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Bochum: "Weißer Riese“
Kluftenwart und guter Geist

SC Post Altenbochum: Der „weiße Riese“
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Helmut Balbach ist Altenbochums „weißer Riese“. Oder „einfach nur Kluftenwart“. Bei grober Verschmutzung „brauchst du 60°, bei Verschwitzung reichen auch 30°.“

Kluftenwart, allein das Wort lässt den leicht modrigen Geruch mit feuchter Asche beschmutzter Trikots vor dem geistigen Auge lebendig werden.

Und den aus der Jugenderinnerung meist brummig dreinschauenden Menschen, der diese Synthetikfetzen hütet wie den eigenen Augapfel. Jene Spezies, für den der kleinste bleibende Fleck im immer akurat auf DIN A4 Größe gefaltenen Leibchen eine mittlere Katastrophe darstellt.

Es gibt Wortschöpfungen, die sind so schön, man müsste sie erfinden, würde es sie nicht schon längst geben. Oder noch, wie es in diesem Fall heißen muss. Denn der klassische Kluftenwart scheint auszusterben.

Heute heißt der Mann für die Wäsche meist Zeugwart. Und den hat jeder größere Klub, der etwas auf sich hält und ihn sich leisten kann. Aber Kluftenwart? Der Begriff „Kluft“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie Kleidung. Nur, die neue Fußballwelt zeigt offensichtlich selbst vor diesem schlichten Begriff der Ruhrgebietskultur keinen Respekt. Wie anders ist zu erklären, dass derjenige, der das Wort in diversen Internetsuchmaschinen eingibt, heute nur noch einige wenige Treffer landet.

Höchste Zeit also, sich diesem aussterbenden Fossil alter deutscher Fußballsprache zuzuwenden. Menschen wie Balbach eben.

Vor fünf Jahren wurde er vom Verein für sein Lebenswerk mit einem „Oscar“ geehrt. Eine Auszeichnung für das langjährige Engagement beim SC Post Altenbochum und einem seiner Vorgängervereine, dem Post SV Bochum. Seit 1961 ist der inzwischen 57 Lenze alte gebürtige Bochumer „Auf der Heide“ aktiv. Zunächst als Spieler, dann seit 1973 bis zur Auflösung der Nachwuchsabteilung Anfang der 1990er Jahre als Jugendleiter, Jugendgeschäftsführer, Kassierer und Trainer in allen Nachwuchsmannschaften. „Und seit mehr als 30 Jahren mache ich eben die Wäsche“, lacht der Bär von einem Mann.

Im echten Leben ist Balbach Angestellter in einer Maschinenfabrik. „Zwei Umzüge habe ich seitdem mit dem Verein mitgemacht - und eine Fusion“, erinnert er sich besonders gerne an die goldenen Zeiten im Amateurfußball zurück. „Früher gab es in Altenbochum zwei Möglichkeiten. Wer stadtauswärts rechts der Wittener Straße wohnte, hat sein Kind beim SC Altenbochum angemeldet. Wer von der anderen Seite kam, spielte an der Altenbochumer Straße für den Post SV.“

So wie er. Das sagt er nicht, aber etwas Stolz klingt immer noch mit. „Wir waren wie Katz und Maus“, hätte Balbach „damals im Traum nicht daran gedacht“, dass er mal an der Sportanlage des damals größten Konkurrenten „Am Pappelbusch“ die Maschinen anstellen würde. „Dennoch war die Vereinigung zu Beginn des Jahrtausends die richtige Lösung“, weiß Balbach.

Auch in Altenbochum hat sich die veränderte Freizeitgestaltung der Kinder auf die Anmeldungen im Fußball ausgewirkt. „Heute verfügt der Verein über eine gute Jugendarbeit und eine gesunde Basis. Die erste Mannschaft klopft wieder an der Tür zur Bezirksliga“, kennt Balbach die Vorzüge des geglückten Zusammenschlusses. „Immer wieder treffe ich Spieler von früher, die sich für ihre schöne Zeit früher bedanken“, ist Balbach in Altenbochum bekannt wie ein bunter Hund. Den Job macht er auch deshalb schon so lange, „weil wir hier nur ganz selten Akzeptanzprobleme mit Jugendlichen und Kindern hatten. Und das hat sich bis heute nicht geändert“.

Dabei klopften unzählige Spieler- und Trainergenerationen nicht nur mit der Bitte um frische Trikots an sein wenige Quadratmeter großes Reich. Denn das Passwesen erledigt er seit jeher sozusagen zwischen zwei Kesseln Buntes mit. Wohl auch deshalb hat der Verein vor drei Jahren aufgehört, seinen Kluftenwart, wie in der Vereinssatzung vorgeschrieben, zu wählen. „Somit dürfte ich wohl auf Lebenszeit im Amt bleiben“, ahnt Balbach schon, was dann in einigen Jahren auf ihn zukommt. „Wenn ich in Rente bin, wollte ich eigentlich kürzer treten. Aber so wie es aussieht, wird das wohl nichts.“

Und dann dürfte er irgendwann in knapp zwei Jahrzehnten auch den inzwischen verstorbenen Hannes Schmidt überholt haben. Der war 60 Jahre lang Vereinskassierer in Altenbochum. Aber das ist eine andere Geschichte...

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