Nachdem Christian Hagemann nach anderthalb Jahren sein Amt niedergelegt hatte, versuchten sich nacheinander Marcel Kröner und Lutz Graebe als Interimscoach. Am Ende stand trotzdem ein enttäuschender 15. Platz in der Landesliga Westfalen 3. Gerade einmal zwölf Punkte konnte der HSV sammeln. Jetzt soll Werner Boss für Besserung und Kontinuität sorgen.
Der 68-Jährige Wuppertaler ist eine echte Vereinsikone, war schon als Spieler für Haspe aktiv und rettete den Klub schon einmal als Spielertrainer vor dem Abstieg. Der 1. Vorsitzende Harald Kröner erklärte: „Wir strukturieren uns aktuell um, wollen das Vereinsleben stärken und die Tradition betonen, da passt Werner Boss perfekt dazu.“ Die Tatsache, dass Boss allen im Verein noch in bester Erinnerung ist, hat maßgeblich zur Entscheidung beigetragen, ihn wieder zum Coach zu machen. Einen ersten positiven Effekt sieht Kröner bereits: „Allein sein Name hat schon etwas freigesetzt.“
Boss selbst gibt sich nach seinen ersten Wochen auf der Trainerbank optimistisch, den Verein auch in dieser Saison vor dem Abstieg retten zu können. Mit einem 1:1 in Wanne gelang zum Auftakt ein Achtungserfolg. Der Rentner lobt seine Mannschaft in den höchsten Tönen und kann sich auch auf die Unterstützung seiner Familie verlassen.
Werner Boss, Sie haben in Ihrer Karriere schon so manchen Erfolg gefeiert. Was waren Ihre größten? Ich bin als Spieler mit dem Hasper SV zwei Mal aufgestiegen, das ist jetzt glaube ich 38 Jahre her. Zudem habe ich den Verein mal vor dem Abstieg gerettet, als er in der Verbandsliga nicht so gut dastand. Da habe ich noch mal selbst die Fußballschuhe angezogen, weil die Mannschaft sagte: „Spiel doch selber mit.“ Haspe war für mich eine schöne Zeit als Spieler. Insgesamt habe ich als Spieler und Trainer schon 21 Aufstiege miterlebt und sechs oder sieben Klubs vor dem Abstieg gerettet.
Hier in Haspe herrscht ein richtiges Wir-Gefühl
Werner Boss
Sie haben schon die verschiedensten Klubs trainiert. Wie kam es, dass sie wieder in Haspe gelandet sind? Ich hatte im Oktober bei meinem letzten Verein SV Heckinghausen gekündigt, weil es nicht lief. Dann hat mich der Hasper Vorstand, Jörg Breuking und Harald Kröner angerufen. Das sind ehrliche Leute, wir haben uns schnell geeinigt. Ich bin jetzt wieder da, wo ich mich wohl fühle. Es macht mir riesig Spaß in Haspe. Hier habe ich regelmäßig 18 bis 20 Mann beim Training, obwohl viele mit Bus und Bahn anreisen müssen. Die Jungs sind alle anständig und lieb und spielen mit viel Herzblut. Dass die Spieler so zum Verein stehen, ist sensationell. Der Verein kann stolz auf diese Mannschaft sein. Ich werde versuchen, mit ihnen da unten raus zu kommen.
Sie sind Wuppertaler, aber haben den Fußball in Hagen immer im Blick gehabt. Wie ist Ihre Meinung zur aktuellen Situation? Hier liegt schon vieles im Argen. Es gibt in Hagen ja gar keinen höherklassigen Verein mehr. Haspe und Hohenlimburg sind die einzigen Landesligisten. Meiner Meinung nach haben sich viele Vereine kaputtgewirtschaftet und sich zu sehr auf einen Sponsor verlassen. Wenn die dann wieder weg waren, stand der Verein doof da. Mir ist es lieber, 20 kleine Sponsoren zu haben, als einen dicken, von dem man dann abhängig ist. Ich kann da auch nur an alle Fans und Sponsoren appellieren, unseren Traditionsverein zu unterstützen. Hier in Haspe herrscht ein richtiges Wir-Gefühl. Es geht nur mit Freundschaft und Kameradschaft.
Sie sind jetzt seit wenigen Monaten wieder zurück. Wie schätzen Sie Ihre Mannschaft ein? Fußballerisch sind da sehr viele gute Jungs dabei, die auch willig sind. Es macht Spaß, mit denen zu arbeiten. Ich muss aber noch an der taktischen Disziplin auf dem Platz feilen. Ich sag mal: das sind alles Spielmöpse! Die wollen lieber zwei, drei Mann aussteigen lassen, als mal abzuspielen, den Ball klatschen zu lassen. Das geht natürlich nicht.
Fußball ist mein Leben, ich träume sogar nachts davon
Werner Boss
Sie sind jetzt 68 Jahre alt. Wann gehen Sie denn in Fußball-Rente? Ich würde sagen, ich bin 68 Jahre jung! Fußball ist mein Leben, ich träume sogar nachts davon, arbeite akribisch und bereite mich genau auf die Spiele vor. Ich kann zwar nicht mehr 35 Runden mit den Jungs arbeiten – dafür habe ich meinen Co-Trainer – aber meine Erfahrung hilft. Wenn wir in der Liga bleiben, wäre das ein großer Erfolg.
Was sagt Ihre Frau dazu, dass sie auch als Rentner so viel Zeit in den Fußball investieren? Ich habe das große Glück, dass meine Frau Karin eine richtige Fußballbraut ist. Wir sind seit 51 Jahren verheiratet, sie hat alles miterlebt und hat mir im Fußball alles gegönnt. Wenn es nötig war, hat sich mich auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Sie war so etwas wie meine Managerin. Auch meine Tochter Sandra ist fußballverrückt und meine beiden Enkel sind fast immer mit ihrem Opa auf dem Platz dabei.