Bezeichnend war allerdings, dass der 74 Jahre alte Alleinherrscher, der zum Wahlzeitpunkt bereits sein 75. Lebensjahr vollendet haben wird, seinen Entschluss mit viel Rückenwind bekannt geben konnte.
Wie der Vorsitzende eines Weltkonzerns auf einer Aktionärsversammlung verhielt sich der smarte Sepp aus dem Wallis, nachdem seine Finanzkommission beeindruckende Zahlen auf dem FIFA-Kongress in Johannesburg hatte vorlegen können. So war es ein Leichtes, dass sich Blatter in Geberlaune präsentierte und gleich noch eine "Dividende" für die Mitgliedsverbände und Konföderationen ausschüttete. So macht man sich Freunde ...
Ob der Entschluss klug ist, sich für weitere vier Jahre an die Spitze des Weltfußballs stellen zu wollen, ist allerdings fraglich. Zuletzt erinnerten die Auftritte Blatters immer mehr an einen Versuch, sich endgültig für die Vergabe des Friedensnobelpreises ins Gespräch zu bringen. So schön seine Entwicklungsprogramme und sozialen Aktivitäten sind, es gibt handfeste Probleme im Weltfußball, die nicht gelöst sind: beispielsweise Spielmanipulationen, Wettbetrug und Transfer jugendlicher Spieler zu europäischen Klubs.
Auch hier werden zwar Anstrengungen vonseiten der FIFA unternommen, aber oft wirken diese Aktivitäten wie ein Feigenblatt. Hat Blatter noch die Kraft, den immer stärker werdenden Anforderungen als FIFA-Boss gerecht zu werden? Denn seine Aufgaben werden immer stärker von hochpolitischen Einflüssen tangiert - und dies weltweit.
Allerdings hat Blatter auch keine Anstalten gemacht, seine Nachfolge zu regeln. Eigentlich wäre sein einstiger Ziehsohn Michel Platini der logische Nachfolger. Aber der konzentriert sich auf seine Arbeit als UEFA-Präsident, und Franz Beckenbauer will sich den Stress nicht antun.
Und wenn sich sonst niemand aufdrängt, so dürfte der eitle Joseph Sepp Blatter gedacht haben, dann mach ich es eben nochmals selbst. So einfach sind manchmal Entscheidungswege in der hohen Sportpolitik.