Rund zwanzig Grundschüler versammeln sich im Aufenthaltsraum des „Jugendtreffs Respekt“. In wenigen Minuten wollen sie ins Kino aufbrechen. Es herrschte allgemeine Vorfreude, die Kinder schreien durcheinander. Kein Wunder, immerhin soll der Kinobesuch der Höhepunkt ihres zweiwöchigen Sprachcamps werden.
„Sprachcamps bieten wir immer in den Herbstferien an. Da können Grundschüler zusätzlich Deutsch lernen“, erklärt Erkan Üstünay. Er hat den „Jugendtreff Respekt“ 2007 ins Leben gerufen und damit eine lang ersehnte Anlaufstelle im sozialen Brennpunkt Duisburg-Alt-Hamborn geschaffen. An Schultagen kommen von zwölf bis 22 Uhr mindestens 150 Jugendliche. Sein Treff hat sich herumgesprochen.
Denn hier bekommen die Gäste etwas geboten. Schon im Eingangsbereich des schwarz-weiß gestrichenen Raumes lädt ein Tischkicker zu spontanen Duellen ein. Neben einem Regal voller Gesellschaftsspiele hängt ein Fernseher. Davor stehen schon die schwarzen Ledersessel bereit. Üstünay will den Heranwachsenden etwas davon geben, was ihn in seiner Kindheit geprägt hat.
Jugendliche von der Straße holen
Er ist selbst in Alt-Hamborn aufgewachsen. „Da hat es mal einen Jugendkeller gegeben, der aber irgendwann zugemacht hat“, erzählt der Familienvater, während er sich in seinen schwarzen Schreibtischstuhl setzt. Sein glatt rasierter Kopf glänzt im fahlen Licht des Büros. Nachdem er sich durch einige Stapel Papier gekämpft hat, schaltet er schließlich den Computer auf seinem Schreibtisch ein.
„Wer viel Freizeit hat, kann viel Mist bauen“, sagt Üstünay. Dieses Problem wollte er mit seinem Jugendtreff angehen. „Ich will die Kinder von der Straße holen.“ Was zunächst klein anfing, ist ihm schnell über den Kopf gewachsen. Da beschloss er, einen Verein zu gründen, den SV Genc Osman Duisburg. Der Computer ist mittlerweile hochgefahren und der 43-Jährige schaut auf den Bildschirm. „Mehr als ein Verein“, steht da.
Fußballabteilung sehr erfolgreich
Dieser Slogan ist Programm. Mit dem SV Genc Osman schaffte er es, den Jugendlichen nicht mehr nur die Zeit zu vertreiben, sondern sie in Bewegung zu bringen. Der Verein musste in seinem ersten Jahr zwar in der untersten Spielklasse starten, wurde aber direkt Meister.
„Die Jugendlichen hatten plötzlich Idole und fingen an, Sport zu machen. Es kamen immer mehr zu uns.“ Mittlerweile zählt Genc Osman Duisburg sieben Senioren/- und zwölf Jugendteams. Doch für Erkan Üstünay stehe weiter die Arbeit mit den Jugendlichen im Vordergrund, erklärt er und deutet auf ein vollgestopftes Regal. Darin lagern Collegeblöcke, Stifte, Bewerbungsmappen und vieles mehr. Er will den Jugendlichen auch beim Einstieg ins Berufsleben helfen.
Deshalb stellt er nicht nur kostenlose Materialien zur Verfügung, sondern arbeitet auch mit Fachpersonal zusammen. „Wir haben zu unseren Öffnungszeiten immer Leute hier, die bei Bewerbungen helfen können.“ Dafür richtete Üstünay extra einen Internetraum mit acht Computern ein.
Doch auch wer keine Bewerbungen schreiben, sondern einfach nur Musik hören will, darf die Computer benutzen. Es gehe bei seinem Jugendtreff um die richtige Mischung, erklärte Üstünay. „Man muss den Jugendlichen heutzutage etwas Interessantes bieten. Sie kommen in ihrer Freizeit her, da kann man nicht nur mit Bildungsprogrammen kommen.“
Sein Jugendtreff ist auch deshalb so beliebt, weil die Heranwachsenden mit Üstünay über ihre Sorgen sprechen können. „Ich höre den Jugendlichen zu. Das wissen sie und deshalb erzählen sie mir auch alles“, erklärt der Vater zweier Kinder. Manchmal kämen sogar ratlose Eltern zu ihm und bäten ihn, mit seinem Kind zu sprechen. Integrationspreis gewonnen
Am bemerkenswertesten ist aber, dass Üstünay all diese Arbeit ehrenamtlich macht. Im Jahr 2011 wurden darauf auch die Stifter des Mercedes-Benz-Integrationspreises aufmerksam. So zeichneten ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel und DFB-Präsident Theo Zwanziger für sein Projekt aus.
„Darüber freue ich mich natürlich“, sagt Üstünay. Allerdings hat er sein Projekt nie gestartet, um dafür Ruhm und Ehre zu bekommen. Er will den Jugendlichen helfen und ihnen ein zweites Zuhause bieten. Deshalb wünscht sich der 43-Jährige Mitarbeiter. Aktuell laufe noch viel über ehrenamtliche Arbeit. Üstünay hat nämlich noch einige Pläne für den Jugendtreff. Er will noch mehr Fachpädagogen gewinnen und Kurse anbieten, aber auch investieren. So sollen einige bisher noch genutzte Klapptische und Stühle eleganten Cafétischen und Cocktailsesseln weichen. „Wir haben hier noch viel vor.“
Autor: Tizian Canizales