RWO-Trainer Mike Tullberg brach unmittelbar nach dem erlösenden Schlusspfiff in Freudentränen aus. Etwa eine Minute zuvor war er noch im Stile eines Sprinters bei Olympia zur Eckfahne gerannt und begrub mit dem Rest der Mannschaft Julian Krupka unter sich, der den Ausgleich zum 1:1 erzielt hatte. Tullberg trug nicht mehr seinen Trainingsanzug: Er hatte bereits in aller Hektik das Shirt zum Klassenerhalt übergestreift.
Geduldspiel - RWO behält die Nerven
Die Anspannung während des Spiels machte sich nicht nur beim Trainerteam der Rot-Weißen bemerkbar, auch die Mannschaft spürte den Druck und hatte gleichzeitig den Willen, den Klassenerhalt aus eigener Kraft Realität werden zu lassen. Tullberg analysierte das Spiel: „Die Jungs haben teilweise verkrampft gespielt, man hat die Nervosität gemerkt.“ Nervös schienen in der ersten Hälfte alle zu sein, Führich hatte einmal die Führung auf dem Fuß (21.), dann war es Kapitän Aaron Langen, der die bis dahin beste Möglichkeit des Spiels versiebte: Ogrzalls Flanke konnte der vollkommen blank stehende Innenverteidiger nicht an Westphal vorbei und in die Maschen köpfen (38.).
Wechselbad der Gefühle
Tullberg fand in der Kabine wohl die richtigen Worte um seine Jungs auf die zweite Hälfte heiß zu machen. In der 74. Spielminute kam es dann zu Chaos-Szenen: Der mit Gelb vorbelastete Dieckmann ließ sich bei einer Rudelbildung zu einem Kopfstoß hinreißen - und sah glatt Rot. Das Spiel wurde hitziger und umkämpfter. Dann: Ein abenteuerlicher Patzer von Seifried, der einen Freistoß von Sewing abprallen ließ und von Nori bestraft wurde. Schockstarre im Stadion. Und wie es dann die Dramatik so will, kam es schließlich doch zur puren Euphorie: Bimpeks Flanke auf Führich resultierte im 1:1 durch den eingewechselten Julian Krupka (92.), der Führichs Torschuss mit der Fußspitze noch über die Linie brachte.
Es war der krönende Abschluss von Tullbergs Zeit bei den Kleeblättern. Der Däne ist unglaublich stolz auf die mannschaftliche Geschlossenheit und eine tolle Saison als Aufsteiger. „Ich habe den Jungs gesagt: Das ist ein bisschen wie auf einer Party, auf der wir nicht eingeladen sind - und trotzdem nehmen wir das schönste Mädchen mit nach Hause“, erzählt Tullberg lachend. „Die Jungs haben sich das einfach verdient. Es ist bezeichnend für uns, dass Krupka das Tor gemacht hat, der ein Jahr lang kaum gespielt hat. Wir sind hier eine große Familie geworden.“
Tullberg sieht den Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Ich sehe hier keinen Abschluss. RWO ist für mich nicht nur ein Fußballverein, sondern eine kleine Familie. Ich würde immer wieder hierher kommen.“ Ob er tatsächlich irgendwann zurückkehrt, lässt er offen: „Sag niemals nie. Und wenn ich nicht als Trainer zurückkomme, dann zumindest als Fan.“