„Es ist einfach frustrierend, wenn man heute nicht weiß, ob man auch in der nächsten Saison den Spielbetrieb aufrecht erhalten kann“, erklärt Andreas Edelstein. Er ist Vorsitzender des SC Husen-Kurl, einem der mitgliedsstärksten Klubs aus dem Dortmunder Osten, der wegen andauernder Beschwerden seitens der Anwohnern, die rund um die Sportanlage liegen, vom Aus bedroht ist.
180 Minuten Fußball am Wochenende
Die Situation ist dermaßen absurd, dass sie fast schon komisch ist. Am Mittwoch empfängt der SC Husen-Kurl, frischgebackener Bezirksligist, den NRW-Ligisten Spvgg. Erkenschwick zur Zweitrundenpartie im Westfalenpokal. Ein Highlight in der 36-jährigen Geschichte des Vereins, der 1974 aus der Fusion des VfL Kurl 1928 und des SV Husen 1919 entstanden ist. Aber im heimischen Eichwaldstadion kann das Spiel nicht ausgetragen werden. Unter der Woche sind Pflichtspiele untersagt. „Wir dürfen von Montag bis Freitag lediglich von 16 bis 20 Uhr trainieren“, erklärt Edelstein. „Am Wochenende ist es uns an beiden Tagen erlaubt, 180 Minuten lang Fußball zu spielen.“
Im Eichwaldstadion rollt bald vielleicht nicht mehr der Ball (Foto: RS).
180 Minuten? Genau, das entspricht zwei Partien pro Tag. Ein Witz, wenn man bedenkt, dass der Verein vier Senioren- und 15 Jugendteams hat. „Unsere dritte und vierte Mannschaft haben fast nie ein Heimspiel. Genau wie unser Nachwuchs weichen sie auf die Anlage von Dortmund 82 aus.“
Auslöser der unglaublichen Einschränkungen ist das Lärm-Immissionsschutzgesetz, das vor einigen Jahren von SPD und Grünen beschlossen wurde. „Darin sind Messwerte vorgegeben, die auf keiner Sportanlage eingehalten werden können. Andere Vereine haben einfach nur das Glück, dass sie verständnisvolle Anwohner haben oder ihr Platz nicht in einem Wohngebiet liegt“, beschreibt Edelstein die Problematik.
Naturschützer lehnen neuen Standort ab
Ende Juni 2009 wurde der Vorstand des SC zu einem Gespräch bei Stadtdirektor Jörg Stüdemann eingeladen, bei dem auch Oberbürgermeiser Ulli Sierau anwesend war. „Man hat uns für spätestens Ende 2011 einen neuen Platz versprochen“, erinnert sich Edelstein. Das Planungs- und Sportamt präsentierte damals ein städtisches Grundstück an der Kurler Straße, auf dem die neue Heimat entstehen sollte. Als der Standort bekannt wurde, bildete sich allerdings prompt eine Bürgerinitiative, die die Umwelt durch eine Sportanlage gefährdet sieht. „Wir halten es für unverantwortlich und kurzsichtig, die Kosten für eine neue Sportanlage nur nach den Baukosten zu berechnen. Die Stadt vergisst in ihren Berechnungen den Preis der Natur“, heißt es auf der Internetseite von „Pro Sportplatz – pro Natur“.
Die Bürgerinitiative fordert die Aufbereitung eines ehemaligen Zechengeländes (Foto: RS).
Wie der Name schon andeutet, unterstützen die Aktivisten das Vorhaben, dem SC Husen-Kurl ein neues Zuhause zu geben. Sie präferieren allerdings das Gelände der ehemaligen Zeche Kurl. Das Problem ist aber, dass die Aufbereitung der Fläche erheblich teurer wäre und zudem sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. Zeit, die der Verein nicht hat. „Es geht nicht nur um Fußball. Ein Verein ist letztlich auch ein mittelständisches Unternehmen und deswegen geht es auch um Finanzen. Durch fehlende Zuschauereinnahmen haben wir eine Etatloch von 8.000 bis 10.000 Euro. Das ist existenziell.“
"Es kommt keine Unterstützung"
Beim SC ist man vor allem vom Verhalten der Stadt und der Verbände tief enttäuscht. „Wir haben seit einem halben Jahr nichts von der Stadt gehört. Das ist frustrierend. Außerdem verstehen wir nicht, warum der Verband nichts unternimmt. Die Sportschule Kaiserau, wo ein Teil unseres Verbandes sitzt, ist 100 Meter Luftlinie entfernt, aber es kommt keine Unterstützung. Aber wenn wir es schaffen sollten und tatsächlich einen neuen Platz bekommen, dann sind die Leute vom Verband wieder die ersten, die bei der Eröffnung vorbeikommen und Hände schütteln“, findet Edelstein klare Worte. Denen will der Verein am 10. September mit einer Demonstration Nachdruck verleihen. Dann gehen die Mitglieder, darunter 300 Kinder und Jugendliche, auf die Straße und fragen in Anlehnung an den Protest der Naturschützer: „Was wird aus uns?“
Zuvor freuen sich die Verantwortlichen aber trotz aller Widrigkeiten auf das Pokalspiel, das auf der Anlage von TuRa Asseln ausgetragen werden muss. Jörg Lange, Trainer der Rot-Schwarzen, erhofft sich dafür etwas, das so auch als Leitspruch für das Bemühen um eine neue Heimat für den SC Husen-Kurl gelten könnte: „Wir werden alles versuchen und bis zum Ende kämpfen, damit wir erhobenen Hauptes den Platz verlassen können.“