 1:0-Führung.
Was nun RWE? Wieder einmal war Mentalität gefragt, um diesen frühen Rückschlag wegzustecken. Die Gastgeber schüttelten sich und versuchten, Linie ins Spiel zu bringen. Immer wieder, unermüdlich. Sie liefen den Gegner früh an, um Fehler zu provozieren. Auch deshalb tauchte Kapitän Benjamin Baier oft auf der Mittelstürmerposition auf, was allerdings ebenfalls ein Indiz ist für die Verletzungsmisere der Hausherren. Köln machte durchaus ein paar Fehler, doch die Essener nutzten die Balleroberungen selten. Insgesamt blieben sie ziemlich harmlos, weil es der Offensive oft an Präzision mangelte. Da misslang doch manche Flanke und flog weit hinaus aus dem Strafraum auf die andere Seite.
Der Spitzenreiter stand kompakt, stellte die Räume zu und wirkte in der Anfangsphase auch gefährlicher. Doch mit der Zeit schalteten die Gäste immer mehr in den Verwaltungsmodus und ließen, ganz abgezockt, den Gegner sich austoben.
Nach einer schönen Kombination mit Lukas Scepanik hatte sich Timo Brauer bis zur Grundlinie durchgespielt, doch sein Rückpass war zu ungenau und rollte ins Leere (15.). Dann wieder ein sehenswertes Zusammenspiel von Pröger und Heber, doch die Flanke konnte Florian Bichler im Fünfmeterraum nicht kontrollieren (26.) und verfehlte das Ziel deutlich. Dann versuchte es Nico Lucas aus 20 Metern - knapp drüber (40.). Die Essener investierten viel, doch der Ertrag war unterm Strich zu dürftig.
Direkt nach der Pause plötzlich die Parallele zur ersten Hälfte (48.). Nach drei Minuten Freistoß für RWE, Kopfballverlängerung, und Brauer köpfte ins Netz. Doch Schiedsrichter Siewer hatte Brauer im Abseits gesehen - kein Tor. Die Rot-Weissen machten nun mehr Dampf, erhöhten das Tempo. Kevin Grund prüfte Torhüter Patzler aus spitzem Winkel, Pröger kurz danach aus der Distanz (51.).
Trainer Neitzel brachte nach gut einer Stunde Angreifer Enzo Wirtz für den Mittelfeldmann Nico Lucas. RWE hatte mehr Ballbesitz, spielte und rannte, doch es tat sich allzu selten Lücke auf. Der Tabellenführer investierte kaum noch etwas, setzte wenn überhaupt auf Konter. Viel war das nicht, aber es reichte.
Und in der Schlussphase fand auch die Viktoria wieder ins Spiel. Holzweiler scheiterte ebenso aus wenigen Metern an RWE-Keeper Lukas Raeder (75.) wie Timm Golley und Christian Derflinger aus 22 Metern (77./ 78.). Bezeichnend aber, dass Viktoria Köln innerhalb von drei Minuten fast genauso viele Möglichkeiten hatte, wie RWE bis dahin. Boris Tomiak hatte kurz nach seiner Einwechslung dennoch den Ausgleich auf dem Fuß (83.), sein Versuch geriet aber zu schwach. Scepanik wiederum fand bei seinem Kopfball in Patzler den Meister, der stark reagierte (87.).
Autor: Rolf Hantel