Fans zweifeln im Falle des Misserfolgs gerne an der Identifikation der Spieler mit dem Klub.
Natürlich sagt jeder Profi nach der Vertragsunterzeichnung erst einmal, wie toll sein neuer Verein ist. Das heißt aber nicht automatisch, dass er lügt. Ich glaube schon, dass auch den meisten aktuellen Spielern bewusst ist, welche ungeheure Tradition und Bedeutung der BVB hat. Sehen Sie sich nur mal diese schwarz-gelbe Wand auf der Südtribüne an – so abgezockt ist kein Profi, dass er sich dieser Faszination entziehen kann.
Zur Dortmunder Identität gehört untrennbar die Rivalität zum FC Schalke.
Na klar. Trotzdem gibt es Spieler, die das Sakrileg begehen und in die Verbotene Stadt wechseln. Andreas Möller musste damit leben, dass all seine Verdienste vergessen waren. Selbst Jens Lehmann, der vor seinem Wechsel nach Dortmund noch ein halbes Jahr beim AC Milan gespielt hatte, war vielen BVB-Fans suspekt. Sie unterstellten ihm, er hätte immer noch ein Schalke-Trikot drunter. Bei seinem ersten Spiel stand unser Stadionsprecher Norbert Dickel vor der Südtribüne und schrie euphorisch ins Mikro: »Mit der Nummer 1: Jeeeeeeeeeens?...« ... und nichts passierte. Sehr schön.
Ganz so erbittert wie früher geht es inzwischen aber nicht mehr zu.
Das war damals viel handgreiflicher und blutiger. Man wurde schon immer von Knallkörpern eingebolzt. Ich meine, dass werden sie in Gelsenkirchen wahrscheinlich genau andersrum erzählen. Ich erinnere mich an ein Spiel in den 70ern im Parkstadion. Kann mich nicht genau erinnern, welches das war. Ich glaube, durch ein Unentschieden wurde Schalke auch damals schon nicht Meister. Auf jeden Fall haben wir die Beine in die Hand genommen, weil wir Angst hatten, nicht sicher nach Dortmund zurückzukommen.
Welches Verhältnis haben Sie zum Erzrivalen?
Ein gemäßigtes. Als Schalke 2001 für zehn Minuten Deutscher Meister war, habe ich gesagt: »Freut euch doch! Wenigstens nicht Bayern!« Doch viele antworteten: »Um Gottes Willen nicht die!« Da habe ich erstmals so richtig begriffen, wie tief diese Feindschaft im kollektiven Gedächtnis sitzen muss.
Welchen Borussia-Spieler würden Sie gern einmal verkörpern, wenn sein Leben verfilmt wird?
Oh Gott, ich falle doch aus jedem Casting raus (lacht)! Ich könnte höchstens mein altes Vorbild spielen, den Torwart Horst Bertram. Aber nur in seiner heutigen Erscheinung! Der sieht nämlich mittlerweile so aus wie ich. Außerdem habe ich schon damals lieber aufs Tor aufgepasst als zu rennen, bis mir die Lungenflügel rausflogen.
Ist Klaus J. Behrendt der bessere Fußballer?
Das wage ich zu bezweifeln. Er ist zwar überaus sportlich, aber vom Fußball hat er keine Ahnung. Wir haben mal für den »Tatort« eine Szene gedreht, in der wir mit Problemjungs gespielt haben, ich im Tor und Klaus als Schiri. Da musste ich ihm erst mal erklären: »Du brauchst nicht andauernd zu pfeifen – nur wenn was passiert!« Bevor Sie selbst Kommissar wurden, spielten Sie in einem »Schimanski-Tatort« einen Hooligan des MSV Duisburg. Wie haben Sie das eigentlich Ihren BVB-Freunden erklärt?
Schimanski ist nun mal Duisburger, und das Wedaustadion spielte in diesem »Tatort« eine zentrale Rolle. Da muss man durch, das gehört zum Beruf. Mein damaliger Mitschüler auf der Schauspielschule Peter Lohmeyer, von Hause aus Schalke-Fan, musste auch mal einen Dortmunder spielen. Das habe ich ihm hoch angerechnet. War es Ihre Idee, dass Schimmi am Ende halbnackt im Mittelkreis aufwacht?
Der Autor hatte eigentlich ein Friede-Freude-Eierkuchen-Finale vorgesehen. Doch auf dem Weg zum Drehort kam Götz George auf mich zu und sagte, er habe eine neue Idee. Ich sollte ihm seine legendäre Schimanski-Jacke klauen, als Trophäe, so wie die eine Fan-Horde der anderen die Fahne klaut. Obwohl ich die Punk-Lederjacke, die ich für meine Rolle trug, wesentlich cooler fand, hat mir das eingeleuchtet.
Was finden Sie eigentlich spannender, Herr Bär: einen »Tatort« oder ein Bundesligaspiel?
Eindeutig das Bundesligaspiel! Die Kunst beim »Tatort« ist, es so aussehen zu lassen, als würde es jetzt gerade passieren. Aber jeder Zuschauer weiß: Nach 90 Minuten sind wir durch und haben den Fall gelöst. Beim Fußball passiert es aber tatsächlich jetzt gerade – und niemand weiß, wie es ausgeht. Das ist ja der Wahnsinn.