Hitzig, rau und brüllend laut, betankt von Bier, Schweiß und Tränen rotiert die Kurve permanent im roten Bereich, ein kraftvoller Außenbordmotor, der die Mannschaft als wirkungsvolles Power-up beflügelt. So sieht sich nicht nur die Essener Fankurve gerne selbst. Zumindest phasenweise kam am Dienstag aber tatsächlich eine Ahnung hoch von Wildem Westen, fast wie ein Versprechen für erfolgreiche Tage. Für Augenblicke bebte die Westtribüne beim am Ende doch so emotionalen Topspiel gegen Viktoria Köln. Dennoch klemmt's bei RWE - zwei Heimspiele, ein Punkt. Zu wenig. Trotz einer fiesen 1:2-Niederlage gegen Viktoria Köln beklatschten die Fans ihr Team. Ungeachtet des Fehlstarts, den RWE damit weitgehend komplett gemacht hat. "Was wir da Woche für Woche an Begeisterung erleben, darüber müssen wir auch reden", hält Trainer Waldemar Wrobel fest. Auch. Denn das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Die andere liegt derzeit oben.
Nach nur einem Punkt aus den ersten beiden Heimspielen ist die Emotion in weiten Teilen umgeschlagen. Gerade die neuen Spieler müssen sich erst einmal an die mitunter wenig zimperliche Kritik gewöhnen, die ihn vor allem im Netz entgegenschlägt. Aber selbst für hafenstraßenerfahrene Haudegen ist das nach drei Jahren steten Aufschwungs eine neue Erfahrung. Soll es nicht ungemütlich werden, muss am Samstag gegen Düsseldorf II (14 Uhr, Flinger Broich) ein Sieg her. Das weiß auch der Trainer: "Wir nehmen das wahr und ich verstehe die Leute. Wir sind auch sehr enttäuscht, aber wir werden wieder in die Spur kommen und wir werden das zeitnah in Resultate umsetzen!" Gleichwohl lässt der 43-Jährige unsachliche und überzogene Kritik nicht gelten: "Wir werden nicht alles hinterfragen, was vor kurzer Zeit noch alle als gut empfunden haben. Daher bin ich meilenweit davon entfernt, mir Meinungen zu eigen machen, die mit der seriösen Analyse nichts zu tun haben und die mit den Fakten nichts zu tun haben."
Konstantin Sawin klagt über Probleme mit der Achillessehne und wird am Samstag ausfallen. Alexander Langlitz (Magen-Darm-Virus) ist dagegen wieder einsatzbereit.
Die Analyse betreibt er selbst so akribisch wie eh und je. Drei Mal habe er sich das Spiel gegen Viktoria Köln inzwischen in voller Länge zu Gemüte geführt. Fazit: "Wir waren in fast allen Belangen vorn, auch was die Chancen anging. Nur eben in der einen nicht: Wir haben ein Tor weniger gemacht." Eingedenk der individuellen Klasse in des Gegners Kader sollte das für das Düsseldorf-Spiel Mut machen. Gleichwohl haben auch die Fortunen bereits gezeigt, was an einem guten Tag in ihnen steckt. "Köln II war nach zwei Spieltagen mit sechs Punkten Tabellenführer. Dann hat Düsseldorf dort mit 4:1 gewonnen. Damit ist alles gesagt", findet Wrobel.