Für alle Fans von Rot-Weiss Essen ist der 31.05. ein Trauertag: Vor zwölf Jahren stieg RWE als Tabellen 12. in die Regionalliga West ab. Grund dafür war ein 0:1 im letzten Heimspiel gegen den VfB Lübeck. Es wurde in der Saison 2007/08 letztmals in zwei regionalen Staffeln (Nord und Süd) gespielt. Der damalige RWE-Kapitän Michael Lorenz erinnert sich im Interview mit RevierSport an den Abstieg zurück und spricht über Gerüchte, dass einige Spieler nicht mehr alles für Rot-Weiss Essen gegeben haben sollen.
Michael Lorenz, vor zwölf Jahren mussten Sie mit Rot-Weiss Essen den bitteren Gang in die Regionalliga antreten. Am 31.05.2008 verlor RWE mit 0:1 gegen den VfB Lübeck. Sie waren der Kapitän der Mannschaft. Welche Erinnerungen haben Sie an die gesamte Saison?
Eigentlich waren wir schon abgestiegen, haben dann aber in der Schlussphase der Saison zehn Punkte auf das rettende Ufer aufgeholt. Im letzten Auswärtsspiel haben wir 1:0 beim direkten Konkurrenten 1.FC Magdeburg gewonnen und die Abstiegsränge verlassen. Es waren über 5.000 Essener in Magdeburg. Das war ein tolles Erlebnis. Wir hatten aufopferungsvoll gekämpft und durch den Sieg eine Riesen-Euphorie entfacht. Der Glaube an den Klassenerhalt war groß.
Dann folgte das besagte Spiel gegen den VfB Lübeck. Der Gegner war schon sicher abgestiegen und hatte im April 2008 einen Insolvenzantrag eingereicht. Eigentlich war doch alles angerichtet für ein versöhnliches Saisonende, oder? Das stimmt. Die Hütte war voll, wir waren in Bestbesetzung, das Wetter war schön. Leider gab es schon in der Woche komische Pressemitteilungen. Es herrschte eine Ungewissheit, weil einige Spieler nach der Saison den Verein verlassen sollten. Wir hatten uns aber fest vorgenommen, dass wir uns davon nicht beeindrucken lassen. Das Spiel selbst hatten wir unter Kontrolle, konnten aber unsere großen Torchancen nicht nutzen. Unsere Konkurrenten hatten Lübeck eine Prämie versprochen, wenn sie das Spiel gewinnen. Als wir dann erfahren hatten, dass unsere Tabellennachbarn Braunschweig und Magdeburg führten, wurden wir immer unruhiger. Durch ein Tor kurz vor dem Abpfiff haben wir das Spiel dann sogar verloren.
Nach dem Schlusspfiff und dem sicheren Abstieg kam es zum Platzsturm der wütenden Fans. Konnten Sie als damaliger Kapitän die Enttäuschung der Fans verstehen? Definitiv. Die RWE-Fans sind leidensfähig. Es war alles angerichtet: Wir hatten ein Heimspiel gegen einen abgeschlagenen Gegner. Dementsprechend waren die Zuschauer nach der Niederlage verständlicherweise fassungslos. Wir wurden aber nicht von den Zuschauern attackiert. Sie waren einfach geschockt und frustriert. Auch ich war sehr enttäuscht.
Sie hatten es schon angesprochen. Schon vor der Niederlage kursierten Gerüchte, dass mehrere Spieler nicht mehr alles für den Klassenerhalt und den Verein gegeben haben, weil schon einige Wechsel zu anderen Klubs sicher waren. Wie haben Sie das wahrgenommen? Es gab damals einen Riesen-Stress in der Kabine. Eigentlich bin ich gutgläubig, aber im Nachhinein war ich mir nicht mehr so sicher. Im Spiel habe ich daran nicht geglaubt und hätte meine Hand für die Spieler ins Feuer gelegt. Nach der Partie war dann das bedingungslose Vertrauen nicht mehr vorhanden.
Ein Jahr zuvor sind Sie mit Rot-Weiss Essen aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Welcher Abstieg war schlimmer? Das ist schwer zu sagen. Aufgrund der Konstellation würde ich sagen, dass der Abstieg in der Saison 2007/08 noch mehr weh getan hat. Der Verein hatte wirtschaftlich viel investiert. Bitter war auch, dass RWO am selben Tag den Aufstieg in die 2. Bundesliga gefeiert hat. Der Abstieg hat mich sehr beschäftigt. Ich habe drei Tage gebraucht, um das zu verarbeiten. Ich habe den Verein gelebt. Dementsprechend hat das Spuren hinterlassen. Für mich war aber schnell klar, dass ich RWE auch nach dem Abstieg treu bleiben möchte. Deshalb habe ich einige Anfragen abgelehnt und meinen Vertrag verlängert.
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