Von einem Blick in die sozialen Netzwerke oder dem Stimmenfang in der Kurve sei Waldemar Wrobel mit Rücksicht auf die eigene Gesundheit derzeit ausdrücklich abgeraten. Nach der Vorbereitung und dem späten Remis in Köln hat es seine Mannschaft vollbracht, das zarte Pflänzchen der Zuversicht in nur 180 Minuten wieder zu zertreten.
Dass sich die Kritik des unzufriedenen Umfelds nun in erster Linie auf den Trainer fokussiert, ist ein Automatismus. Angenehmer macht es diese Erfahrung vermutlich nicht. Zumindest aber darf sich Wrobel gewiss sein, dass der Vorstand sich nicht öffentlich an der Diskussion beteiligt. Dr. Uwe Harttgen ist ohnehin in der undankbaren Situation, die Lage als beinahe Außenstehender zu bewerten. Daher geht es derzeit vor allem darum, sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen. Nach wie vor genießen Gespräche erste Priorität – in alle Richtungen und mit allen Beteiligten. „Das haben wir immer so gehandhabt und das hat sich durch Uwe Harttgen eher noch intensiviert“, betont der geschäftsführende Vorsitzende Dr. Michael Welling.
Die beiden Vorsitzenden verkaufen nach außen eine einheitliche Linie. „Ich kann jeden Fan verstehen, der absolut enttäuscht ist und das auch äußert. Das ist völlig in Ordnung“, sagt Harttgen. „Dennoch lassen wir uns nicht von der Emotion oder kurzfristigen Dingen leiten. Wir müssen rational handeln. Es ist meine Aufgabe, mich tagtäglich mit der Situation auseinanderzusetzen. Das muss ich mit allen Beteiligten erörtern.“
Als verfahren, geschweige denn hoffnungslos ordnet der ehemalige Bremen-Profi die Lage allerdings gar nicht unbedingt ein. Die Reaktion der Mannschaft in den zweiten 45 Minuten in Leverkusen gebe durchaus Anlass zur Hoffnung. „Wenn wir so eine Leistung über 90 Minuten hinbekommen, wäre das schon mal ein guter Schritt. Man sieht ja, wie schnell dann auch wieder ein Funke auf die Zuschauer überspringen kann. Und jetzt haben wir schon am Dienstag wieder ein Spiel.“
Nicht nur Wrobel auf dem Prüfstand
Die Auswärtsaufgabe in Siegen könnte den Essenern tatsächlich in die Karten spielen. Zumindest würde ein Erfolgserlebnis das Arbeiten ein wenig ruhiger gestalten. Das wäre nach Stand der Dinge bereits ein Punktgewinn. Vornehmlich gilt es für Harttgen und Welling nun, Zeit zu gewinnen. Denn natürlich hat RWE – wenn überhaupt – mehr als nur ein Trainerproblem. Keinen Deut weniger geht es auch darum, die Mannschaft penibel unter die Lupe zu nehmen. Das Einzige, was derzeit ziemlich unstrittig sein dürfte: Zum Saisonende muss ein personeller Cut stattfinden. Nicht zuletzt hat RWE Harttgen verpflichtet, um die Kaderplanung zu verantworten. Das Arbeitszeugnis der Angestellten ist derzeit ein zehnter Platz in mittelbarer Reichweite der Abstiesgplätze. Es gibt überzeugendere Referenzen – auch für Spieler.