Ercan Aydogmus kletterte mit übergestreiftem Yilmaz-Trikot auf den Zaun an Stehplatz Mitte. Trainer Uwe Koschinat musste von seiner Frau sanft in den Fanblock geschubst werden, um „Eines Tages wird´s geschehen…“, anzustimmen. Bei der Fortuna feierte jeder den 4:2-Erfolg vor 6.430 Zuschauern im Derby gegen die Viktoria auf seine eigene Art und Weise. Es war der dritte Sieg im dritten Vergleich mit dem Lokalrivalen. Und als Zugabe gab es sogar die Tabellenführung in der Regionalliga West obendrein.
Ercan Aydogmus hatte nach Abpfiff seinen Spaß
Wie ein angeschlagener Boxer waren die Hausherren 40 Minuten lang über die grüne Wiese getorkelt. 0:2 führten eiskalt agierende Höhenberger zu diesem Zeitpunkt. Nach 16 Minuten hatte David Müller nach Zuspiel von Marcus Steegmann aus dem berühmten Nichts zum 0:1 getroffen. 13 Minuten später brachte Fatih Candan einen überragenden Schnittstellen-Pass von Sebastian Spinrath mit etwas Glück an Andre Poggenborg zum 0:2 vorbei.
Und dann brachte Schwergewicht Aydogmus sein Team zurück ins Geschäft. Nach einem fein gezirkelten Freistoß von Tobias Steffen war der Stoßstürmer zur Stelle und traf zum 1:2 kurz vor dem Wechsel. Steffen, war vier Minuten zuvor für Innenverteidiger Oliver Laux gekommen, der mit dem Fuß umgeknickt war. Und der Ex-Leverkusener wurde neben Aydogmus zum Hauptakteur einer furiosen zweiten Halbzeit der Fortuna. „Nach dem 1:2 haben wir gemerkt, dass die Viktoria wackelt. Das haben wir dann eiskalt ausgenutzt. In der zweiten Halbzeit haben wir alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten“, sagte Steffen, der bereits nach 59 Minuten zum Ausgleich aus zehn Metern ins lange Eck traf. Vorausgegangen war diesem Schuss allerdings eine Weltklasse-Grätsche von Aydogmus gegen Daniel Reiche, mit der er einen bereits verlorenen Ball zurückeroberte.
Von Viktoria war im zweiten Abschnitt wenig zu sehen. Die Gäste waren unfähig das Spiel selber zu machen, und Fehler gab es kaum noch welche bei der Fortuna, die die Gäste hätten ausnutzen können. Außer einer Großchance von Silvio Pagano kurz vor dem Ausgleich. Der Italiener, von den Fortuna-Fans lautstark mit Pfiffen bedacht, scheiterte aber an Kumpel Andre Poggenborg. Nach dem 2:2 leisteten sich beide Teams eine kurze Verschnaufpause. Fortuna ging dann aber bald wieder in der Vorwärtsgang über. „Nach 30 Minuten hätten wohl die wenigsten im Stadion noch auf uns gesetzt. Nach dem 0:2 war ich sehr sauer, weil wir dem Gegner die Tore wieder mal geschenkt hatten. In der Pause haben wir uns gesagt, wir haben nichts mehr zu verlieren, es passieren im Fußball immer verrückte Sachen. Bei meinem Tor hatte ich lange Zeit zu überlegen, da war Schnee drauf auf dem Ball“, sagte Daniel Flottmann, der mit seinem Kopfballtreffer nach einer Ecke von Steffen zum 3:2 nach 77 Minuten die Partie gedreht hatte.
Aydogmus war es dann vorenthalten die Kirsche auf die Torte zu setzen. Fünf Minuten später wuchtete er den Ball nach Vorarbeit von Steffen in die Maschen zum 4:2. „Wir haben uns zu Beginn zweimal eiskalt auskontern lassen. Nach dem 1:2 ging ein Ruck durch die Mannschaft. Wir haben uns den Sieg erkämpft und ich freue mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte. Wenn man gegen seinen alten Klub das Spiel mitentscheiden kann, ist das umso schöner. Es war das erste Mal in meiner Laufbahn, dass ich auf den Zaun geklettert bin“, sagte er nach seinem elften Saisontreffer.
Koschinat entschuldigt sich für seinen Ausraster
Doch dieses Duell dauerte länger als 90 Minuten. Fortuna-Coach Uwe Koschinat hatte nach dem 2:2 durch Steffen einen Sprint in Richtung „Pele“ Wollitz gestartet und seinen Kollegen und einen Spieler der Viktoria wohl auch mit ein paar unschönen Worten bedacht, wofür er sich hernach entschuldigte. „Das war nicht in Ordnung. Ich sehe es ein, wenn ich Mist gemacht habe. Aber vor diesem Spiel aus der Viktoria-Kabine ein Foto mit einem Schal mit der Aufschrift Derbysieger zu veröffentlichen, hat sicher auch zu meiner heftigen Reaktion beigetragen, das war genauso respektlos. Dennoch war es ein großer Fehler von mir.“
Das aber beeindruckte dessen Gegenüber wenig. Er machte deutlich den Eindruck diese Entschuldigung nicht annehmen zu wollen. „Ich mache jetzt hier eine Kampfansage. Wir werden mit Stil und Klasse eine sportliche Antwort geben. Diese Art der Beleidigung meiner Spieler werde ich nicht akzeptieren“, unterstrich „Pele“ Wollitz. „Wenn er sie nicht annimmt, kein Problem. Ob wir auf Strecke mit diesem Verein mithalten können, wird sich weisen. Aber hier und heute haben wir es geschafft“, entgegnete Koschinat. Der Anfang einer unendlichen Geschichte ist gemacht…