Herr Tischler, Bottrop als kleinste Großstadt im Revier haftete in den letzten Jahrzehnten das Image der grauen Maus an – dem wollen Sie sicher widersprechen?
Dieses Image ist bekannt aber veraltet, denn in den letzten Jahren hat sich sehr viel getan – vor allem erschließt sich dem Betrachter vor Ort vieles auf den zweiten Blick. Bottrop ist eine liebenswerte, freundliche Stadt mit kurzen Wegen und vielen Facetten. Bottrop ist wirtschaftlich gut aufgestellt und befindet sich seit längerer Zeit schon auf der Überholspur, was die Stadtentwicklung angeht. Ein wesentlicher Teil ist die Ausgestaltung der Sportstadt Bottrop.
Was meinen Sie damit, denn der Sport hat über die Stadtgrenzen Bottrops hinaus gemessen an bedeutenden Erfolgen kaum Strahlkraft?
In erster Linie ist der Sport ein weicher Standortfaktor für eine Stadt und ihre Bewohner. Wenn die Infrastruktur der Sportstätten intakt ist und eine breite Palette an Angeboten vorhält, fühlen sich die Menschen wohl und identifizieren sich stärker mit ihrer Heimat. Das ist uns von städtischer Seite wichtig. Wenn Sie den Bottroper Leistungssport ansprechen, ist die Situation natürlich gerade im Fußball eklatant. Aber das ist ein vielschichtiges Problem, außerdem haben wir ja seit dem letzten Wochenende wieder erstklassige Volleyballer, sehr ambitionierte Judoka und spielen auch im Billard seit Jahren eine gute Rolle.
Stadionprobleme, die in der Nachbarstadt Essen das beherrschende Sportthema sind, kennt Bottrop nicht. Ein auf Abbau von Sportstätten ausgerichteter Masterplan spielt ebenso wenig eine Rolle. Was macht den Unterschied aus?
Natürlich ist die effiziente und synergetische Verbindung von Stadtentwicklung und Sport hierfür entscheidend. Am Beispiel des Hallenbades wird dies deutlich. Wir haben ein marodes in die Jahre gekommenes Schwimmbad am zentralen Berliner Platz abgerissen und durch den Verkauf des standortgünstigen Grundstücks sowohl den Einzelhandel gefördert als auch finanzielle Mittel für den Neubau eines hochmodernen Hallenbades im Sportpark generiert. Eine ähnliche Verbindung von Sportförderung, städtebaulichen Maßnahmen und sogar Umweltschutz haben wir mit dem Fußballverein Rhenania durchgeführt. Der Neubau einer Platzanlage erfolgte auf einer angrenzenden Industriebrache, während die Fläche des alten Aschenplatzes für Wohnbebauung freigegeben wurde. Ersatzlosen Abbau von Sportstätten gibt es in Bottrop nicht – ganz im Gegenteil.
Der Sportpark Bottrop rund um das Vorzeigeobjekt Jahnstadion wächst stetig. Gibt es noch andere Projekte?
Zahlreiche Kunstrasenfelder werden auch in Bottrop Einzug halten. So erhält Blau-Weiß Fuhlenbrock einen Kunstrasenplatz im Rahmen eines Städtebauprojektes; außerdem werden wir noch zwei weitere Dreifach-Turnhallen errichten…
…von denen eine den Volleyballern der RWE Volleys als Bundesligastandort dienen soll?
Nein, denn die Dieter-Renz-Halle im Sportpark, als weiterhin größte Sporthalle der Stadt, reicht gemessen an den Zuschauerzahlen der Deutschen Volleyball-Bundesliga völlig aus. Sollten die Volleyballer Deutscher Meister werden, dann können wir gemeinsam über eine reine Volleyball-Halle sprechen, sofern diese von Sponsoren und Partnern denn mitgetragen wird (lacht). Nein ganz im Ernst: Ressourcenorientiertes Wachstum und der Blick für die wesentlichen Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler dieser Stadt ist richtungweisend für unsere Planungen.
Bekanntermaßen kandidieren Sie bei der Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt am 30. August 2009. Verliert die Weiterentwicklung der Sportstadt im Falle eines Wahlsiegs an Schub, weil Sie dann andere Prioritäten setzen müssen?
Eindeutig nein. Ich werde es so wie Alt-OB Ernst Löchelt tun, der 1995 bis 2004 Sport zur Chefsache machte und das Thema mit ins Rathaus nahm. Ich werde darüber hinaus weiterhin auch die Stadtentwicklungsplanung im Auge behalten, weil dies natürlich eines meiner Steckenpferde ist. Betonen möchte ich die ungemein effektive Vernetzung innerhalb der Sportpolitik. Die Zusammenarbeit mit allen Vereinen über den Stadtsportbund und seinem Vorsitzenden Wolfhard Brüggemann ist ebenso vorbildlich wie die herausragende Arbeit von Gerd Kießlich als Leiter des Bottroper Sport- und Bäderbetriebes. Da sind die richtigen Leute an der richtigen Stelle. Dies ist eine wesentliche Basis für den Erfolg der letzten Jahre und die Aufgaben in der Zukunft.
Sie sind leidenschaftlicher Marathonläufer. Werden Sie auch beim Ruhrmarathon durch Bottrop laufen oder welche Ziele haben Sie sich hier gesteckt?
Meine bislang 13 Marathons fanden alle in NRW statt. Ich bin kein Marathon-Tourist und habe hier keine hochtrabenden Ambitionen. Der Laufsport knüpfte an meine aktive Zeit als Bezirksliga-Fußballer an und ist hervorragend mit meiner beruflichen Situation vereinbar. Täglich morgens um viertel vor sechs starte ich mit dem Training. Ich hoffe beim Ruhrmarathon am 17.Mai 2009 dabei sein zu können, aber aufgrund einer Knieverletzung sieht das im Moment nicht gut aus. Wenn ich in den nächsten zwei Wochen nicht intensiv ins Training einsteigen kann, wird das sehr eng.
Wo trainieren Sie in Bottrop?
Ich habe eine wunderschöne Hausstrecke, die mich an den Stadtteichen vorbei hin zur Kirchheller Heide und zurückführt. Bottrop hat allerdings viele traumhafte Strecken zu bieten. Da ist für jeden etwas dabei. Selbst für das bei Marathonläufern notwendige Bergtraining hält Bottrop Halden und bergige Abschnitte bereit.
Wo steht der Bottroper Sport in zehn Jahren – geht es in Richtung Leichtathletik mit einem etablierten internationalen Sportfest oder schafft es die Bottroper Fußballfamilie einen neuen großen Verein überregional zu positionieren?
Wünschenswert wäre, das Jahnstadion als erstklassige Adresse speziell für den Behindertensport und die Leichtathletik zu festigen. Wir bekommen hier eine ganze Reihe von positiven Rückmeldungen, dass wir mit dieser Sportstätte ein großes Pfund in der Hand haben. Hierauf müssen und werden wir aufbauen.