Nicht etwa hitzige Diskussionen über Zahlen oder das sportliche Abschneiden, sondern die Ehrung eines Jubilars sorgte bei der Mitgliederversammlung von Rot-Weiss Essen für einen emotionalen Höhepunkt. Der ehemalige Mannschaftsbetreuer und Zeugwart Günter Barchfeld wurde in der Messe Essen für 70 Jahre Mitgliedschaft geehrt.
Die Anwesenden erhoben sich und applaudierten laut und anhaltend. Torjäger Marcel Platzek, der mit seinen Mannschaftskollegen im Auditorium saß, bevor es ab zum Waldlauf ging, kam auf die Bühne und überreichte dem Jubilar eine „70“ aus Berlinern. Warum Gebäck? Nun, Barchfeld versorgt noch heute die Mitarbeiter und die Fußballer an der Hafenstraße mit Kuchen. Ebenfalls stehende Ovationen bekam der ehemalige Essener Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger, der den Rot-Weissen immerhin seit 40 Jahren angehört.
Harmonische drei Stunden
Auf der dreistündigen Sitzung wurden eher unspektakuläre Bilanzen vorgelegt, entsprechend harmonisch ging es zu. Der Vorstandsvorsitzende Marcus Uhlig zeichnete für den Finanzbericht verantwortlich. Das Geschäftsjahr 2017 hat der Verein mit einem Fehlbetrag von 62 119,28 Euro abgeschlossen. Dabei sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr (6,65) um rund 873 000 auf 5,777 Millionen Euro. Grund dafür waren unter anderem geringere Einnahmen aus dem Spielbetrieb von mehr als 300 000 Euro (auch durch den Rückgang um etwa 1000 Zuschauer), aus dem Merchandising und aus dem Catering.
Außerdem schlug im ersten Halbjahr 2017 der Ausstieg des früheren Großsponsors Innogy mit 150 000 Euro zu Buche.
Durch Sparmaßnahmen in Höhe von etwa 800 000 Euro konnte das Defizit begrenzt werden. Allein die Personalkosten (für den Gesamtverein, inklusive erster Mannschaft und Jugendabteilung) wurden noch unter der Regie des damaligen Vorsitzenden Michael Welling um fast 500 000 auf etwa 2,9 Millionen Euro gegenüber 2016 eingedampft.
Marcus Uhlig stellte das Projekt „#19,07“ vor. Dabei will der Verein um Partner werben, die bereit sind, den Verein zwei Jahre lang jeden Monat mit 19,07 Euro zu unterstützen. Als Gegenleistung sollen diese auf einer neuen Anzeigetafel im Stadion Essen verewigt werden. Als Ziel gab der RWE-Vorstand an, dadurch 300 Unterstützer gewinnen zu wollen, was einen Ertrag in Höhe von knapp 70 000 Euro pro Saison bringen könnte. Von der Versammlung wurden Uhlig, Vorgänger Welling und der Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von André Helf jeweils mit großer Mehrheit entlastet.
Für die Saison 2018/2019 planen die Rot-Weissen mit einem nahezu unveränderten Haushalt. Das Budget für die erste Mannschaft (zuvor circa 1,5 Millionen Euro) wurde leicht angehoben, obwohl RWE sich erstmals seit vier Jahren nicht für den DFB-Pokal qualifiziert hat. „Damit tritt der Verein in Vorleistung, um die Wahrscheinlichkeit für sportlichen Erfolg zu erhöhen“, sagte Uhlig, der noch die Verpflichtung eines dritten Torhüters und eines flexiblen Offensivspielers ankündigte: „Mit dem aktuellen Stand von 19 Feldspielern und zwei Torhütern sind wir aber schon sehr zufrieden und insgesamt gut aufgestellt.“
Ziel: länger und enger oben mitspielen
Die Vorgabe für die Mannschaft und die Sportliche Leitung um Cheftrainer Karsten Neitzel und Sportdirektor Jürgen Lucas wurde nach dem enttäuschenden zehnten Tabellenplatz der Vorsaison klar formuliert. „Es muss unser erstes Ziel sein, länger und enger oben mitzuspielen. Dafür müssen wir uns alle gemeinsam ins Zeug legen“, betonte Uhlig, der mehr Zuversicht und eine positivere Grundeinstellung fordert. Vor allem die Heimauftritte müssten deutlich verbessert werden. Insgesamt neun Spiele haben die Rot-Weissen in der vergangenen Saison verloren, sieben davon an der Hafenstraße.
Die einzige Kontroverse an diesem Tag gab es um eine geplante Satzungsänderung. So hatte die Vereinsführung vorgeschlagen, dass man aus Kostengründen künftig auf eine schriftliche Einladung zur JHV für jedes Mitglied verzichten und stattdessen die Tagesordnung auf der Internetseite des Vereins veröffentlichen könne. Dagegen wehrten sich viele der 283 stimmberechtigten Mitglieder und setzten durch, dass weiterhin schriftlich eingeladen wird. Aber ein wirkliches Problem ist das nicht.