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Wrobel im Interview
"Wir garantieren das Ausleben von Freiheit"

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Polizist und Trainer: Wrobel über seine zwei Berufungen
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Wir sprachen mit dem RWE-Trainer und Polizisten Waldemar Wrobel über seine zwei Traumjobs, Pyrotechnik und den Trainerlehrgang mit Jürgen Klopp.

Wie stehen Sie denn beispielsweise zu dem umstrittenen Thema Pyrotechnik?

Der rechtliche Stand ist ja eindeutig. Es ist verboten. Ich kann genügend Beispiele nennen und Bilder zeigen, auf denen man sehen kann, welche Verletzungen Pyrotechnik verursachen kann. Ich habe es teilweise live gesehen. Ich weiß nicht, ob man mit 800 bis 1000 Grad heißen Stäben in einem Block, der voll besetzt ist, hantieren sollte. Wenn der ein oder andere vielleicht alkoholisiert ist oder gestoßen wird, wird es möglicherweise zu einem Handeln gezwungen, das er gar nicht beurteilen kann, weil er sich plötzlich nicht mehr steuern kann. Auf der einen Seite gibt es einfach eine gewisse Gefahr. Wenn man sagt, dass man es störungsfrei irgendwo im Innenraum abbrennt, kann man über solche Sachen sicherlich diskutieren. Dazu muss man das aber seriös machen und alle Beteiligten an einen Tisch holen. Es muss aber auch eine Grundlage geben. Das Ganze hat im Stadion einen gewissen Stellenwert, aber man muss immer gucken, inwieweit das realisierbar ist oder nicht.

Doch nicht nur Pyrotechnik macht den Polizisten das Leben schwer. Ist der Aufwand ist insgesamt viel höher geworden?

Wir als Fußballer sehen ja immer nur das Wochenende, aber Montag bis Freitag sind bei uns auch Arbeitstage. Der Dienstbeginn an einem Spieltag ist meist schon um neun, zehn Uhr. Wenn das Spiel beendet ist, ist der Dienst aber noch lange nicht beendet. Diese Beamten versehen dann aber nicht nur samstags ihren Dienst, sondern sie haben auch ein Spiel am Freitag gehabt und am Sonntag wahrscheinlich noch einmal. Dass in der kompletten Woche zudem noch ein geregelter Dienst stattfindet, ist auch normal. Die Jungs und Mädels schieben teilweise einen Überstundenberg von 600, 800 oder 1000 Stunden vor sich her. Auf der einen Seite finde ich schade, dass das einen derartigen Einfluss hat. Wenn wir aber sichere Spiele haben wollen, müssen wir dafür sorgen, dass ausreichend Personal vor Ort ist, aber noch mehr arbeiten kann dieses Personal nicht.

Wäre es sinnvoll, dass sich die Bundesliga-Klubs finanziell an den Einsätzen beteiligen?

Sinnvoll wäre, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und zu einer Lösung kämen, die alle mittragen. Die Polizei hat die ureigene Aufgabe, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Das muss nicht exorbitant bezahlt werden. Was mir bei der Diskussion zu kurz kommt und das eigentlich Perverse ist: Es sind jedes Wochenende gefühlt 80 Millionen im Stadion und 99,999 Prozent dieser Leute sind ruhig. Wir unterhalten uns über 50, 60 Hooligans, die Randale machen. Dass der Großteil der Leute an Fußball interessiert ist und diese wenigen Leute dafür verantwortlich sind, dass die Polizei mit einem derartigen Aufgebot aufwarten muss, ist ja das Problem. Es muss darum gehen, diese Leute zu stigmatisieren und da mit einer ganz anderen Härte gegen vorzugehen.

"Was die Jungs in der Kurve veranstalten, das ist so eine faszinierende, so eine begnadete Kultur"

Wie stellen Sie sich das vor?

Es geht darum, die Leute aus der Anonymität zu holen. Wenn ich transparent gemacht werde, überlege ich mir, ob ich so etwas noch mal mache. Es geht darum, einen Reinigungsprozess in Gang zu bringen, bei dem man untereinander mit dem Finger auf die Leute zeigt, die versuchen, gewaltbereit irgendetwas zu initiieren. Und dann muss man Ross und Reiter nennen. Da ist Zivilcourage gefragt. Auf allen Ebenen. Denn was die Jungs in der Kurve veranstalten, das ist so eine faszinierende, so eine begnadete Kultur, die da abläuft. Da ist die Frage: Muss man das als Masse zulassen, dass sich so wenige Leute als Masse missbrauchen, um sich dahinter zu schützen. Und dann muss man aufstehen.

Ist es aber nicht unmöglich, Gewalt bei einem derartigen Menschenaufkommen gänzlich zu verhindern? Beim Oktoberfest bildet sich schließlich auch niemand ein, dass das ohne Ausschreitungen über die Bühne gehen könnte.

Genau das ist das Schlusswort. Nur wird diese These nicht ausgesprochen. Es gibt keine Gesellschaft ohne Gewalt, ohne abweichendes Verhalten, ohne Kriminalität. Es gibt genügend empirische Untersuchungen, die besagen: Eine Gesellschaft ist nur dann gesund, wenn es auch Kriminalität gibt. Formel-1-Rennen, Volksfeste, Rosenmontagszüge, in keiner Großstadt gibt es am Wochenende auf der Partymeile keine Randale. Es ist nicht möglich, das auszuschließen. Man sollte aber alles dafür tun, die Voraussetzungen so weit wie möglich zu minimieren. Da sind wir insgesamt auf einem guten Weg. Diejenigen, die damit nichts am Brett haben, denen muss man unmittelbar und ganz klar die Grenzen aufzeigen.

Möglicherweise ist das Gewaltproblem also auch gar nicht so viel größer geworden? Immerhin ist der Fußball doch offenbar familientauglicher geworden.

Die Probleme gab es ja auch in den 80ern, sie waren nur anders. Es gab nicht die Internetformate und diese Anzahl von Medien. Da waren andere Sachen interessant. Ich kenne nicht die genauen Zahlen, aber eine Art von Gewalt gab es schon immer. Die Frage ist: Ist es auch immer richtig, darüber in der Art und Weise zu berichten? Man weiß ja mittlerweile, dass die Jungs das, was sie tagsüber im Stadion oder drumherum praktizieren, sich abends auf den Internetseiten oder sogar im Fernsehen anschauen. Wir bieten ihnen damit auch das Forum und sind daran interessiert, schauen drauf. Das ist der Punkt, wo es einfach schwer wird, das zu verhindern. Ich will nicht sagen, dass es dazugehört. Aber es ist eben ein Teilbereich und den gibt es in anderen Lebens-, Gesellschafts- und Eventformen auch.

Auf Seite 3: Wrobel über seinen Fußballlehrer-Lehrgang mit Jürgen Klopp und Sieben-Tage-Arbeitswochen.

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