Kein Wunder, dass Schuster sich nach der unglücklichen Pleite gegen Sevilla als Meister des Understatements präsentierte und die Katalanen zum haushohen Favoriten stempelte. "Es ist unmöglich, in Nou Camp zu gewinnen. Ich denke, es ist ihr Jahr. Wir werden versuchen, eine gute Show zu bieten, mehr können wir nicht tun", meinte der Europameister von 1980.
Neun Punkte beträgt der Rückstand auf Barca jetzt schon, mit einer weiteren Niederlage müsste Real den Traum vom dritten Titel in Folge wohl vorzeitig begraben. Barca dagegen fertigte im Spitzenspiel den Tabellendritten FC Valencia nach drei Toren von Thierry Henry leicht und locker mit 4:0 ab und ist damit seit 20 Spielen in allen Wettbewerben ungeschlagen. Und während die Katalanen nun schon sechs Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten FC Villarreal aufweisen, fiel Real auf Rang fünf zurück und damit aus den Champions-League-Plätzen.

"Stolz allein reicht nicht": Reals Trainer Bernd Schuster. (Foto: firo)
Allerdings fokussiert sich die Wut der Real-Fans derzeit weniger auf Schuster und sein Team als vielmehr auf Präsident Ramon Calderon, was sich mit einer hohen Niederlage in Barcelona auch wieder ändern könnte. Am Sonntag forderten die Fans beim Halbzeitstand von 1:3 allerdings Calderons Rücktritt. Schon auf der Mitgliederversammlung am Sonntagvormittag, als der Klub-Patron seinen Etat für die kommende Saison nur mit Mühe durchdrückte, hatten "Calderon-raus"-Rufe für Aufsehen gesorgt. Am Abend folgte dann mit der ersten Heimniederlage in der laufenden Saison der Primera Division der nächste Rückschlag.
Ein krasser Fehler von Torhüter Iker Casillas leitete das 0:1 durch Adriano (3.) ein. Nach dem 1:1 durch Stürmerstar Raul (18.) trafen Romaric (22.) und Frederic Kanoute (39.) für Sevilla, das die Schwächen in der Real-Abwehr schonungslos offenlegte. Ein Doppelschlag von Gonzalo Higuain (67.) und Gago (69.) brachte Madrid zurück ins Spiel. Anschließend trafen beide Teams noch den Pfosten und die Querlatte, und der Schiedsrichter verweigerte Real zum zweiten Mal innerhalb der Begegnung einen fälligen Foulelfmeter, ehe Renato der Siegtreffer für die Gäste gelang (85.). Zuvor hatte Reals Arjen Robben die Gelb-Rote Karte gesehen (77.).
"Was für ein Tag, aber Stolz allein reicht nicht aus", schrieb AS, und Marca fügte hinzu: "Das letzte Tor lässt Real in einer kritischen Situation zurück." Auch das Lazarett wurde größer. Am Montag meldeten die "Königlichen", dass Mittelfeldspieler Mahamadou Diarra wegen einer schweren Verletzung im rechten Knie sechs bis neun Monate ausfallen wird. Am Mittwoch haben die Madrilenen Gelegenheit, sich im bedeutungslosen letzten Champions-League-Gruppenspiel - immerhin steht Real schon als Achtelfinalist fest - gegen Zenit St. Petersburg für "El Clasico" einzuspielen. Doch auch Real-Sportdirektor Predrag Mijatovic sprüht nicht gerade vor Selbstbewusstsein: "Wir haben nicht erwartet, vor dem Spiel gegen Barcelona in so einer Situation zu sein."